Tools zur Verbesserung des menschlichen Gedächtnisvermögens
Im Zuge des Dreijahresprojekts RECALL zur Erforschung von Möglichkeiten zur Verbesserung des menschlichen Gedächtnisses unter Verwendung von Technologie fanden sich vier europäische Universitäten zusammen. Das Projekt lieferte die akademische Grundlage zur Herstellung von Tools, die der Gesellschaft in einer Vielzahl von Anwendungsbereichen zugutekommen werden. Die Forscher unter der Leitung des Fachbereichs School of Computing and Communications (SCC) der Lancaster University im Vereinigten Königreich führten unter einer vorrangigen Berücksichtigung ethischer Erwägungsgründe Versuche durch, an denen beinahe 1000 Menschen aus Campus-, Arbeitsplatz- sowie Haushaltsumgebungen beteiligt waren. Unser Leben wird zunehmend aufgezeichnet Die neuesten Entwicklungen im Bereich der Capture-Technologie und Informationsgewinnung ermöglichen eine kontinuierliche und automatisierte Aufzeichnung von zahlreichen Aspekten aus unserem Alltag. Tragbare Kameras bedeuten, dass viele Menschen regelmäßig ihre Aktivitäten erfassen (auch als „Lifelogging“ bezeichnet). Solches Material könnte mit anderen Daten zur Herstellung von Speicherbänken kombiniert werden, auf die bezüglich nachfolgender Aktivitäten und im fortgeschrittenen Alter zugegriffen werden könnte. „Mit der Technologie wird es schon bald möglich sein, alles aufzuzeichnen, was wir tun. Die Frage ist, wie wir all diese Daten nutzen können“, erklärte Nigel Davies, Professor am Fachbereich SCC und Projektkoordinator von RECALL. „Wir sind nicht so sehr daran interessiert, eine große durchsuchbare Datenbank aufzubauen, sondern möchten Ihnen vielmehr ermöglichen, die über Sie vorliegenden Informationen zu nutzen, um zu entscheiden, an was Sie sich erinnern möchten und Ihnen Hinweise bereitstellen, um Ihnen bei dem anschließenden Erinnerungsprozess behilflich zu sein.“ Vorteile für Studenten ebenso wie für ältere Menschen RECALL war darauf fokussiert, gesunden Personen einen Gedächtnisabruf zu ermöglichen, der über die natürlichen Fähigkeiten hinausgeht. Das Projekt war hauptsächlich softwarebasiert und berücksichtigte eine Vielzahl von Datenfeeds, einschließlich von Lifelogging-Kameras, die alle 30 Sekunden ein Bild machen. Das Ziel bestand darin, Softwareprototypen zu schaffen, welche die wichtigsten Daten extrahieren und später wieder dem Anwender zuführen. Es wurden insgesamt vier Versuche durchgeführt, einer von jedem Partner. Am SCC wurden Studenten, die auf ihre nächste Unterrichtseinheit warteten, über an der ganzen University of Lancaster verteilte Displays zu den wesentlichen Punkten vorhergehender Vorlesungen verdeutlicht. Forscher der Universität Stuttgart arbeiteten unter Verwendung von weckerartigen Geräten mit Menschen in ihrer häuslichen Umgebung zusammen, um diese online an zu prüfende Dinge sowie Aktivitäten zu erinnern, die während des Tages zu erledigen waren. Die Forscher der Universität Lugano in der Schweiz zeichneten Geschäftsmeetings auf und stellten wichtige Informationen hiervon als Gedächtnishinweise bereit, um Führungskräfte bei ihren nächsten Meetings zu unterstützen. Währenddessen untersuchten Psychologen der University of Essex im Vereinigten Königreich eine als Retrieval induziertes Vergessen („Retrieval Induced Forgetting“) bezeichnete Theorie, bei der ein Ereignis oder Merkmal auf Kosten eines anderen Ereignisses oder Merkmals erinnert wird und welche das Potenzial für die Manipulation des menschlichen Gedächtnisses eröffnet. Ethische Erwägungsgründe Das letztgenannte Beispiel macht wohl deutlich, warum Datenschutz und Datenkontrolle eine solch große Bedeutung für das RECALL-Projekt spielten. „Viele dieser Daten werden sehr personenbezogen sein. Eine der Herausforderungen ist es, den Ablauf in einer solchen Weise zu handhaben, dass der Schutz personenbezogener Daten sichergestellt ist. Dem Anwender soll in Zukunft die vollständige Kontrolle über alle erfassten Daten, über die Freigabe und über die Entsorgung solcher digitalen Ressourcen gegeben werden“, hob Prof. Davies hervor. Die Forscher kamen zu dem Schluss, dass fortschrittliche Geräte entwickelt werden könnten, um Millionen von Menschen in ganz Europa zu helfen, sei es in Form von Gedächtnishilfen für ältere Menschen, die zu einem gewissen Grad unter Demenz leiden oder in Form von Lernhilfen für Studenten und Fachkräfte in wichtigen Sektoren wie dem Gesundheitswesen und dem Maschinenbau.
Schlüsselbegriffe
RECALL, Gedächtnis, Demenz, Retrieval induziertes Vergessen, Daten, Lifelogging, Kameras, Ethik, Datenschutz, Kontrolle