Eine mutationsagnostische Therapie für Mukoviszidose
Wissenschaftler in ganz Europa arbeiten hart daran, die 200 neuen Therapien für seltene Krankheiten zu entwickeln, mit denen die EU vor 2020 rechnet. Zu behaupten, die ZF sei eine ihrer größten Herausforderungen, wäre noch untertrieben: Während Mutationen und daraus resultierende Fehlfunktionen des CFTR-Proteins schon seit langem als Ursache der Erkrankung identifiziert wurden, bedeutet die Anzahl möglicher Mutationen – über 2 000 –, dass therapeutische Ansätze mutationsspezifisch sein müssen und ausschließlich Patienten nützen können, die denselben funktionalen Defekt aufweisen. Es sei denn, dass auf dem Gebiet ein kompletter Paradigmenwechsel erzielt wird. Die im Rahmen des Projekts TAT-CF (Novel therapeutic approaches for the treatment of cystic fibrosis based on small molecule transmembrane anion transporters) finanzierten Forscher beabsichtigen seit 2016, eine Veränderung zu bewirken. Anstelle der Untersuchung neuer mutationsspezifischer Behandlungen wurde an Molekülen gearbeitet, welche die CFTR-Funktion nachahmen können und potenziell mutationsagnostische Therapien ermöglichen, die für alle ZF-Patienten von Nutzen sind. „Die aktuellen Ergebnisse in klinischen Studien für Kombinationen aus Potenziatoren und Korrektoren sind überaus ermutigend. Der Nachteil ist jedoch, dass diese Entwicklungen keine therapeutischen Optionen für alle ZF-Patienten bieten können. Es gibt insbesondere mehrere Klassen von Mutationen wie zum Beispiel Nonsense-Mutationen, die dazu führen, dass kein CFTR produziert wird. In diesem Fall ist eine pharmakologische Modulation oder Wiederherstellung von CFTR-Aktivitäten völlig wirkungslos“, erklärt Dr. Roberto Quesada. „Es wurden mehr als 200 Stoffe durch die verschiedenen Partner überprüft, die an unserem Konsortium beteiligt sind“, sagt Dr. Quesada, Koordinator des Projekts. „Wir mussten die richtige Balance zwischen molekularen Eigenschaften, Transportaktivität und Toxizität der Kandidaten finden, um die passenden Leitstrukturen für unser Projekt auszuwählen.“ Die Stoffe wurde an Zelllinien von Patienten mit unterschiedlichen Mutationen und durch Geneditierung getestet. Dr. Quesada weist darauf hin, dass „dies bedeutet, dass wir sie [die Stoffe] an Zellen und Organoiden, die unterschiedliche funktionale Defekte aufweisen, sowie an Modellen, in denen überhaupt keine CFTR-Expression stattfindet, testen konnten.“ Unter Verwendung synthetischen Epithels, das von primären humanen bronchialen Epithelzellen stammte, konnte das Team zeigen, dass die ausgewählten Stoffe die ZF-Epithelfunktion in punkto Flüssigkeitsresorption und Schleimviskosität – zwei wichtige Parameter in der Pathophysiologie von CF-Patienten – auf normale Werte bringen konnten. Abgesehen davon wurden die Stoffe in Kombination mit zugelassenen ZF-Arzneimitteln getestet und additive Wirkungen beobachtet, die auch als vielversprechender Ansatz für die Behandlung unterschiedlicher Mutationen anvisiert werden könnten. Der nächste Schritt für die TAT-CF-Partner ist In-vivo-Forschung, um die gewonnenen Ergebnisse zu bestätigen. Im Hinblick auf Versuche an relevanten Tiermodellen entschied sich das Team dazu, den Schwerpunkt auf Lungenerkrankungen zu legen, welche die Hauptursache für Morbidität und Mortalität von ZF-Patienten sind. Es wurden bereits Nanoformulierungen entwickelt, die für die pulmonale Verabreichung geeignet sind, und ADME-Tox-Studien an Mausmodellen durchgeführt. „Jetzt müssen wir deren Sicherheit und Wirksamkeit in einem passenden Tiermodell für Atemwegserkrankungen bestätigen, ehe wir mit klinischen Studien am Menschen fortfahren“, erklärt Dr. Quesada. Alles in allem ebnet die Forschung von TAT-CF den Weg für neue Therapien, welche die CFTR-Funktion mithilfe synthetischer Moleküle umgehen. Ein Patentanmeldung wurde bereits eingereicht und das Konsortium sucht derzeit nach neuen (öffentlichen oder privaten) Fördermittelquellen.
Schlüsselbegriffe
TAT-CF, Mukoviszidose, zystische Fibrose, genetische Erkrankung, CFTR-Protein, Behandlung