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Inhalt archiviert am 2024-04-18

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Effektiveres transnationales Krisenmanagement

Angesichts der grenzüberschreitenden Krisen in Europa hat das EU-finanzierte TransCrisis-Projekt eine Reihe politischer Empfehlungen für ein effektives Krisenmanagement entwickelt.

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Heutzutage machen Krisen nur noch selten vor nationalen Grenzen Halt. Die Flüchtlingskrise, die Finanzkrise, ernährungsbedingte Todesfälle und sogar Vulkanaschewolken – alles Krisen, die in Europa weitreichende Auswirkungen haben. Grenzüberschreitende Krisen wie diese stellen die neue Normalität dar. Aber ist die EU dazu in der Lage, sie effektiv zu bewältigen? Wie koordiniert ist die Reaktion im jeweiligen Fall und wie haben sich die politischen Führungskräfte bei der Bewältigung dieser Krisen geschlagen? Wie kann die EU in einer Zeit, in der die nationalistische Politik wieder aufflammt, komplexe Themen wie Souveränität und nationale Identität in einer Weise angehen, die als legitim angesehen wird? Ziel des EU-finanzierten Projekts TransCrisis (Enhancing the EU’s Transboundary Crisis Management Capacities: Strategies for Multi-Level Leadership) war es, diese Fragen zu beantworten und politische Empfehlungen für ein effektives und legitimes Krisenmanagement auf dem gesamten Kontinent zu entwickeln. Wir haben uns mit Projektkoordinator Martin Lodge zusammengesetzt, um mehr zu erfahren. Was ist eine grenzüberschreitende Krise? Eine grenzüberschreitende Krise ist eine Krise, die über nationale Zuständigkeitsgrenzen hinausgeht. Derartige Krisen umfassen normalerweise auch andere Arten von Grenzen, die beispielsweise durch Organisationen, rechtliche Rahmenbedingungen, Fachdisziplinen oder politische Spaltungen von Mitgliedstaaten festgelegt werden. Aufgrund dieser Mehrdeutigkeit stellen grenzüberschreitende Krisen für politische und administrative Systeme eine besondere Herausforderung dar – insbesondere im Zusammenhang mit der Erschöpfung der Ressourcen nach der Finanzkrise. Warum wird das TransCrisis-Projekt gerade jetzt benötigt? Das Projekt findet zu einem kritischen Zeitpunkt statt. Da sich einige europäische Staaten aus dem europäischen Projekt zurückziehen, widmete sich TransCrisis der Beurteilung der sozialen, wirtschaftlichen und politischen Folgen, die die Bewältigung grenzüberschreitender Krisen nach sich zieht. Mithilfe dieser Forschung wollten wir nachvollziehen, wie es der EU gelingen kann, grenzüberschreitende Krisen besser zu bewältigen, ohne dabei ihre Legitimität in den Augen der Mitgliedstaaten zu verlieren. Das ist natürlich keine leichte Aufgabe, da es sich um eine Herausforderung handelt, die sich auf die künftige Ausrichtung der Europäischen Union selbst bezieht. Das klingt ehrgeizig, was ist der erste Schritt? Unser Hauptziel war es, die individuellen und organisatorischen Führungsstrategien zu ermitteln, die erforderlich sind, um grenzüberschreitende Krisen erfolgreich anzugehen. Der Ausgangspunkt war daher die Bewertung der Herausforderungen, die einem effektiven grenzüberschreitenden Krisenmanagement im Zusammenhang und Anschluss an die Finanzkrise entgegenstehen. Allerdings mussten im Laufe des Projekts zusätzliche Kontextbedingungen in Betracht gezogen werden – vor allem die Flüchtlingskrise und der Brexit, aber auch die zunehmende Abkehr der Mitgliedstaaten. Ab diesem Zeitpunkt konzentrierte sich unsere Forschung auf die Bewertung der Hauptaufgaben, die mit einem wirksamen grenzüberschreitenden Krisenmanagement verbundenen sind, sowie auf die Frage, wie diese Aufgaben auf verschiedenen Regierungsebenen durchgeführt und auf unterschiedliche Krisenarten angewendet werden können. Zum Beispiel haben wir die Bedeutungsgebung von politischen Führungskräften während der Finanzkrise, das Vorhandensein von