Überleben die Arten, wenn es richtig heiß wird?
Viele Arten sind neben der Temperatur von weiteren ökologischen Nischen wie etwa der Reproduktions- oder Nahrungsnische abhängig. Auch die Beziehungen zwischen eng koevolutionär entwickelten Arten können durch Temperaturveränderungen beeinträchtigt werden. Parasitismus ist vielleicht das archetypische Beispiel einer koevolutionär entwickelten Beziehung. Um die Effekte von Temperaturänderungen zu untersuchen, bestimmte das EU-finanzierte Projekt COEVOLCLIM die Große Getreideblattlaus, Sitobion avenae, und ihren Hauptparasitoiden, die Schlupfwespe Aphidus rhopalosiphim, zum Gegenstand seiner Betrachtungen. Die Blattlausschädlinge ernähren sich von Winter-und Sommergetreide und die parasitoide Wespe legt ihre Eier in die Blattlaus, in der sie sich dann entwickeln. Die COEVOLCLIM-Forscher untersuchten die Auswirkungen der Temperatur auf das Stadium vor der Eiablage, wenn Verhaltenseffekte ins Spiel kommen. In der Phase nach der Eiablage, wenn sich der Parasitoid in der Blattlaus entwickelt, beeinflussen immunologische Wechselwirkungen das Überleben beider. Sowohl die verhaltensbezogenen als auch die immunologischen Wechselwirkungen wurden durch veränderte Temperaturen gestört, allerdings hatten die wärmeren Temperaturen einen stärkeren Effekt auf diese Interaktionen. Bei wärmeren Temperaturen beeinträchtigen physiologische Reaktionen wie zum Beispiel die Stoffwechselrate und die verhaltensbezogene parasitoide Angriffsrate die Beziehung. Bei niedrigeren Temperaturen ist eine verringerte Aktivität beider Arten zu verzeichnen. Was die immunologischen Wechselwirkungen anbelangt, so erhöhte sich die Blattlausresistenz mit der Temperatur. Die Forschung gestattete einen Einblick in die möglichen Effekte des Klimawandels auf die Beziehungen zwischen Wirt und Parasit, die auf andere Arten übetragbar sind. Insbesondere könnte das für ektotherme Lebewesen wie etwa Insekten, Meeresschildkröten und Schlangen gelten, deren Körpertemperatur hauptsächlich von der Umgebungstemperatur abhängt. In einer Zeit der großen Veränderungen und in der Erhaltung größte Bedeutung hat, kommt dem Wissen über die Auswirkungen des Klimawandels auf Pflanzen- und Tiergemeinschaften entscheidende Bedeutung zu. Bei biologischen Pflanzenschutzverfahren können auch Informationen über das temperaturabhängige Verhalten von Arten zum Einsatz kommen, um die Schädlingskontrolle bei Treibhausanbaukulturen zu verbessern.
Schlüsselbegriffe
globale Erwärmung, Überleben von Arten, Wechselwirkung, Getreideblattlaus, parasitierende Wespe, Verhalten, immunologische Wechselwirkungen, ektotherm, Schädlingsbekämpfung