Neuer Exekutivdirektor der Technologieinitiative Innovative Arzneimittel setzt auf die "Anwerbung der fähigsten Wissenschaftler"
Anfang dieses Jahres wurde der belgische Professor für Immunologie Michel Goldman zum neuen Exekutivdirektor der Gemeinsamen Technologieinitiative (Joint Technology Initiatives, JTI) "Innovative Arzneimittel" (IMI) ernannt. Vor seinem offiziellen Amtsantritt am 16. September sprach er mit CORDIS Nachrichten über seine bisherige Laufbahn und seine Erwartungen für die Zukunft der Technologieinitiative IMI. Michel Goldman begann seine Laufbahn als Arzt für Nierenerkrankungen. Sein Interesse für die Wissenschaft rührte aus der Erkenntnis, dass allein durch kontinuierliche Forschung die Gesundheit seiner Patienten verbessert werden könne. In seiner mehrjährigen Forschungstätigkeit untersuchte er u.a. die Ursachen für Autoimmunerkrankungen und die Rolle von Adjuvantien in Impfstoffen. Seine jüngste Forschungsarbeit befasst sich mit Abstoßungsreaktionen bei Organtransplantationen, insbesondere mit der Reduzierung der hohen Menge an immunsupprimierenden Medikamenten, die frisch transplantierte Patienten einnehmen müssen. Professor Goldman beschreibt die Zusammenarbeit mit der Branche als "unabdingbar". "Damit Forschung Früchte tragen kann und aus der Entdeckung von Wirkstoffansätzen und Signalwegen neue Therapien entstehen, sind Partnerschaften mit der Industrie nötig, um dies in die Entwicklung von Medikamenten umzusetzen, die jede Apotheke vorrätig hat", erklärt er. Im Jahre 2004 gründete Professor Goldman mit dem Institut für medizinische Immunologie (das ebenfalls das Kürzel IMI trägt) die erste öffentlich-private Partnerschaft im biomedizinischen Sektor im belgischen Wallonien. Im Mittelpunkt dieser Partnerschaft stehen verschiedene Aspekte der Immunologieforschung, wobei der Industriepartner das Vorkaufsrecht für sämtliche Neuentdeckungen besitzt. Für Professor Goldman ist die Bewerbung für die Stelle als Exekutivdirektor der Technologieinitiative IMI ein "natürlicher Entwicklungsschritt" in seiner Laufbahn. "Ich habe erkannt, dass diese Art Partnerschaft unabdingbar ist, um die Ergebnisse der Grundlagenforschung zum Wohl der Patienten umzusetzen, was mir als Arzt persönlich zutiefst am Herzen liegt", wie er erklärte. Als einer der wichtigsten Akteure auf dem Gebiet der Medizinforschung in Wallonien betonte er, wie wichtig die Stärkung dieser Partnerschaft sei, um aus ihr maximale Vorteile zu ziehen. "Das Engagement für Europa ist für mich eine logische Fortsetzung meiner Laufbahn", fügte er hinzu. Dass der Schwerpunkt bei den Bedürfnissen der Patienten liegt und die Initiative Innovative Arzneimittel die Interessen von Patienten, Industrie und Akademie vereint, ist für Professor Goldman ein weiterer attraktiver Aspekt seines neuen Amtes. Als vorrangiges Ziel nach seinem Antritt sieht er die Aufklärung der breiten Öffentlichkeit über die Inhalte der IMI-Initiative. Die zweite Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen ist für Ende Oktober geplant, in den ersten Wochen nach seinem Antritt wird er die Inhalte dieser zweiten Ausschreibung und die Kriterien für die IMI-Projektvorschläge erläutern. "Das Ziel dieser intensiven Kommunikationsmaßnahme ist die Anwerbung der fähigsten Wissenschaftler", wie er erklärte. Zu den Hauptaspekten der zweiten Ausschreibung zählt u.a. die Krebstherapie; dabei favorisiert die Initiative Projekte, die die Entwicklung neuer und wirksamerer Krebsmedikamente vorantreiben. Interesse gilt auch Projekten, die nach neuen Biomarkern für den Nachweis und die