Überwachung der Wirkstoffkonzentration bei Transplantationspatienten
Wie kann gewährleistet werden, dass ein Transplantationspatient die richtige Dosis erhält? Werden immunsuppressive Medikamente zu niedrig angesetzt, droht eine Organabstoßung. Eine zu hohe Dosierung hingegen erhöht das Infektionsrisiko für den Patienten. Das Projekt NANODEM entwickelte daher ein neues Gerät, mit dem die Wirkstoffkonzentration bei Transplantationspatienten kontrolliert werden kann. "Das Gerät besteht im Wesentlichen aus einem Biochip, der die Konzentration immunsupprimierender Medikamente im Blut des Patienten misst", erklärt Projektkoordinator Francesco Baldini vom Institut für Angewandte Physik in Florenz, Italien. "Da das Gerät sehr klein und die Art der Probenahme minimal-invasiv ist, können therapeutische Medikamente damit in kürzeren Zeitabständen und genauer überwacht werden als mit herkömmlichen Methoden." Derzeit werden die Werte bei Immunsuppressiva über einen normalen Bluttest kontrolliert, der aber nicht schnell oder genau genug Informationen zur variablen Aktivität eines Wirkstoffs im Patienten liefert. "Unser Point-of-Care-Test (POCT) ist ein großer Schritt vorwärts, da eine regelmäßige Überwachung direkt beim Patienten möglich ist, ohne dass die Proben an ein Zentrallabor gesendet werden müssen", sagt Baldini. Das NANODEM-Team, bestehend aus Akademikern und KMU aus 5 EU-Ländern, brachte beim Design des Chips Expertise aus Chemie, Biochemie, Optik, Medizin, Mikro- und Nanotechnologie zusammen. Mit dem Gerät können niedrigste Werte immunsuppressiver Medikamente (Pikogramm pro ml) und sogar die freie Arzneimittelkonzentration ermittelt werden. Letztere ist die relativ kleine Fraktion (2-8 %) an Wirkstoffen, die im Blut nicht an Proteine gebunden ist und die Wirksamkeit eines Arzneimittels und wie auch dessen Toxizität verstärken kann. Mit einem intravenösen Mikrodialysekatheter wird die Patientenprobe kontinuierlich mit den nötigen Reagenzien vermischt und in die für jeweils ein Immunsuppressiva bestimmten Mikrokanäle aufgezogen. "Auf diese Weise ist es möglich, in nur wenigen Mikrolitern gleichzeitig mehrere Stoffe nachzuweisen – ein wichtiger klinischer Aspekt", erklärt Baldini. Das von NANODEM entwickelte System ist äußerst effizient und hat eine sehr niedrige Nachweisgrenze. Die Wirkstoffmoleküle werden zuerst auf der Oberfläche Antikörper-beschichteter Polystyrolnanopartikel gebunden, die mit magnetischen Granulaten und fluoreszierenden Molekülen ausgerüstet sind. Die Antikörpermoleküle binden ein bestimmtes Immunsuppressiva und die fluoreszierenden Nanopartikel geben bei Erreichen einer Sensorschicht unter Anregung ein entsprechendes Fluoreszenzsignal ab. Da die NP auch magnetisch sind, können sie über ein Magnetfeld schneller zur Sensoroberfläche bewegt werden. Bisher wurden Nachweisgrenzen für zwei wichtige Immunsuppressiva ermittelt: für Cyclosporin A und Mycophenolsäure. Ganz wichtig ist aber auch die Wiederverwendbarkeit des Biochips, wie Baldini hinzufügt, denn dann kann der Patient nacheinander mehrere Messungen durchführen und erreicht schließlich eine Messung über 48 Stunden. Tests zeigten, dass das Gerät für dreißig Messzyklen regeneriert werden kann. Bereits jetzt zeigt die Medizinindustrie großes Interesse an der Technologie, wie Baldini erläutert. Zurzeit soll in Studien am Klinikum rechts der Isar, das der Technischen Universität München (TUM) angegliedert ist, die Rolle der freien Fraktion bei Nierentransplantationspatienten geklärt werden. "In diesen Studien wird das im Projekt entwickelte Körper-Schnittstellenmodul zugrunde gelegt, was einen Vergleich des neuen Geräts mit Standardlabormethoden ermöglicht. Mit Sicherheit wird die bessere Leistung auf enormen medizinischen Bedarf treffen", so Baldini.
Schlüsselbegriffe
NANODEM, Nanophotonik, Kontrolle therapeutischer Wirkstoffe, Immunsuppression, PoC-Tests, Mikrofluidik, Nanopartikel