Tödlicher Aspekt von H5N1 identifiziert
Forscher aus dem UK, aus Vietnam und China haben entdeckt, warum der H5N1-Stamm der Grippe so tödlich ist - weil er die Immunreaktionen des Körpers überlastet. Für die in der Fachzeitschrift "Nature Medicine" veröffentlichten Ergebnisse wurden mit H5N1 infizierte Patienten beobachtet und mit Personen verglichen, die an weniger ernsten Grippeformen litten. Derzeit liegt die Sterblichkeitsrate von mit H5N1 infizierten Menschen bei etwa 58 Prozent - eine Quote, die viele im Bereich öffentliche Gesundheit und Sicherheit tätige Personen stark beunruhigt. Im Rahmen der Studie unter der Leitung von Dr. Menno de Jong von der Abteilung klinische Forschung der Universität Oxford in Ho Chi Minh-Stadt wurden 18 vietnamesische Personen überwacht, die sich in den Jahren 2004 und 2005 mit H5N1 infiziert hatten. Von diesen starben später insgesamt 13. Die Forscher nahmen Abstriche von Nase und Rachen und stellten fest, dass sich das Virus mehrere hundert Mal stärker vermehrt als herkömmliche Grippestämme und dass sich das Virus bevorzugt im Atemtrakt und nicht wie üblich in Nase und Rachen ansiedelt. Peter Openshaw vom Imperial College London bezeichnete die Forschungsergebnisse in "Nature Medicine" bereits als "Durchbruch". Das Team stellte fest, dass die Infektion so schnell und stark verläuft, dass sie einen "Zytokinsturm" auslöst. Zytokin ist das Signalmolekül, das die weißen Blutkörperchen bei einer Infektion alarmiert. Manchmal kommt es zu einer massiven Überproduktion von Zytokin im Körper. Dies hat eine Überproduktion weißer Blutkörperchen mit häufig tödlichem Ausgang zur Folge, da sich der Körper gewissermaßen selbst angreift. Es wird angenommen, dass ein Zytokinsturm für die Todesfälle durch SARS sowie für den fast tödlichen Ausgang des Tests des Krebsmedikaments TGN1412 an freiwilligen Versuchspersonen im UK verantwortlich ist. Zwei mögliche Gründe für den Zytokinsturm in diesem Fall könnten sein, dass das Virus selbst Zytokin produziert und somit eine stärkere Immunreaktion fördert oder dass sich das Virus so schnell vermehrt, dass der Körper auf Hochtouren läuft und immer mehr weiße Blutkörperchen produziert, um Schritt zu halten. Der Forschungsleiter Dr. de Jong hat einen wichtigen Durchbruch für das Verständnis von H5N1 erzielt. Dies kann jetzt dazu führen, dass der Schwerpunkt nicht mehr auf dem Einsatz von Medikamenten gegen die Virusvermehrung wie beispielsweise Tamiflu liegt, sondern eher Arthritismedikamente wie Steroide oder Arzneimittel zur Behandlung von Lungenentzündung, die die vorübergehende Hemmung von T-Zellen-Reaktionen bewirken, eingesetzt werden. "Unsere Beobachtungen deuten darauf hin, dass die hohe Viruslast und die daraus resultierenden intensiven Entzündungsreaktionen von zentraler Bedeutung für die Pathogenese der H5N1-Grippe sind. Der Schwerpunkt des klinischen Managements sollte auf der Verhinderung dieser intensiven Zytokinreaktion durch frühzeitige Diagnose und effektive antivirale Behandlung liegen", heißt es in dem Artikel. Trotz dieses Durchbruchs scheint Dr. de Jong etwas enttäuscht zu sein, dass nicht mehr Daten gesammelt werden konnten, zum Beispiel bezüglich genetischer Informationen, um festzustellen, ob eine persönliche Anfälligkeit für H5N1 bestehen könnte. "Es ist bedauernswert, dass wir nicht mehr erfahren haben", so Dr. de Jong in einem Interview mit "Nature Medicine". "Wenn von allen Patienten Proben genommen worden wären, wären wir wesentlich weiter, was das Verständnis dieser Krankheit betrifft." Diese Ergebnisse stimmen mit einigen vorläufigen Forschungsergebnissen des belgischen Virologen Professor Marc Van Ranst überein, der im April mit CORDIS-Nachrichten sprach. Prof. Van Ranst untersuchte die Luftröhren kürzlich verendeter Vögel und betrachtete die Krankheitssymptome, die während des H1N1-Ausbruchs der "Spanischen Grippe" im Jahr 1918 aufgetreten waren, um nach Übereinstimmungen zu suchen. Sowohl die Vögel als auch die Soldaten hatten blutige "Punkte" an der Luftröhre, was auf eine sehr starke Immunreaktion hindeutet.
Länder
China, Vereinigtes Königreich, Vietnam