Zwillinge helfen Wissenschaftlern bei der Bestimmung von Krebsstammzellen
Ein Zwillingspaar hat einem internationalen Forscherteam geholfen, Krebsstammzellen zu bestimmen, die die am meisten verbreitete Form von Leukämie im Kindesalter, die akute lymphatische Leukämie (ALL), verursachen. Die Ergebnisse könnten zur Entwicklung besserer Arzneimittel mit geringeren Nebenwirkungen führen. Die teilweise durch die EU finanzierte Arbeit wurde in der jüngsten Ausgabe der Fachzeitschrift Science veröffentlicht. Im Mittelpunkt der Studie steht ein eineiiges Zwillingspaar, Olivia und Isabella, aus Bromley im Vereinigten Königreich. Im Jahr 2005, als die beiden Mädchen gerade zwei Jahre alt waren, wurde bei Olivia ALL diagnostiziert und mit einer Behandlung begonnen. Ihre Zwillingsschwester erkrankte nicht. Die Wissenschaftler hofften, dass sie durch den Vergleich der Gene der Zwillinge die Mutationen bestimmen könnten, die zur Entwicklung der Krankheit bei Olivia geführt haben. Blutanalysen der beiden Mädchen zeigten, dass beide genetisch abnormale Zellen in ihrem Blut hatten. Diese "präleukämischen" Stammzellen kommen im Knochenmark vor und bleiben entweder inaktiv oder entwickeln sich in ausgewachsene Leukämiestammzellen. Diese präkanzerösen Zellen entstehen durch ein abnormales Verschmelzen der beiden Gene während der Schwangerschaft. Das entstandene Gen produziert ein Hybridprotein mit den Namen TEL-AML1, das der Zelle das Überleben und sich selbst zu erneuern ermöglicht. Finden während der Kindheit zusätzliche Mutationen statt, können diese den Beginn der Krankheit auslösen. "In dieser Studie an einem Zwillingspaar mit Diskordanz bezüglich Leukämie wurden die kritischen Stammzellen bestimmt, die diese Krankheit auslösen und mehrere Jahre lang verdeckt halten", sagte Professor Mel Greaves vom Krebsforschungsinstitut. "Wir vermuten, dass diese Zellen einer konventionellen Chemotherapie entwischen und während oder auch nach der Behandlung einen Rückfall auslösen könnten. Es handelt sich um die Zellen, die den Krankheitsverlauf bestimmen und den Angriffspunkt für neue Therapien darstellen." Bestehende Behandlungsformen von ALL sind extrem aggressiv und können schwere Nebenwirkungen haben. Nach einer Infektion, gegen die ihr Körper während der Chemotherapie nicht kämpfen konnte, ist Olivia jetzt blind auf einem Auge. Die Wissenschaftler hoffen, dass ihre Erkenntnisse zur Entwicklung weniger aggressiver und wesentlich wirkungsvollerer Behandlungen gegen diese Krankheit führen werden. "Diese Forschung bedeutet, dass wir jetzt testen können, ob die Behandlung der akuten lymphatischen Leukämie bei Kindern entweder mit dem Verschwinden oder mit der Persistenz der Leukämiestammzellen korreliert werden kann", sagte Professor Tariq Enver vom Medical Research Council. "Unser nächstes Ziel besteht darin, die präleukämischen Stammzellen und die Krebsstammzellen selbst mit neuen Arzneimitteln zur Heilung von Leukämie anzuzielen, wobei die schwächenden und oft schädlichen Nebenwirkungen traditioneller Behandlungen vermieden werden sollen." ALL ist eine Krebsform, die die weißen Blutzellen und die Zellen, die für ihre Reproduktion im Knochenmark zuständig sind, angreift. Sie kann Kinder in jedem Alter treffen, am meisten tritt sie allerdings in einem Alter zwischen ein und vier Jahren auf. Die Überlebensrate beträgt derzeit 75% bis 80%. Die EU-Unterstützung für die Forschung stammt aus dem Projekt EuroCSC ('Targeting cancer stem cells for therapy'), das unter dem Themenbereich "Biowissenschaften, Genomik und Biotechnologie im Dienste der Gesundheit" des Sechsten Rahmenprogramms (RP6) finanziert wird.