Zusammenhang zwischen Verhaltenssteuerung und Gedächtnis
Ein Forscherteam untersuchte, welche Gehirnareale welche Art von Gedächtnis steuern, was zu einer grundlegenden Neuordnung des Wissens über neuropsychiatrische Störungen wie Schizophrenie beitragen könnte. Die im Online-Journal PLoS Biology veröffentlichte Studie "From rapid place learning to behavioural performance: A key role for the intermediate hippocampus" untersuchte die Rolle des Hippocampus beim Erlernen neuer Orte und dem daraus resultierenden Verhalten. Die Forscher um Studienleiter Dr. Tobias Blast von der Universität Nottingham im Vereinigten Königreich untersuchten, welche Teile des Gehirns für welche Art von Erinnerung zuständig sind. Wiederholungshandlungen wie Autofahren zur Arbeit fordern eine andere Art von Gedächtnisleistung als einmalige Handlungen, bei denen es z.B. darum geht, was man aus dem Kühlschrank nehmen wollte oder wo die Schlüssel liegen. Das Forscherteam untersuchte insbesondere den Hippocampus, eine bananenförmige Struktur unter dem Temporallappen des Gehirns. Im Hippocampus befinden sich die so genannten "Ortszellen", die für die innere Repräsentation der örtlichen Umgebung zuständig sind. Vorangegangene Forschungen am Hippocampus von Ratten hatten gezeigt, dass die Neuronen des Hippocampus und somit das Gedächtnis aktiviert werden, sobald das Tier eine bestimmte Stelle passiert. Wie diese im Hippocampus gespeicherte Ortsveränderung in entsprechendes Verhalten umgesetzt wird, wurde bislang jedoch kaum untersucht. Dr. Bast und seine Kollegen führten Tests an Ratten durch, die in einem Wasserlabyrinth eine Plattform wiederfinden sollten, nachdem verschiedene Teile des Hippocampus der Tiere mit einem Nervengift außer Betrieb gesetzt worden waren. Anschließend wurde das Erinnerungsvermögen beurteilt. Blieben 30 bis 40 Prozent des Nervengewebes im mittleren Teil des Hippocampus intakt, konnten sich die Ratten immer noch an die Stelle erinnern, an der sich die Plattform befand. Wenn aber der mittlere Abschnitt komplett deaktiviert war, wobei nur 30 bis 40 Prozent der Nerven an den äußeren Enden des Hippocampus (die septalen und temporalen Bereiche) funktionierten, , konnten die Ratten die Aufgabe nur mit Mühe lösen. Die Studie zeigte auch, dass der septale, für präzise visuell-räumliche Informationen zuständige Teil des Hippocampus schnell die Aufgabe der Speicherung von Ortsveränderungen übernehmen kann. Allerdings kann er diese Informationen nicht in entsprechendes Verhalten umsetzen, da hierfür Unterstützung aus dem mittleren Teil des Hippocampus erforderlich ist. "Fehlfunktionen des Hippocampus wurden bislang meist mit Gedächtnisschwächen in Zusammenhang gebracht", sagte Dr. Bast. "Unsere jüngsten Forschungsergebnisse stellen jedoch eher die Rolle des Hippocampus bei der Verhaltenssteuerung heraus. Aufbauend auf diesen Erkenntnissen wollen wir nun untersuchen, ob derartige Fehlfunktionen des Hippocampus - in Abhängigkeit von Ort und Ausmaß der Schädigung im Gehirn - selektive Erinnerungsdefizite oder schwerwiegendere Verhaltensstörungen bewirken können." Demnächst wird die Arbeitsgruppe die genaueren Zusammenhänge zwischen Funktionsstörungen des Hippocampus und vielen neuropsychiatrischen Erkrankungen wie Schizophrenie erforschen.
Länder
Vereinigtes Königreich