Riesenteleskop der ESO erhält neues "Auge"
Die Europäische Südsternwarte (European Southern Observatory - ESO) hat ihr Riesenteleskop (Very Large Telescope - VLT) mit einem neuen "Auge" ausgestattet, um das Universum eingehender zu beobachten. Die Wissenschaftler dieser führenden Einrichtung für europäische Astronomie haben HAWK-I (High Acuity, Wide field K-band Imaging) entwickelt und gebaut, um im nahen Infrarotbereich lichtschwache Objekte wie entfernte Galaxien, kleine Sterne und Planeten untersuchen zu können. Nach drei Jahren Arbeit wurde das neue Instrument, dessen Sichtfeld etwa einem Zehntel der Fläche des Vollmonds entspricht, in der Nacht vom 31. Juli auf den 1. August erstmals am Teleskop Yepun in Betrieb genommen (wobei die ersten Bilder - genannt "first light" - entstanden). Den Astronomen zufolge waren diese ersten Bilder beeindruckend und bestätigten das Potenzial des neuen Wide Field Imager. "HAWK-I ist das Verdienst des Instrumententeams der ESO, das das Gerät entwickelt, gebaut und in Betrieb genommen hat", betont ESO-Generaldirektorin Catherine Cesarsky. "Zweifellos wird HAWK-I schnell zu bedeutenden Fortschritten in den verschiedensten Bereichen der modernen Astronomie führen, weil dieses Nahinfrarot-Instrument mit seinem weitem Sichtfeld und seiner hohen Auflösung im Bereich von Teleskopen der 8-Meter-Klasse eine Lücke füllt." "Es ist wunderbar. Die Leistung des Instruments war einfach überwältigend", so HAWK-I-Projektmanager Jeff Pirard. "Wir hätten uns keinen besseren Start wünschen können und freuen uns schon auf wissenschaftlich aufregende und wunderschöne Bilder in den kommenden Jahren." Bei der Überprüfung sämtlicher Instrumentfunktionen bestätigte sich, dass diese auf dem erwarteten Leistungsniveau arbeiteten. So konnten die Astronomen über das gesamte Sichtfeld hinweg Sternbilder mit einer Auflösung von 3,4 Pixeln (0,34 Bogensekunden) erhalten, womit die herausragende optische Qualität des HAWK-I bestätigt wurde. HAWK-I macht Aufnahmen im Wellenlängenbereich zwischen 0,9 und 2,5 Mikrometern und verfügt dabei über ein verhältnismäßig großes Sichtfeld von 7,5 x 7,5 Bogenminuten. Dieses Sichtfeld ist neunmal größer als das von ISAAC, einer anderen Nahinfrarot-Kamera, die am VLT in Betrieb ist. ISAAC hat schon mehrfach bewiesen, wie wichtig Aufnahmen in diesen Wellenlängenbereichen beispielsweise für die Entdeckung und das Studium von großen, weit entfernten Galaxien sein können. HAWK-I soll auf den Erfahrungen mit ISAAC aufbauen. Zukünftig wird man einen deutlich größeren Himmelsbereich mit einer exzellenten Bildqualität beobachten können. HAWK-I besitzt vier 2k x 2k Array-Detektoren und verfügt somit insgesamt über eine Auflösung von 16 Millionen Pixeln/0,1 Bogensekunden. "Bis das James-Webb-Spacetelescope im nächsten Jahrzehnt zur Verfügung steht, werden 8-Meter-Teleskope die besten Beobachtungen im nahen Infrarotbereich unterhalb von drei Mikrometern ermöglichen", erläutert Mark Casali, der als Wissenschaftler bei der ESO für HAWK-I verantwortlich ist. Aufgrund des weiten Sichtfelds, der hohen Auflösung und Empfindlichkeit des Instruments werden die größten Erfolge mit HAWK-I bei sehr lichtschwachen Objekten erwartet. "Dank eines speziellen Filtersatzes werden wir mit HAWK-I in entfernteste Bereiche des Universums schauen können", erklärt HAWK-I-Wissenschaftler Markus Kissler-Pattig. "Insbesondere werden wir uns die ersten Objekte, die im Universum entstanden sind, genau anschauen." Darüber hinaus dürfte HAWK-I auch dazu beitragen, das Wissen über massereichere und masseärmere Objekte in der Galaxie, wie etwa heiße Jupiter, zu erweitern. Es stellt außerdem ein geeignetes Instrument für die Untersuchung von entfernten eisigen Asteroiden und Kometen am Rande unseres Sonnensystems dar. HAWK-I ist das elfte Instrument, das am VLT der ESO installiert wird. Es stellt zudem eine Art Übergang von der ersten zur zweiten Instrumentengeneration dar, die am weltweit fortschrittlichsten optischen Instrument installiert werden wird.