Gewebezüchtung zur Heilung von Erkrankungen des Verdauungstraktes
Funktionelle In-vitro-Modelle von Epithelgeweben sind Schlüsselelemente für die biologische Grundlagenforschung, Krankheitsmodellierung, Wirkstoffforschung und regenerative sowie personalisierte Medizin. Bei klinischen Anwendungen des Tissue Engineering (Gewebezüchtung) besteht aber immer das Risiko bakterieller Infektionen, da funktionelles Epithelgewebe bislang nicht künstlich erzeugt werden konnte. Für Dünndarmepithel werden funktionelle In-vitro-Modelle benötigt, mit denen sich die Absorption oral verabreichter Arzneimittel genau vorhersagen lässt. Neue Entwicklungsstrategien für die Mikrofabrikation „Das ultimative Ziel von COMIET ist die Entwicklung von Modellen des Darmepithelgewebes, das die physiologischen Eigenschaften von menschlichen Darmgewebe in vivo simuliert“, sagt Prof. Elena Martinez, Leiterin des EFR-Projekts. Hierfür kombiniert nun ein experimenteller Ansatz Mikrofabrikationstechniken, Tissue Engineering-Komponenten und selbstorganisierende Eigenschaften von Darmorganoiden. Bislang entwickelte das Projektteam eine einfache Strategie zur Mikrofabrikation von 3D-Darmzottenstrukturen auf sehr weichen Materialien. Die funktionellen Parameter des 3D-Modells sind physiologischem Gewebe ähnlicher als bei herkömmlichen flachen einschichtigen Kultursystemen. Auf diese Weise ließe sich etwa die Medikamentenabsorption besser vorhersagen. Die Ergebnisse wurden zur Veröffentlichung vorgelegt und sind Forschungsthema einer Dissertation. Laut Prof. Martinez entwickelten die Forscher eine Strategie, um die bislang geschlossene 3D-Struktur von Darmorganoiden zu „öffnen“. Ziel ist die Bildung einlagiger Schichten, die flache Substrate und die im Projekt entwickelten 3D-Scaffolds bedecken können. Die Ergebnisse wurden auf dem Organoids EMBO I EMBL Symposium 2016 vorgestellt und werden demnächst veröffentlicht. Die Projektpartner belegten auch den direkten Einfluss der dreidimensionalen Darmzotten-Architektur auf die bakterielle Invasivität und Adhäsion. In-vitro-Modelle des menschlichen Darms simulieren In-vivo-Verhalten Prof. Martinez zufolge soll COMIET vor allem demonstrieren, dass sich mit biotechnischen Strategien die nötigen physikalischen und biochemischen Signale für intestinale epitheliale Stammzellen erzeugen lassen, um deren Kompartimentierung, Barrierefunktion und Regeneration ähnlich wie bei In-vivo-Gewebe zu gewährleisten. „Gelingt dieses Konzept, könnten mit einem ähnlichen Ansatz auch andere, komplex strukturierte Epithelgewebe der Niere, Haut oder Lunge simuliert werden“, sagt sie. Im Bereich der Grundlagenforschung wird Endnutzern dann ein System mit den wichtigsten physiologischen Eigenschaften von In-vivo-Gewebe zur Verfügung stehen. Damit eignet es sich für Entwicklungsstudien, aber auch als In-vitro-Modell für menschliche Krankheiten. Hersteller von Wirkstoffscreening-, Arzneimittelabsorptions- und Toxikologie-Assays können ebenfalls von einem System profitieren, dessen Vorhersagbarkeit herkömmlichen Assays überlegen ist. „Damit könnte COMIET neue Wege bei der Erforschung menschlicher Darmerkrankungen erschließen“, schließt Prof. Martinez. „Letztlich werden die Projektergebnisse aber dem Patienten zugute kommen, da das System die personalisierte Medizin vorantreibt.“
Schlüsselbegriffe
COMIET, Epithelgewebe, In-vitro-Modelle, Mikrofabrikation, Tissue Engineering