Verwendung von Graphen als aufgeladene Lupe
Neben ihrer Bedeutung für das Verständnis der fundamentalen Physik sind nichtlineare optische Effekte auch essentiell für unerlässliche Anwendungen wie Quantencomputing, Biomedizin oder rein optische Netze. Es gibt jedoch noch viele Hindernisse, die der Ausschöpfung ihres vollen Potenzials im Wege stehen, wie die Erzeugung von nichtlinearen optischen Effekten bei extrem niedrigen Leistungen und auf Geräten in Chipgröße. „Dies stellt in der Tat eine der zentralen Herausforderungen in der Optik dar“, so Prof. Dr. Darrick Chang, Leiter der Arbeitsgruppe Theoretische Quanten-Nano-Photonik am ICFO. „Die Erzeugung von nichtlinearen optischen Effekten erfordert normalerweise große Laserintensitäten, und der daraus resultierende Energieverbrauch – oder die Größe der erforderlichen Energiequellen – erschwert es oft, sie in kleinen Maßstäben zu realisieren, wie beispielsweise für tragbare Geräte.“ Das oberste Ziel ist, nichtlineare Effekte auf der Ebene der einzelnen Quantenteilchen des Lichts sehen zu können, was allein schon die Anstrengungen wert ist. Dies würde insbesondere die bestmögliche Leistung und den breiten Einsatz von klassischen nichtlinearen Geräten ermöglichen und gleichzeitig disruptive Quanteninformationsprotokolle vereinfachen, die auf klassischen Plattformen nicht realisiert werden können. Zu diesem Zweck wurde das GRASP-Projekt im Jahr 2014 gestartet. „Ziel des Projekts war es, zu untersuchen, ob es ein relativ neues und exotisches Material – Graphen – Lichtimpulsen ermöglichen könnte, mit viel weniger Energie zu interagieren“, erklärt er. Obwohl der Einsatz von Graphen für die nichtlineare Optik ein völlig neues Terrain darstellt, waren Prof. Dr. Chang und sein Team davon überzeugt, dass die einzigartigen Eigenschaften des Materials es sogar einzelnen Lichtteilchen ermöglichen würden, die erforderlichen Intensitäten zu erreichen, um nichtlineare Prozesse auszulösen. „Eine einzigartige Eigenschaft von Graphen, die sowohl theoretisch vorhergesagt als auch experimentell beobachtet wurde, war, dass es Licht auf extrem kleine Längenskalen effektiv fokussieren bzw. räumlich begrenzen konnte. Nehmen wir zum Beispiel die Analogie einer Lupe, die das Licht der Sonne auf einen kleinen Punkt fokussiert, wodurch es so stark intensiviert wird, dass es sogar ein Stück Papier entzünden könnte“, erklärt Prof. Dr. Chang weiter. In dieser Analogie kann Graphen als eine Art aufgeladene Lupe angesehen werden. Es ist in der Lage, Licht an einer Stelle zu bündeln, die millionenfach kleiner ist als die der besten Lupen oder Linsen, die man jemals für Geld kaufen könnte. Zudem wären die resultierenden Intensitäten hoch genug, um nichtlineare optische Prozesse auszulösen. Im Rahmen des GRASP-Projekts konnten erstmals nichtlineare Effekte beobachtet werden, die durch einen solchen Lupeneffekt erzeugt wurden. Dies ist besonders bemerkenswert, wenn man bedenkt, dass Graphen nur so dick ist wie ein einzelnes Atom, wohingegen nichtlineare optische Standardgeräte meist sperrige Materialien beinhalten. Auch wenn das endgültige Ziel, eine völlig neue Technologiegeneration basierend auf nichtlinearen optischen Geräten zu entwickeln, die mit einem extrem niedrigen Energieverbrauch betrieben werden können, noch einige Schritte entfernt liegt, so ist die Arbeit des Konsortiums ein wesentlicher Schritt in diese Richtung. „Natürlich muss noch viel mehr getan werden, bis die Versuche mit Graphen zu einer ausgereiften Technologie für die nichtlineare Optik heranwachsen werden. Wir haben jedoch viele wichtige Bausteine entwickelt und auf diese Weise den Grundstein für weitere Forschung gelegt. So können zum Beispiel, nichtlineare optische Effekte in Graphen erstmals durch starke Lichteinschlüsse beobachtet, Graphen mit höherer Materialqualität hergestellt sowie neue Geräte konstruiert werden, die Bereiche nicht nur millionen-, sondern milliardenfach besser eingrenzen können als die besten Linsen, und die komplexen Wechselwirkungen zwischen Graphen und Licht besser verstanden werden“, so Prof. Dr. Chang. Während es wahrscheinlich noch zu früh ist, um über konkrete Vermarktungsmöglichkeiten zu spekulieren, ist die Verwendung von Graphen für universell einsetzbare, klassische und nichtlineare optische Quantentechnologien in Chipgröße nun sehr viel eher denkbar. Dies erklärt, warum Prof. Dr. Chang beabsichtigt seine Arbeit fortzusetzen: „Nachdem wir alle erforderlichen wesentlichen Bausteine geschaffen haben, ist es nun unser Ziel, diese spannende Forschung weiter voranzutreiben und damit zu beginnen, die einzelnen Bausteine zusammenzufügen, um in den kommenden Jahren einfache, aber funktionierende Geräte zu erschließen“.
Schlüsselbegriffe
GRASP, Graphen, Licht, Optik, nichtlineare optische Effekte, Quantentechnologie