Europäische Forscher legen nahe, dass Schulschließungen bei Pandemien die Ausbreitung verringert
Im Fall einer pandemischen Infektionskrankheit könnten Schulschließungen die Ausbreitungsgeschwindigkeit um bis zu 21% verlangsamen. Zu diesem Ergebnis kommt eine auf mathematischen Modellen basierende Studie, die von Forschern mit EU-Finanzmitteln durchgeführt und jetzt in der Fachzeitschrift BioMed Central (BMC) Infectious Diseases veröffentlicht wurde. Ein Teil der Finanzmittel für diese Forschungsarbeiten kam aus dem POLYMOD-Projekt (Improving public health policy in Europe through modelling and economic evaluation of interventions for the control of infectious diseases), das unter dem Thema "Politikorientierte Forschung" des Sechsten Rahmenprogramms (RP6) von der Europäischen Kommission finanziert wurde. "Wenn wir davon ausgehen können, dass Schulschließungen in einer pandemischen Situation denen in Ferienzeiten gleichkommen, zeigen unsere Ergebnisse, dass sich eine derartige Strategie die Krankheitsübertragung deutlich bremsen würde, nämlich um etwa 21%", sagen die Autoren. "Natürlich handelt es sich hierbei um eine vorsichtige Schätzung, da während einer Pandemie die typischen Wochenendaktivitäten mit starker sozialer Komponente, wie beispielsweise Mannschaftssport und kulturelle Ausflüge nicht stattfinden. Auf der anderen Seite würden die zu erwartenden gesamtwirtschaftlichen Kosten für Schulschließungen durch diese Vorteile aufgewogen." "Mathematische Modelle der Übertragung von Infektionskrankheiten von Mensch zu Mensch durch diese engen Kontakte beruhen auf Annahmen hinsichtlich des zugrunde liegenden Übertragungsprozesses", fügt der Hauptautor der Studie, Dr. Niel Hens der Universitäten Hasselt und Antwerpen in Belgien hinzu. "Eine dieser Annahmen ist, dass Schulschließungen zu einer verringerten Ansteckungsgefahr für Kinder führen. Bis jetzt konnten jedoch die genauen Auswirkungen dieser Maßnahme noch nicht belegt werden." Wissenschaftler fassen häufig die anhand des zugrunde liegenden Übertragungsprozesses gemachten Annahmen in einer sogenannten WAIFW-Matrix (Who acquires infection from whom) zusammen, in der es darum geht, wer von wem angesteckt wird. Dr. Hens und seine Kollegen stützten ihre Analyse jedoch auf eine umfangreichreiche Untersuchung der Sozialkontakte in acht europäischen Ländern (Belgien, England und Wales, Finnland, Deutschland, Italien, Luxemburg, Polen und den Niederlanden), um herauszufinden, wie sich die Ausbreitung an Wochentagen zahlenmäßig im Vergleich zu Wochenenden und Ferien ändert. Ihre Studie zeigt, dass die Anzahl der sozialen Kontakte bei einer Schulschließung um etwa 10% sinkt. Darüber hinaus sind die sozialen Kontakte an Schultagen anders als an Wochenenden: Während in der Woche häufigere Kontakte zu Gleichaltrigen bestehen, verlagern sie sich an den Wochenenden auf verschiedene Generationen. "Aufgrund ihrer häufigen und engen sozialen Kontakte, ihrer allgemeinen Hygiene und vielleicht auch ihrer erhöhten Ausscheidung, sind Kinder wesentliche Überträger von Krankheitserregern durch Kontaktinfektion", erklärt Dr. Hens. "Verringert sich die Möglichkeit für Kontakte, wäre das ein großer Vorteil im Falle einer Pandemie.'
Länder
Belgien, Deutschland, Finnland, Italien, Luxemburg, Niederlande, Polen, Vereinigtes Königreich