Verbesserte Weltraumwettervorhersage schützt lebenswichtige Infrastruktur
Im EU-finanzierten Horizont 2020-Projekt PROGRESS wurden sowohl Daten von Raumfahrzeugen als auch bodengestützte Daten in Kombination mit Datenassimilationsmethoden auf dem neuesten Stand der Technik verwendet, um genaue und zuverlässige Vorhersagen des Weltraumwetters zu entwickeln. Ziel ist die genaue Vorhersage von Vorkommen und Schwere der Wetterereignissen im Weltraum. Die Forscher entwickelten erfolgreich eine Reihe europäischer Vorhersage- und Kürzestfristvorhersagewerkzeuge für das Weltraumwetter. Diese Werkzeuge verknüpfen alle Aspekte des Weltraumwetters von ihren Ursprüngen auf der Sonnenoberfläche bis zu den möglichen Auswirkungen auf die Erde und unsere moderne technologische Infrastruktur. „Wir haben unser vereintes Fachwissen genutzt, um eine umfangreiche Reihe an Vorhersagewerkzeugen zu erstellen, bei denen datengestützte Modellierungstechniken mit Verbesserungen an den hochmodernen physikbasierten Modellen kombiniert werden“, sagt Projektkoordinator Prof. Robertus von Fay-Siebenbürgen. Neue Modelle PROGRESS-Partner erstellten ein europäisches numerisches Magnetohydrodynamikmodell (MHD) durch Kopplung von zwei einzelnen Modellen, um eine verbesserte Vorhersage von Sonnenwindparametern zu ermöglichen. „Das erste Modell mit dem Namen AWSoM, analysiert das Magnetfeld an der Sonnenoberfläche und nutzt es, um die Sonnenatmosphäre mit bis zu 25 Sonnenradien zu simulieren. Von diesem Punkt nach außen überträgt das zweite Modell, SWIFT, diese Sonnenwinde auf 1,5 Millionen Kilometer in Richtung der Erde“, erklärt Prof. von Fay-Siebenbürgen. Die Dynamik der Teilchen in den Strahlungsgürteln hängt von ihrer Wechselwirkung mit Plasmawellen ab. PROGRESS-Forscher konstruierten eine neue Reihe statistischer Wellenmodelle, um die Beschleunigung und Verluste von Teilchen innerhalb des terrestrischen Strahlungsgürtelbereichs genau zu reflektieren. Gefahren durch das Wetter im Weltraum haben einen großen Einfluss auf das Ausmaß der geomagnetischen Aktivität. Im Rahmen von PROGRESS wurden neue Modelle entwickelt, um diese Aktivität unter Verwendung unterschiedlicher Ansätze auf der Grundlage von neuralen Netzwerken und NARMAX vorherzusagen. Außerdem wurde im Rahmen von PROGRESS eine Reihe von Modellen (SNB3GEO) entwickelt, um die von Satelliten im geostationären Orbit wahrgenommenen Elektronenflüsse vorherzusagen. Es zeigte sich, dass diese Modelle eine bessere Leistung als die zurzeit verfügbaren Werkzeuge erbringen. Zur Untersuchung der Elektronenumgebung der inneren Magnetosphäre verwendet PROGRESS zwei Modelle. Das Transport- und Beschleunigungsmodell für Teilchen der inneren Magnetosphäre (Inner Magnetospheric Particle Transport and Acceleration Model – IMPTAM) arbeitet mit Elektronen geringer Energie und das vielseitige Elektronenstrahlungsgürtelmodell (Versatile Electron Radiation Belt model – VERB) mit Elektronen hoher Energie. Am Projekt beteiligte Forscher konnten beträchtliche Verbesserungen an der Art, wie IMPTAM die Elektronendynamik in der inneren Magnetosphäre beschreibt, erzielen. Des Weiteren wurde das Kürzestfristvorhersagemodell modifiziert, um Vorhersagen der Evolution der Umgebung mit Elektronen geringer Energie bereitstellen zu können. Außerdem hat PROGRESS die Entwicklung einer neuen verbesserten Version von VERB, VERB-3D, ermöglicht, die nur eine für zwei Tage im Voraus berechnete Datenassimilationsvorhersage für die Umgebung mit Elektronen hoher Energie bereitstellt. Zusätzlich wurden im Rahmen von PROGRESS separate Studien durchgeführt, um VERB mit IMPTAM und SNB3GEO für weiter verbesserte VERB-Vorhersagen zu koppeln. Vorteile für Wissenschaft und Industrie Von PROGRESS werden Wissenschaftler profitieren, die im Bereich Weltraumwetter und Weltraumphysik im Allgemeinen arbeiten. Prof. von Fay-Siebenbürgen kommentiert: „Die neuen, vom Konsortium entwickelten Modelle basieren auf einem besseren Verständnis der Dynamiken der Strahlungsgürtel. Die Ergebnisse sind für die Gemeinschaft der Wissenschaftler wichtig, da sie neue Einblicke in die physikalischen Prozesse von Plasmen in der erdnahen Umgebung vermitteln.“ Auch die Industrie wird davon profitieren, da das Weltraumwetter Aktivitäten, wie zum Beispiel den Betrieb von Satelliten, Kommunikation und Luftfahrt, beträchtlich stören kann. Es ergeben sich auch Vorteile für Stromversorgungsunternehmen, die frühere Warnungen über geomagnetische Stürme erhalten werden, die ihre Stromnetze beschädigen könnten. „Alle diese Sektoren können von rechtzeitigen Warnungen vor potenziellen Wettergefahren profitieren und Maßnahmen ergreifen, um die Auswirkungen dieser Gefahren auf unsere technologische Infrastruktur zu verringern“, schließt Prof. von Fay-Siebenbürgen ab.
Schlüsselbegriffe
PROGRESS, Weltraum, Modell, Wetter, Elektron, Strahlungsgürtel, Sonnenwind, Transport- und Beschleunigungsmodell für Teilchen der inneren Magnetosphäre (IMPTAM), Magnetohydrodynamik