Ein robuster Satz oxidativer Enzyme als Biokatalysatoren für die grüne Chemie
Industriechemische Umwandlungen werden typischerweise unter widrigen Bedingungen (hohe Temperatur und hoher Druck) durchgeführt, wobei oftmals giftige Chemikalien erforderlich sind und gefährliche Nebenprodukte anfallen. Auf der Suche nach umweltfreundlicheren Alternativen wurden in der Biokatalyse Enzyme als Ersatz für chemische Katalysatoren eingeführt. Enzyme reagieren typischerweise unter milden Reaktionsbedingungen unter Verwendung günstiger Kosubstrate (zum Beispiel Sauerstoff) und zeigen eine exzellente Selektivität sowie gute Ausbeute. Trotz dieser Erfolge ist die vollständige Nutzung im industriellen Maßstab durch die Instabilität vieler Enzyme eingeschränkt. Das EU-geförderte Projekt ROBOX richtete eine Sammlung stabiler Enzyme sowie Protokolle für die industrielle Umwandlung ein. Das Projekt war erfolgreich in folgenden Bereichen: Entwicklung eines Enzyms, das Glycerin oxidieren kann, Anwendung von P450-Enzymen zur Produktion von Wirkstoffmetaboliten im großen Maßstab, Anwendung von ADH- und BVMO-Enzymen zur Produktion neuartiger Duftmoleküle sowie Vorprodukten für Spezial- und Leistungspolymere. Demonstration anvisierter Reaktionen von robusten oxidativen Enzymen Die Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit von industriellen Prozessen kann durch biokatalytische Oxidationswege mithilfe von molekularem Sauerstoff (aus der Luft) unter günstigen und milden (pH-)Bedingungen wie zum Beispiel Umgebungstemperatur und Umgebungsdruck wesentlich verbessert werden. Dieser Ansatz, der mit hohen Kosten (> 1 000 EUR/kg) für den Enzymkatalyseschritt verbunden ist, gilt jedoch als zu kostspielig. Um dieses Problem zu bewältigen, wurde über ROBOX die Durchführbarkeit der biochemischen Umwandlung von vier Typen robuster oxidativer Enzyme erforscht. „Diese Biokatalysatoren leisten Oxidationen mit hoher Selektivität und Spezifität, oftmals begleitet von einer guten Ausbeute. Diese Ergebnisse wären bei herkömmlichen chemischen Oxidationen schwer zu erreichen“, erklärt Projektkoordinator Prof. Marco Fraaije. Glycerin ist ein wesentliches Nebenprodukt der Biodieselproduktion und ein aussichtsreicher chemischer Grundbaustein, da dessen Oxidation zur Erzeugung wertvoller Stoffe wie zum Beispiel Glycerinaldehyden führt, die für die Produktion von Feinchemikalien, Arzneimitteln oder Aminosäuren von Interesse sind. Monooxygenase-Enzyme (P450) in der menschlichen Leber sind für die Entgiftung nahezu aller vermarkteten Wirkstoffe zuständig, sodass die biokatalytische Produktion von Wirkstoffmetaboliten im großen Maßstab von großer Bedeutung ist, um die Ergebnisse in klinischen Studien und der Arzneimittelentwicklung zu validieren. Im Rahmen von ROBOX wurden überdies robuste Alkoholdehydrogenase (ADH)-, Alkoholoxidase (AOX)- und Baeyer-Villiger-Monooxygenase (BVMO)-Enzyme in der biokatalytischen Produktion neuartiger Duftstoffe und Polymer-Vorprodukte entwickelt und angewandt, welche die Überlegenheit dieser Gruppe oxidativer Enzyme gegenüber der traditionellen Chemie verdeutlichen. Die anvisierten Reaktionen der Enzyme wurden über ROBOX im Labormaßstab durch die Anwendung in den Bereichen Arzneimittel, Ernährung, Feinchemikalien und Werkstoffe validiert und optimiert. Die betreffenden Enzyme wurden gegebenenfalls durch Proteinmanipulationen verbessert und es wurden neuartige robuste Enzyme durch Genome Mining identifiziert. „Dieser integrierte Ansatz umfasste die gesamte Kette von der Enzymentdeckung bis zur Anwendung im großen Maßstab“, sagt Fraaije. „Während des Projekts verwarfen wir aufgrund einer rigorosen technischen und wirtschaftlichen Bewertung manche anvisierten Reaktionen als nicht durchführbar. Doch diese Strategie funktionierte meistens erfolgreich, sodass die oxidative Biokatalyse weiter genutzt werden konnte.“ Den Werkzeugkasten der nachhaltigen Chemie erweitern Die Ergebnisse von ROBOX tragen zur Produktion umweltfreundlicher Chemikalien bei, die in Materialien wie beispielsweise Kunststoffen, Arzneimitteln und Tinten verwendet werden – und die essentiell für die Entwicklung einer biobasierten Wirtschaft sind. Um mit der Quantifizierung umweltfreundlicher Bestandteile zu beginnen, führte das ROBOX-Team eine vergleichende Lebenszyklusanalyse für die anvisierten BVMO-Reaktionen durch. „Die betreffende enzymatische Oxidation hat geringere Auswirkungen auf die Umwelt im Vergleich zu ihrem chemischen Äquivalent, falls die Wiederverwertung von Lösungsmitteln und Enzymen berücksichtigt wird. Die Auswirkungen auf den Klimawandel der biokatalysierten Reaktion können zudem um 71 % gesenkt werden, wenn erneuerbarer Strom verwendet wird“, sagt Fraaije. Bis dato wurden über das Projekt Patente für Projektpartner und ein Start-up-Biotech-Unternehmen durch die Universität Groningen realisiert.
Schlüsselbegriffe
ROBOX, Biokatalysator, umweltfreundlich, Chemie, Oxidation, Enzym, Verschmutzung, industrielle Umwandlung, Kunststoff, Arzneimittel, biobasierte Wirtschaft