EU-Projekt soll Sprachen schützen und erhalten
Eine von der EU finanzierte Forschergruppe befasst sich mit der Entwicklung eines Vitalitätsbarometers für europäische Sprachen. Mit diesem Barometer hätten die Europäer eine Methode in der Hand, die zuverlässig anzeigt, welche Sprachen in Gefahr sind ausgelöscht zu werden. Das ELDIA-Projekt ("European language diversity for all") wird mit 2,7 Millionen EUR an EU-Mitteln unterstützt. Forscher an acht Universitäten in sechs europäischen Ländern werden 14 finnougrische Sprachen untersuchen. "Diese Sprachen eignen sich besonders gut, weil sie das ganze Spektrum der verschiedenen Minderheitensprachen abdecken, angefangen von autochthonen Sprachen wie die der Meänkieli-Sprecher in Schweden bis zur Sprache neuer Arbeitsmigranten, wie zum Beispiel der Esten in Deutschland", erklärt Projektleiterin Professorin Anneli Sarhimaa von der Johannes Gutenberg-Universität Mainz in Deutschland. Laut Professorin Sarhimaa, Expertin für nordische und baltische Sprachen, sollen die Ergebnisse ein europäisches Sprachvitalitätsbarometer ergeben, das so universell ist, dass es prinzipiell überall für alle Minderheitensprachen eingesetzt werden kann. Das European Language Vitality Barometer "EuLaViBar" wäre so etwas wie die Rote Liste gefährdeter Arten der Weltnaturschutzunion (IUCN), bei der es sich um die weltweit umfangreichste Liste des globalen Stands der Erhaltung von Tier- und Pflanzenarten handelt. EuLaViBar ist ein Gradmesser für den aktuellen Status und das Ausmaß der Gefährdung von Sprachen. Damit wäre es auch ein Instrument für die EU, um die Durchführung der EU-Politik zum Schutz von Minderheiten zu überprüfen. Das aus 12 Hochschulangehörigen sowie 20 Doktoranden und Postdoktoranden bestehende ELDIA-Team wird mehrere Feldstudien durchführen und Textdokumente in den 14 Minderheitensprachen und den entsprechenden Hauptsprachen analysieren. Die an der Studie teilnehmenden Linguisten werden die Sprache der Seto im Osten von Estland ebenso untersuchen wie die der Ungarn in Slowenien. Soziologen beurteilen die öffentliche Wahrnehmung der Volksgruppen. Statistiker erarbeiten die methodischen Grundlagen zur Materialerhebung und Auswertung. Juristen prüfen die rechtliche Stellung der Minderheiten im Hinblick auf die EU-Gesetzgebung. "Mehrsprachigkeit ist ein Teil unseres großen europäischen Erbes", so Professorin Sarhimaa. "In Europa wachsen 46 Millionen Menschen mit der Sprache einer Minderheit und zugleich mit der gängigen Verkehrssprache auf." Der Erhalt und der Schutz dieses Erbes gehören den Forschern zufolge auch zu den Zielen des Projekts. Die Arbeit der Forscher erstreckt sich des Weiteren auf die Karelier, Wepsen und Seto in Russland sowie die Nordsámi in Norwegen. Laut Aussagen des Teams soll das Vitalitätsbarometer auch aufzeigen, dass Minderheiten und Mehrheiten nicht im Wettbewerb stehen müssen und ihre Sprachen Seite an Seite bestehen können. Doch sieht die Zukunft von Sprachen mit weniger als einer Million Sprechern nicht sehr rosig aus. An ELDIA beteiligen sich Forscher der Universitäten von Helsinki, Oulu, Tartu, Wien, Maribor und Mainz, der Hochschule Mälardalen in Schweden sowie des Friedensinstituts der Ålandinseln.