Die ersten Schritte der Elektronenübertragung bei organischen Molekülen erfassen
Die ultraschnelle Umverteilung von Energie und der Elektronenladung bei Molekülen nach der Absorption von Licht mag zu wissenschaftlich klingen, um für den Alltag relevant zu sein. Es handelt sich jedoch um einen Prozess, der die Photosynthese von Pflanzen und Bakterien reguliert. Er ist also der Antriebsmechanismus in Systemen wie Solarpaneelen, mit denen Licht in Strom umgewandelt wird. Die Dynamik des Elektronen- und Ladungstransfers bei diesem Phänomen mit extremer zeitlicher Auflösung zu erfassen, könnte zu mehr Wissen über die Mechaniken hinter diesem Prozess führen. Außerdem könnten wertvolle Informationen darüber gewonnen werden, wie die Eigenschaften eines Moleküls kontrolliert oder verbessert werden könnten. Es mangelt jedoch an detailliertem Wissen zu den ersten Schritten beim Elektronen- und Ladungstransfer nach der Photoionisation. Zumindest bis vor Kurzem.
Neue Perspektive auf die Wechselwirkungen zwischen Elektronen und Kern
Bei Forschungsarbeiten, die durch die EU-finanzierten Projekt TOMATTO und LASERLAB-EUROPE unterstützt wurden, konnten neue Erkenntnisse zu diesem Phänomen gewonnen werden. In einer Studie im Fachmagazin „Nature Chemistry“ wird beschrieben, dass das Team extreme ultraviolette Attosekundenpulse (ein Milliardstel einer Milliardstel Sekunde) einsetzte, um mehr über die ultraschnelle Dynamik molekularer Systeme zu erfahren. „Diese Pionierarbeit stellt eine neue Perspektive auf das komplexe Wechselspiel zwischen Elektronen und Kernen in Donator-Akzeptor-Molekülen dar, sodass das Wissen zu chemischen Prozessen auf fundamentaler Ebene erweitert wurde“, heißt es in einer Pressemitteilung auf der TOMATTO-Website. Im Rahmen der Forschung setzte das Team Nitroanilinmoleküle Attosekundenpulsen aus. So konnten die ersten Phasen des Ladungstransfers mit unvergleichlicher Präzision beobachtet und analysiert werden. Dabei kam heraus, dass die Übertragung von Elektronen der Elektronendonator-Aminogruppe weniger als 10 Femtosekunden dauerte (eine Femtosekunde entspricht einem Billiardstel einer Sekunde) und durch eine synchronisierte Bewegung von Kernen und Elektronen erfolgte. Darauf folgte ein Entspannungsprozess von unter 30 Femtosekunden, in dem sich das Kernwellenpaket in den angeregten Elektronenzuständen des molekularen Kations ausbreitete. In der Pressemitteilung wird weiter berichtet: „Die Ergebnisse liefern eine Antwort auf eine grundlegende Frage in der Chemie: Die Zeiten für den Ladungstransfer von einem Elektronendonator auf die anliegende chemische Verbindung zwischen der Einheit und einem Benzenring und für die damit einhergehenden strukturellen Veränderungen. Diese experimentellen und theoretischen Ergebnisse bilden die Grundlage für ein besseres Verständnis der theoretischen Diagramme und Konzepte, mit denen die Ladungsmigration in organischen Molekülen qualitativ vorhergesagt wird.“ Aus der Studie, die über TOMATTO (The ultimate Time scale in Organic Molecular opto-electronics, the ATTOsecond) und LASERLAB-EUROPE (The Integrated Initiative of European Laser Research Infrastructures) unterstützt wurde, gehen also nicht nur tiefere Erkenntnisse zur Molekulardynamik hervor, es wird auch der Weg für weitere Fortschritte in der Attosekundenphysik geebnet. Weitere Informationen: TOMATTO-Projektwebsite LASERLAB-EUROPE-Projektwebsite
Schlüsselbegriffe
TOMATTO, LASERLAB-EUROPE, Molekül, Elektron, Ladung, Transfer, Transferladung