Quantifizierung von krankhaftem Zellwachstum forschen und Ärzten damit ermöglichen, das Ausmaß der Erkrankung genauer zu diagnostizieren. Infektionskrankheiten sind ein weiterer Schwerpunkt. "Hier liegt das Augenmerk auf der Entwicklung neuer Tests, mit deren Hilfe Ärzte quasi bereits am Krankenbett Infektionen entdecken können", sagte Professor Goldman. Großes Interesse besteht auch an Tests zur Vorhersage von Antibiotikaresistenzen bei der Behandlung von Infektionen. Wie Professor Goldman betont, vermittele dies den Ärzten die notwendige Sicherheit, nur solche Antibiotika zu verschreiben, die die Infektion tatsächlich wirksam bekämpfen. Zusätzliche Priorität haben entzündliche immunvermittelte Erkrankungen, beispielsweise rheumatische Arthritis, systemischer Lupus Erythematodes und entzündliche Darmerkrankungen, denn derzeitige Therapien sind immer noch mit starken Nebenwirkungen verbunden. Abschließend fördert die zweite Ausschreibung Projekte zum Thema Wissensmanagement. "Tagtäglich wird in allen industriellen und medizinischen Forschungslaboren eine Unmenge an Daten produziert", erklärte dazu Professor Goldman. Dabei würde lediglich ein Bruchteil dieser Daten tatsächlich bis ins Detail analysiert. Der Austausch und Vergleich größerer Datenmengen könne die pharmazeutische Industrie um Meilensteine nach vorn bringen. Kritik wurde der Technologieinitiative in letzter Zeit hinsichtlich der Vergabemodalitäten für Fördermittel zuteil, da einige Universitäten die Teilnahme an IMI-Projekten als zu kostenintensiv beklagt hatten. Professor Goldman organisierte daher ein Treffen mit Vertretern europäischer Universitäten und ist optimistisch, für beide Seiten eine Einigung zu finden. "Es liegt nahe, dass fähige Köpfe nur mit einem entsprechend attraktiven Förderangebot angelockt werden können", erklärte er CORDIS Nachrichten. "Wir werden uns dieser Problematik widmen und ich bin zuversichtlich, dass wir dazu Lösungen finden werden." Dies beinhalte unter anderem Fragen der technischen Buchhaltung und Änderungen bei der Veranschlagung von Projektbudgets durch die Universitäten, wie er vorschlug. Professor Goldman hat eine klare Vision davon, wo die IMI-Initiative in fünf Jahren stehen wird. So rechne er nicht nur mit konkreten Ergebnissen bei der Entwicklung von Biomarkern, sondern auch mit der Umsetzung neuer Wissensmanagementlösungen und der Etablierung neuer Aus- und Weiterbildungssysteme. Auf breiterer Ebene hoffe er, dass Europa sich als eine Region etabliere, "wo bahnbrechende neue Medikamente entwickelt werden, die besten Forscher attraktive Anreize zum Bleiben vorfinden und Patienten darauf vertrauen können, dass sowohl im privaten als auch im öffentlichen Sektor alles für eine rasche und optimale Behandlung getan wird", und fügte hinzu: "Ein wichtiger Schritt zum Erfolg in Europa, denke ich, ist die Wiederherstellung des Vertrauens zwischen Patienten und den Entwicklern zukünftiger Wirkstoffe." Professor Goldman weist zum einen auf die Bedeutung der Autonomie der Gemeinsamen Technologieinitiative IMI hin, aber auch auf die enge Zusammenarbeit mit der Europäischen Kommission mit dem Ziel, Synergien zwischen IMI und anderen Initiativen zu identifizieren und zu nutzen. IMI ist eine von mehreren durch das Siebte Rahmenprogramm (RP7) geförderten Technologieinitiativen. Diese öffentlich-privaten Partnerschaften führen Fördermittel aus Industrie und öffentlichem Sektor im Rahmen verschiedener Bereiche zusammen. Einzelheiten zu den ersten durch IMI finanzierten Projekten wurden bereits Anfang dieses Jahres veröffentlicht.
Länder
Belgien