Neue medizinische Software zur individuellen Überwachung von Herzkrankheiten
Hightech-Software wie diese, die den individuellen Krankheitsverlauf darstellen und prognostizieren kann, könnte bald zur medizinischen Routine gehören, allerdings ist die Umsetzung in Krankenhäusern noch schwierig. Da Tests in echten klinischen Szenarien noch ausstehen und auch Mediziner noch Probleme mit den komplexen Programmen haben, kann sich die hochmoderne Medizintechnik nur schwer etablieren. Das EU-finanzierte Projekt CARDIOPROOF (Proof of Concept of Model-based Cardiovascular Prediction) sollte nach abgeschlossener Entwicklung der neuen Modelltechnologie nun die tatsächliche Einführung in Krankenhäusern und Kliniken vorantreiben. "Unser Projekt hat das Vertrauen in prädiktive Computermodelle gestärkt und die Akzeptanz seitens der Ärzte erhöht", sagt Edwin Morley-Fletcher, Projektkoordinator von CARDIOPROOF. Im Mittelpunkt des Projekts standen Aortenklappenerkrankungen und Aortenisthmusstenose bei Kindern, die unbehandelt zu irreversibler Herzinsuffizienz fortschreiten können. Die Forscher testeten Computerprogramme für eine frühere Diagnose sowie Prognosen zu Krankheitsverlauf, –fortschritt und Behandlungsergebnis. Die vier von CARDIOPROOF getesteten Werkzeuge waren: ein modernes elektromechanisches Modell des Blutflusses durch den Aortenbogen mit dem numerischen SPH-Ansatz (smoothed particle hydrodynamic), ein Fluid-Struktur-Interaktionsmodell und ein Modell für Aortenisthmusstenose mit entsprechenden Therapieoptionen. Die Instrumente wurden in klinischen Studien an drei europäischen Exzellenzzentren für Herzkrankheiten getestet und validiert: dem Ospedale Pediatrico Bambino Gesù in Rom, dem Great Ormond Street Hospital for Children NHS Foundation Trust (GOSH) des University College London und dem Deutschen Herzzentrum Berlin. CARDIOPROOF beurteilte den Beitrag der Modelle zur klinischen Entscheidungsfindung in einem randomisierten Experiment mit 172 Kardiologen, die in zwei Gruppen eingeteilt wurden und sich drei verschiedenen Entscheidungsszenarien stellten. Die erste Gruppe erhielt die für therapeutische Entscheidungen üblichen Daten, der zweiten Gruppe hingegen wurden neben diesen "normalen" Daten weitere modellbasierte Daten zur Verfügung gestellt. "Das Experiment belegt, wie Computermodelle die klinische Entscheidungsfindung sinnvoll unterstützen können. Da sie wichtige Zusatzinformationen liefern, um die optimale Behandlung zum genau richtigen Zeitpunkt einzuleiten, wollen wir weitere Forschungen in diesem Bereich fördern", sagt Morley-Fletcher. Weiterhin belegte CARDIOPROOF die klinischen Vorteile von Computermodellen eines virtuellen Stents zur Bewertung optimaler Behandlungsmöglichkeiten und eines computergestützten Blutdruckmessgeräts, mit dem der riskante und invasive Einsatz von Kathetern zur Blutdruckmessung umgangen werden kann. Das Projekt sollte die Computerprogramme auch nutzerfreundlicher machen und Hardware-Anforderungen reduzieren. Hierfür wurden Online-Tools entwickelt, die nicht erst installiert werden müssen, sondern über einen normalen Browser zugänglich sind, was die Anwenderfreundlichkeit für die Ärzte deutlich verbesserte. Seit Projektende im Dezember 2016 wurden einige der getesteten Werkzeuge in kommerzielle Softwareprogramme integriert. Die Datensätze und Datenmanagementplattform von CARDOPROOF sollen in das neue EU-finanzierte Projekt MYHEALTHMYDATA übernommen werden, das eine computerbasierte Architektur für die sichere Speicherung, Verwaltung und Übermittlung von Patientendaten entwickelt.
Schlüsselbegriffe
CARDIOPROOF, Herzerkrankungen, klinische Tests, Computermodelle, Therapie, Pädiatrie