Bioaktive, bioresorbierbare Gefäßstütze regeneriert Arterien
Die beiden wichtigsten therapeutischen Optionen für die Behandlung von Atherosklerose, Bypasschirurgie und Angioplastie, stellen eher die Wiederherstellung des arteriellen Durchblutung in den Vordergrund. Beide Optionen hinterlassen jedoch Narben, die den Patienten irgendwann zurück in die Klinik bringen. Im Falle einer Bypassoperation verstopfen native Venen oder synthetische Gefäßprothesen nach ein paar Jahren. Andererseits beeinträchtigt das Wiederauftreten der Erkrankung bei durch Angioplastie behandelten Patienten die Langzeitdurchgängigkeit des behandelten Blutgefäßes. Die synthetisierte Intimaschicht (synthetised intimal layer, SIL) von THE GRAIL wurde geschaffen, um diese Probleme zu verhindern. Dieses bioaktive Scaffold ersetzt den kranken und versteiften Bereich des Blutgefäßes durch eine weiche, nachgiebige, intelligente Gefäßstütze, die letztlich nach Erfüllung ihrer Aufgabe resorbiert wird und ein physiologisch reagierendes, regeneriertes Gewebe hinterlässt. Das aus intelligenten Biopolymeren aufgebaute Scaffold veranlasst eine Regeneration der Intimaschicht durch Ergänzung mit zirkulierenden Endothelzellen. Diese Biopolymere werden mittels eines Ad-hoc-Katheters an Ort und Stelle zugeführt, den das Projektteam gleichermaßen konzipiert und technisch ausgeführt hat. „Dank der Finanzhilfen der EU über fünf Jahre konnten wir THE GRAIL von einem einfachen Entwurf auf dem Papier bis zu einem funktionierenden Prototyp weiterentwickeln“, berichtet Davide De Lucrezia, Koordinator des Projekts und leitender Forscher bei Explora Biotech. „Wir haben die vollständige Biokompatibilität des Scaffolds in vitro und Sicherheit in vivo vorgeführt, und die vorläufige Ergebnisse zur Wirksamkeit sind äußerst ermutigend.“ Obgleich Hürden zu überwinden waren, erreichte das Projekt seine Ziele insbesondere dank einer frühzeitigen Definition von Endnutzer- und Zulassungsanforderungen. „Wir mussten In-vivo-Sicherheits- und Wirksamkeitstests durchführen, um ausreichend Daten zu sammeln, das technische Dossier an die notifizierte Stelle einzureichen und die CE-Kennzeichnung zu erhalten. Wir konnten die vollständige In-vivo-Sicherheit der Vorrichtung am Schweinemodell nachweisen. Weder während des In-vivo-Einsatzes noch in den 6 bzw. 12 Wochen Nachbereitung wurden unerwünschten Nebenwirkungen verzeichnet“, betont De Lucrezia. Insgesamt ist innerhalb von 3 bis 4 Monaten nach Implantation des Scaffolds eine vollständige Wiederherstellung der Intima zu erwarten. Die Vorrichtung hat nun den Technologie-Reifegrad 7 (Technology Readiness Level, TRL7; Prototypendemonstration in einer Einsatzsumgebung) erreicht, und das Konsortium bereitet sich auf eine präklinische Langzeitstudie vor, um die Langzeitwirksamkeit seiner Lösung nachzuweisen. Dieses Unterfangen stellt einen bedeutenden Fortschritt in Richtung der Erstanwendung am Menschen dar. „Wir können nur Mutmaßungen über vorläufige Resultate anstellen, die eine ermutigende Regeneration ohne jegliche signifikante Hyperplasie zeigen“, merkt De Lucrezia an. Obgleich die Verwertungsstrategie des Projekts keine Direktverkäufe der entwickelten Technologie vorsieht, werden die drei an THE GRAIL beteiligten KMU über ein speziell dafür vorgesehenes Spin-off-Unternehmen agieren, das die in diesem Projekt erworbenen geistigen Eigentumsrechte und Fachkenntnisse besitzt. „Dieses Spin-off wird größere Unternehmen einschalten, die Vertrieb und Überwachung unterstützen können. Insgesamt sieht unser neuester Geschäftsplan im ersten Quartal 2019 erstmalige Versuche am Menschen vor, und so ist es vernünftig davon auszugehen, dass die Vorrichtung im zweiten Quartal 2020 den ersten Patienten zur Verfügung stehen wird“, schließt De Lucrezia.
Schlüsselbegriffe
THE GRAIL, Atherosklerose, Arteriosklerose Scaffold, Zellträger, bioresorbierbar, Arterie, Herz-Kreislauf-Erkrankung, Blutgefäße, Biopolymere