EU-Wissenschaftler beweisen: Roboter können "Denken" lernen
Mit Unterstützung aus EU-Mitteln haben Wissenschaftler eine bahnbrechende Theorie überprüft, der zufolge Roboter lernen können, über die Handlungen, die sie an einem Objekt ausführen können, nachzudenken. Folglich sind Roboter durch Beobachtung und Erfahrungen zu autodidaktischem Lernen fähig. Diese neueste Entwicklung ist ein Ergebnis des Projekts PACO-PLUS ("Perception, action and cognition through learning of object-action complexes"), das unter dem Themenbereich "Technologien für die Informationsgesellschaft" (IST) des Sechsten EU-Rahmenprogramms (RP6) mit 6,9 Mio. EUR finanziert wurde. Die Projektpartner von PACO-PLUS wollten die sogenannte Theorie der "Objekt-Aktions-Komplexe" (object-action complexes, OAC) überprüfen. Bei OAC handelt es sich um Einheiten, die "durch Handeln denken" (thinking-by-doing). Bei diesem Ansatz werden Software und Hardware entwickelt, die es einem Roboter ermöglichen, hinsichtlich der durchführbaren Aktionen über Objekte nachzudenken. Wenn ein Roboter beispielsweise einen Gegenstand mit einem Griff sieht, könnte ihn der Roboter ergreifen. Wenn er eine Öffnung hat, kann der Roboter hier möglicherweise etwas Passendes einstecken oder eine Flüssigkeit einfüllen, einen Deckel oder eine Tür könnte der Roboter öffnen. Somit erhalten Objekte ihre Bedeutung durch die Bandbreite der möglichen Aktionen, die ein Roboter an ihnen ausführen kann. Den Partnern zufolge eröffnet dies einen viel interessanteren Weg für autonomes Denken bei Robotern, weil dadurch die Möglichkeit für emergentes Verhalten gefördert wird, also für komplexe Verhaltensweisen, die spontan durch recht einfache Regeln entstehen. Der Ansatz der Forschergruppe imitierte in vielerlei Hinsicht die Lernprozesse junger Kleinkinder. Wird Kleinkindern ein neues Objekt vorgesetzt, werden sie versuchen, es zu erfassen, zu schmecken oder es gegen etwas anderes zu schlagen. Durch Ausprobieren lernen sie beispielsweise, dass ein runder Klotz in ein rundes Loch passt, und vergrößern so den Umfang ihrer Fähigkeiten. Kinder lernen auch durch Beobachtung anderer Menschen. Im Rahmen von PACO-PLUS wurde hauptsächlich mit humanoiden Robotern gearbeitet, die dem Menschen nachgebildet sind. "Humanoide Roboter sind künstliche Körper mit komplexen und reichhaltigen wahrnehmenden und motorischen Fähigkeiten, [...] wodurch sie sich als experimentelle Plattform für das Studium von Kognition und kognitiver Informationsverarbeitung ganz besonders eignen", erklärte einer der Projektkoordinatoren von PACO-PLUS, Dr. Tamim Asfour von der Forschungsgruppe humanoide Roboter am Institut für Anthropomatik am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) in Deutschland. Wie er erklärt, baut die Arbeit der Gruppe auf der Arbeit von Rodney Brooks auf, einem führenden Robotik-Professor, der jetzt am Massachusetts Institute of Technology (MIT) in den USA tätig ist. Professor Brooks habe "erstmals ausdrücklich festgehalten, dass Kognition eine Funktion unserer Wahrnehmungen und unserer Fähigkeit ist, mit unserer Umwelt zu interagieren. Mit anderen Worten: Kognition entspringt unserer verkörperten und situierten Präsenz in der Umwelt." Dr. Asfour zufolge war Professor Brooks überzeugt, dass das Sich-in-der-Umwelt-Bewegen und die Interaktion mit dieser die schwierigsten Probleme in der biologischen Evolution darstellten und dass es nach der Lösung dieser Probleme für eine Spezies relativ leicht war, die ausgefeilten symbolischen Strukturen des abstrakten Denkens zu entwickeln. Bei "künstlicher Intelligenz" handelt es sich um den umgekehrten Ansatz mit der Annahme, dass Maschinen, wenn man genügend Intelligenz entwickelt, durch Denken Probleme wahrnehmen und lösen können, fügte er hinzu. Das Urteil darüber, wer in dieser Frage Recht hat, steht noch aus und die Forscher räumten ein, dass zwar Fortschritte erzielt wurden, wirkliche intelligente Roboter-Kandidaten sind aber noch nicht in Sicht. "Das mögen noch Hollywood-Phantasien sein, aber die von PACO-PLUS gebauten Anwendungen und Demonstrationsgeräte zeigen, dass wir jetzt vielleicht auf dem richtigen Weg sind", sagten die Forscher.
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