Wirtschaftliche Folgen des Klimawandels für Europa
Die Gemeinsame Forschungsstelle der Europäischen Kommission (JRC) gab kürzlich einen Bericht heraus, demzufolge die EU mit Verlusten in Höhe von 20 bis 65 Mrd. EUR rechnen müsste, würden die für 2080 vorhergesagten Auswirkungen des Klimawandels bereits heute eintreten, d.h. wenn sich die Durchschnittstemperaturen um 2,5°C bis 5,4°C erhöhen würden. Das Projekt PESETA (Projection of economic impacts of climate change in sectors of the European Union based on bottom-up analysis) bewertet die jährlichen wirtschaftlichen Folgen des Klimawandels in Europa auf Küstensysteme, durch Überschwemmungen entlang der Flüsse, auf die Landwirtschaft und den Fremdenverkehr - vier Sektoren, die auf klimatische Veränderungen sehr empfindlich reagieren. Anpassungsmaßnahmen wurden in dem Bericht nicht berücksichtigt. Die PESETA-Studie verdeutlicht regionale Unterschiede bei den Auswirkungen des Klimawandels: am stärksten betroffen wären Süd- und Mitteleuropa, Nordeuropa hingegen würde als einzige Region vor allem wirtschaftlich und in besagten vier Sektoren vom Klimawandel profitieren. Wie dem Bericht zu entnehmen ist, werden nicht nur die Temperaturen, sondern auch der Meeresspiegel ansteigen, und zwar um 48 bis 88 cm. Insgesamt würde die europäische Wirtschaft jährlich deutlich beeinträchtigt, d.h. die globale Erwärmung wäre für die Europäer mit einem Rückgang des Wirtschaftswachstums verbunden. Nicht außer acht gelassen werden sollte zudem, dass die Gesamtkosten der Erderwärmung noch sehr viel höher ausfallen könnten, da das PESETA-Projekt nicht-monetäre Folgen wie Zunahme von Naturkatastrophen oder Verlust der biologischen Vielfalt unberücksichtigt lässt. Dem Bericht zufolge würde man bei einem Temperaturanstieg um 2,5°C mit einem Rückgang des Wohlstands um 0,2 Prozent rechnen müssen, bei einem Anstieg um 5,4°C könnte sich das jährliche Wohlstandswachstum in der EU sogar halbieren. Hinsichtlich der vier genannten Sektoren würden im Bereich Küstensysteme Sturmfluten und Umsiedlungskosten zu einem Rückgang des jährlichen wirtschaftlichen Wohlstands um 0,46 Prozent führen und jedes Jahr bis zu 5,5 Millionen Menschen betreffen. Hochwasser entlang der Flüsse würde jährlich bis zu 400 000 Menschen betreffen und zu einem Rückgang des jährlichen wirtschaftlichen Wohlstands um 0,24 % führen. Die Landwirtschaft müsste jährliche Ertragsrückgänge in Höhe von 10 Prozent einkalkulieren müssen. Der Fremdenverkehr wäre der einzige nicht unmittelbar betroffene Sektor, allerdings werden erhebliche Unterschiede zwischen den Regionen erwartet. Südeuropa - insbesondere Bulgarien, Griechenland, Italien, Portugal, und Spanien - müsste nach diesen Schätzungen mit den höchsten Verlusten des wirtschaftlichen Wohlstands rechnen, die zwischen 0,3 und 1,6 Prozent jährlich liegen könnten. Für die dortige Landwirtschaft werde mit einem Ertragsrückgang von 25 Prozent jährlich zu rechnen sein. Die Einnahmen aus dem Fremdenverkehr könnten um 5 Milliarden EUR jährlich zurückgehen. Auch für das nördliche Mitteleuropa - also Belgien, Deutschland, die Niederlande und Polen - wäre ein jährlicher Rückgang des wirtschaftlichen Wohlstands um 0,3 bis 0,7 Prozent absehbar. Die schlimmsten Folgen in dieser Region wären Schäden an den Küstensystemen. Von den Überflutungen an den Küsten wären bis zu 2,4 Millionen Menschen betroffen, Überschwemmungen entlang der Flüsse würden jährlich bis zu 5 Milliarden EUR zusätzliche Kosten verursachen. Positive Auswirkungen hätte der Klimawandel allerdings auf den Fremdenverkehr in dieser Region (bis zu 4 Mrd. EUR zusätzliche Einnahmen jährlich). Die Wohlstandsverluste im südlichen Mitteleuropa - also Österreich, der Tschechischen Republik, Frankreich, Ungarn, Rumänien und der Slowakei - würden zwischen 0,1 und 0,6 Prozent liegen. Auch in dieser Region würden Fluss- und Küstenüberflutungen die Ursachen für die schlimmsten zu erwartenden Schäden darstellen. Profitieren würde jedoch auch hier der Fremdenverkehr, mit bis zu 10 Mrd. EUR zusätzlicher Einnahmen jährlich. Nordeuropa - Dänemark, Estland, Finnland, Lettland, Litauen und Schweden - wäre die einzige EU-Region, in der der Klimawandel zu einem Wohlstandsgewinn führen könnte, vor allem wegen der positiven Auswirkungen auf den Agrarsektor. Allerdings könnten Sturmfluten an den Küsten mehr als 250.000 Menschen jährlich betreffen. Vorläufige Ergebnisse des PESETA-Projekts hat die Europäische Kommission bereits in ihrem Weißbuch "Anpassung an den Klimawandel: Ein europäischer Aktionsrahmen" genutzt.