Züchtung unkultivierter mariner Mikroorganismen durch innovative Biotechnologie
Die Gesellschaft Europas steht angesichts von Faktoren wie dem Klimawandel, ansteigender CO2-Werte sowie Energie- und Lebensmittelkrisen, die sich immer stärker auf unseren Alltag auswirken, globalen Herausforderungen gegenüber. 70 % unseres Planeten sind von Meer bedeckt, das eine unendliche Anzahl versteckter und vielfältiger Mikroben beherbergt. Diese Mikroorganismen versorgen höhere Organismen wie Fische mit Nahrung und sind ebenfalls für die „Kohlenstoffpumpe“ verantwortlich, welche dem Anstieg des CO2-Niveaus und der Erderwärmung entgegenwirkt. Da insgesamt 99,9% der Arten nach wie vor unbekannt sind und 90 % der Meeresbiomasse mikroskopisch groß ist, ist es von entscheidender Bedeutung, dass wir verstehen, wie diese Prozesse im Mikrobiom ablaufen. In diesem Kontext war die Kernaufgabe von MACUMBA (Marine microorganisms: Cultivation methods for improving their biotechnological applications) die Entwicklung innovativer Techniken zur Isolierung und Kultivierung der verschiedenen marinen mikrobiellen Mikroorganismen – Bakterien, Archaeen und Eukaryoten. „In der mikrobiologischen Ausbildung wird kaum auf die Isolierung und Kultivierung von Mikroorganismen geachtet und MACUMBA war unter anderem darauf ausgelegt, solche Skills und die gesellschaftliche Bedeutung der Führung von Mikroorganismen in Kultursammlungen und biologischen Ressourcen wiederzubeleben“, teilt MACUMBA-Projektkoordinator Professor Lucas Stal mit. Biotechnologie zur Überwindung von Kulturveränderungen nutzen Die Möglichkeit, die natürlichen Bedingungen versteckter und bislang unbekannter Mikroorganismen bestimmen, nachahmen und beproben zu können, war eine große Herausforderung. Das Meer ist nicht homogen und umfasst viele verschiedene Umgebungen. Um dieser Herausforderung gerecht zu werden, entschied man sich bei MACUMBA für rein- und kokultivierte Mikroorganismen, damit Belege für neue Mikroorganismen, Stoffe und Eigenschaften gefunden werden könnten. Bislang ging man davon aus, dass Mikroorganismen als Reinkultur, über eine Analyse der Nukleinsäuren (DNA und RNA), am besten verstanden werden könnten. Diese Denkweise hat sich allerdings nunmehr geändert, da Mikroorganismen nicht alleine in der Natur leben, sondern sich vielmehr gegenseitig mit essenziellen Wachstumsfaktoren versorgen. Infolgedessen wurde im Zuge von MACUMBA eine ganze Reihe innovativer Verfahren auf marine Mikrobiome angewandt. Neben einer „Survival Box“ für das Sammeln von Cyanobakterien zur Beobachtung deren Gesamtwachstumbedingungen, Resilienz und Reaktion auf externe Kultivierungsstrategien wurde für die Isolierung einzelner Zellen aus einer Mischung einzelner Zellen eine optische Pinzette entwickelt. „Wir extrahierten DNA und RNA von isolierten Mikroorganismen und analysierten deren Genom und Transkriptom, um Hinweise auf spezifische Merkmale zu finden. Wir extrahierten ebenfalls DNA und RNA von Kokulturen und verglichen diese mit den Reinkulturen, um die Interaktionen zu verstehen“, hebt Professor Lucas Stal hervor. Der Erhalt dieser isolierten Organismen erwies sich als weitere große Herausforderung und das aus 22 Partnern aus 12 EU-Ländern bestehende Team fokussierte sich mithilfe verschiedener Kryokonservierungsmittel (wie z. B. DMSO, Glyzerin, Methanol usw.) sowie verschiedener Gefrierprotokolle auf eine Kryokonservierung in Form von Flüssigstickstoffdampf (-196 °C). Die Zukunft nach MACUMBA Das Projekt fand im Juli 2016 seinen offiziellen Abschluss. Bis zu diesem Datum hatten die Projektpartner tausende artenreiche Mikroorganismen wie z. B. das weltweit kleinste aquatische Bakterium und neue Kultivierungsmethoden und Kultursammlungen in ganz Europa entdeckt. Die Entdeckung neuer Arten und die Entschlüsselung der Rätsel, die das Meer birgt, bleibt eine immense Herausforderung. Es werden viele weitere Jahre ähnlicher Zusammenarbeit erforderlich sein, um das ganze Potenzial von marinen Mikroben als vermarktungsfähige Produkte ausschöpfen zu können. Dessen ungeachtet ist Professor Lucas Stal, der in den Ruhestand geht, davon überzeugt, dass dies den Anbeginn einer neuen Ära markiert. Die Methoden und Techniken von MACUMBA stellen jetzt zweifelsohne einen ersten wichtigen Schritt für die Gestaltung ähnlicher, weit in die Zukunft reichender Forschungsansätze dar, die besser heute als morgen den Weg für pharmakologische und biotechnologische Produkte ebnen sollen.
Schlüsselbegriffe
MACUMBA, Gesundheit, Meeresbiologie, Umwelt, Gesellschaft