Selbstreplizierende Moleküle geben Aufschluss über Ursprung des Lebens
EU-finanzierte Wissenschaftler untersuchten im Rahmen des mit 1,5 Mio. EUR finanzierten fünfjährigen Projekts REPLI, wie selbstreplizierende Moleküle Eigenschaften erwerben, die auch in lebenden Organismen zu finden sind. Diese Moleküle könnten als vereinfachtes Modell für die grundlegenden Prozesse dienen, die bei der Artbildung stattfinden. Zudem lassen sie vermuten, dass der Artenvielfalt molekularbiologische Aspekte zugrunde liegen. "Inzwischen können wir an selbstreplizierenden Molekülen Vorgänge in noch nicht lebenden Systemen beobachten, die bereits starke Ähnlichkeit mit biologischen Systemen aufweisen", erläutert Projektkoordinator Sijbren Otto, Professor für Systemchemie an der Universität Groningen, und fügt hinzu: "Eine der grundlegenden Fragen, denen sich unsere Forschung u.a. widmet, ist die Frage nach dem Ursprung des Lebens." Das REPLI-Team beobachtete an einem Satz von Replikatormolekülen, die eher zufällig entdeckt worden waren, dass Auftreten von Spontanmutationen. "Die einfachste Form der Selbstreplikation ist ein Einzelmolekül, das exakte Kopien von sich selbst herstellt. Damit Evolution stattfinden kann, müssen allerdings Kopien erzeugt werden, die sich strukturell geringfügig vom Original unterscheiden (so genannte Mutationen), und genau das gelang uns nun im Labormaßstab", sagt Prof. Otto. "Wir konnten das in Echtzeit auf molekularer Ebene beobachten: sobald ein Satz von Mutanten gebildet war, entwickelte sich daraus wenig später ein zweiter Satz, was in etwa mit der Entstehung neuer Arten vergleichbar ist." Das Team stellte auch fest, dass die beiden unterschiedlichen Molekülgruppen um zwei verschiedene Bausteine oder Subkomponenten konkurrieren, aus denen diese Moleküle bestehen. Dies wiederum ähnelt der Nahrungskonkurrenz im Tierreich. Einfluss der Umwelt auf molekulare Strukturen Eine weitere Entdeckung war, dass die molekulare Struktur des Replikators von dessen Umgebung beeinflusst wird, "was eine Parallele zur biologischen Anpassung wäre", sagt Prof. Otto. "Bei der biologischen Evolution müssen Organismen ständig auf Umweltveränderungen reagieren, und Ähnliches ist auf der sehr rudimentären Ebene bei Replikatormolekülen zu beobachten." Mit experimentellen Durchflusssystemen konnten Hypothesen zum Aussterben untersucht werden. Dabei strömen die Bausteine ein, aus denen die Replikatoren sich selbst konstruieren, während die gleiche Menge pro Zeiteinheit ausfließt, sodass das Gesamtvolumen konstant bleibt. "Wenn die Replikatoren in der Probe sich selbst schneller replizieren können, als sie aus dem System hinausfließen, können sie überleben. Ansonsten vertrocknen sie und sterben aus", wie Prof. Otto beobachtet hat. "Und in dieser harten Realität funktioniert Evolution eben nur, wenn es Leben und Tod gleichermaßen gibt." Entstehung rudimentärer Lebensformen Bei den meisten Laborarbeiten verwendeten die Forscher Peptidmoleküle mit bis zu 40 Aminosäuren. "Aber diese Prinzipien lassen sich auch auf andere Molekülklassen erweitern. Die einzige wirkliche Bedingung ist, dass die Moleküle in der Lage sein müssen, sich zu größeren Strukturen zusammenzufügen", sagt Prof. Otto. Der ERC stellte im September 2017 ein fünfjähriges Förderprogramm in Höhe von 2,5 Mio. EUR zur Verfügung, um die Forschungen im Rahmen des Projekts "Steps Towards De-Novo Life" fortzusetzen. "Schließlich ist das Ziel, aus selbstreplizierenden Molekülen einen primitiven lebenden Organismus herzustellen", sagt Prof. Otto. "Milliarden Jahre Evolution waren nötig, damit Organismen den heutigen komplexen Entwicklungsstand erreichen. Und egal, was wir im Labor machen – das ist niemals zu schaffen. Aber zumindest können wir so vielleicht die Mindestvoraussetzung finden, damit Leben entstehen oder beginnen kann."
Schlüsselbegriffe
REPLI, Evolution, Biologie, Biochemie, Molekularbiologie