Mit neuartigem Antibiotikum gegen bakterielle Resistenzen
In einer zum Teil EU-finanzierten, im Wissenschaftsjournal Science veröffentlichten Studie stellen Forscher ein Antibiotikum mit neuartiger Struktur vor, das auf völlig neue und viel versprechende Weise an ein herkömmliches Wirkstoffziel bindet. Basierend auf dieser Entdeckung könnte eine neue Generation hochwirksamer Antibiotika entwickelt werden. Die Studie wurde am John Innes-Forschungszentrum des britischen Forschungsrates für Biologie und Biotechnologie (BBSRC) im Vereinigten Königreich im Rahmen des Projekts CombiGyrase (Development of new gyrase inhibitors by combinatorial biosynthesis) durchgeführt, das mit 1,56 Millionen EUR unter dem Themenbereich "Biowissenschaften, Genomik und Biotechnologie im Dienste der Gesundheit" des Sechsten Rahmenprogramms (RP6) gefördert wurde. Das Antibiotikum ist ein Molekül - Simocyclinon D8 (SD8), das exakt an die Bindungsstellen auf der Oberfläche des bakteriellen Enzyms DNA-Gyrase passt und so dessen Aktivität hemmt. DNA-Gyrase "entwindet" DNA - eine notwendige Voraussetzung für die Vermehrung, das Wachstum und somit das Überleben von Bakterien. Da DNA-Gyrase nicht im menschlichen Körper gebildet wird, ist sie ein ausgezeichnetes "Ziel" für antibiotische Wirkstoffe. Chinolone und Aminocumarine sind zwei Gruppen von Antibiotika, die einen gyrasespezifischen, antibakteriellen Wirkmechanismus besitzen. Das Forscherteam analysierte die Struktur einer dritten Art von Antibiotika, sogenannter Simocyclinone, die aus einem Aminocumarinanteil und einer Polyketid-Gruppe bestehen. Die Forscher fanden heraus, dass jede Gruppe an eine bestimmte Bindungsstelle der Gyrase passt. Obwohl sie allein nur eine relativ schwache Wirkung entfalten, bilden sie in Kombination einen effektiven Wirkstoff, der die Bindung zwischen DNA und Enzym verhindert. Das neu entdeckte antibiotische Molekül besitzt zwei "Köpfe", die an separate Bindungsstellen des DNA-Gyrase-Enzyms passen. In Kombination sind sie 100-mal wirksamer als einzeln. Hinsichtlich dieses speziellen Enzyms waren diese beiden Bindungsstellen bislang nicht als Wirkstoffziel für Antibiotika in Betracht gezogen worden. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich Resistenzen ausbilden, ist hier deutlich niedriger als bei anderen Antibiotika. "Diese einzigartige Methode im Kampf gegen Bakterien ist gerade jetzt eine fantastische Entdeckung, da sich Antibiotikaresistenzen immer mehr ausbreiten", sagte Professor Tony Maxwell vom John Innes-Forschungszentrum und Leiter der Studie. "Wenn wir dieses Enzym ausschalten könnten, hätten wir einen potenziellen neuen Wirkstoff." "Da der Wirkstoff an zwei Bindungsstellen passt, müssten die Bakterien gleichzeitig an zwei Stellen Mutationen ausbilden, um vollständig gegen den Wirkstoff resistent zu werden, und das ist eher unwahrscheinlich", erklärte Professor Maxwell. "In diesem Fall sind sozusagen zwei Köpfe besser als einer." SD8 ist ein in Bodenbakterien natürlich gebildeter Wirkstoff. Anhand genauerer Strukturanalysen könnte man weitere Moleküle finden, die an diese Bindungsstellen passen, oder Moleküle mit gleichem Wirkmechanismus entwickeln, die aber leichter die Zellmembran durchdringen können. SD8 könnte auch modifiziert oder in neuartigen Wirkstoffverbindungen zur Entwicklung neuer Antibiotika eingesetzt werden.
Länder
Vereinigtes Königreich