Fähigkeiten zum Krisenmanagement in EU-Institutionen, die Interaktion zwischen den Verwaltungssystemen der EU und der Mitgliedstaaten in einer Vielzahl von Politikbereichen und die zunehmenden Auswirkungen der Abkehr einiger Mitgliedstaaten bewertet. Solche Maßnahmen sollten durch die Entwicklung effektiver Strategien zur Förderung des Wissensaustauschs und der Wissensverbreitung vorangetrieben werden, die dazu in der Lage sind, die Fähigkeit Europas zur Bewältigung grenzüberschreitender Krisen zu verbessern. Sie haben das Wort „Abkehr“ erwähnt, was muss man sich darunter vorstellen? Was hier gemeint ist, ist die absichtliche Abwendung von den liberalen demokratischen Verfassungsnormen, auf denen die EU beruht. Derartige Abwendungen sind in der zunehmenden Renationalisierung der Wahlpolitik und der Annahme von politischen Maßnahmen zu sehen, die sich in einer Reihe von Mitgliedstaaten von den allgemein akzeptierten europäischen Verfassungsnormen entfernen oder ihnen sogar widersprechen. Im Rahmen des TransCrisis-Projekts wurden verschiedene Indikatoren ermittelt, die einer verantwortungsvollen Staatsführung und den Grundprinzipien der EU-Mitgliedschaft Rechnung tragen. Dazu gehören die Rechtsstaatlichkeit und die Korruptionsbekämpfung sowie Schutzmaßnahmen gegen die Diskriminierung aufgrund des Geschlechts, einer Behinderung oder aus ethnischen Gründen. Anschließend haben wir diesen Index verwendet, um zu untersuchen, warum und wie häufig sich die EU-Mitgliedstaaten von den Verfassungsnormen abwenden. Leider sind die Ergebnisse ernüchternd. Viele Mitgliedstaaten vernachlässigen ihre Verpflichtungen, manche mehr, manche weniger. Obwohl Ungarn und Polen besonders hervorstechen, sind sie bei weitem nicht allein. Was hat die EU gegen die Abkehr von den Verfassungsnormen unternommen? Wir haben es hier mit einer besonders schwierigen grenzüberschreitenden Krise zu tun. Die Durchsetzung des EU-Regelwerks könnte fehlschlagen und in die Hände nationalistischer Politiker spielen, was das Feuer der Desintegration weiter anheizen würde. Zum Beispiel hat die Europäische Kommission Ende 2017 ein Verfahren gegen Polen eingeleitet. Aus unseren Untersuchungen geht jedoch hervor, dass es fraglich ist, ob solche Maßnahmen andere Mitgliedstaaten von einer Abkehr abhalten werden. Fraglich ist auch, ob andere Mitgliedstaaten einer Aussetzung der EU-Mitgliedschaft eines Staates jemals einstimmig zustimmen würden. Insgesamt stellten wir fest, dass die Abkehr von den Verfassungsnormen eine ausgeprägte grenzüberschreitende Krise für die Europäische Union darstellt – eine Krise, die bei einigen Mitgliedstaaten auf eine steigende Tendenz hindeutet, die EU-Gesetzgebung vorsätzlich zu ignorieren oder sie offen zu hinterfragen. Dadurch bedrohen sie das Gefüge der Union selbst. Da die EU nicht in der Lage ist, dieses Problem wirksam zu lösen, steht sie nun an einem kritischen Punkt, bei dem es darum geht, eine weitere Abkehr von den traditionellen demokratischen Werten zu verhindern. Wenn wir akzeptieren, dass wir in einer Zeit leben, in der die Skepsis gegenüber grenzüberschreitenden Kooperationen Teil der politischen Debatte ist, was kann die EU dann noch tun? Die Verbesserung der Kapazitäten für die grenzüberschreitende Krisenbewältigung ist für das Überleben der Europäischen Union von entscheidender Bedeutung. Das Problem ist, dass sich die EU-Organe und Mitgliedstaaten nicht nur uneins darüber sind, welche Vorgehensweise am besten dafür geeignet ist, auf grenzüberschreitende Krisen zu reagieren, sondern sogar darüber, was eine grenzüberschreitende Krise überhaupt ausmacht. Es gibt daher keine einfachen Antworten. Um eine wirksame grenzüberschreitende Verwaltung im Kontext der EU zu entwickeln, ist es wichtig zu erkennen, dass es für die verschiedenen Arten von grenzüberschreitenden Krisen keine einheitliche Antwort gibt. Stattdessen müssen wir die Zielkonflikte zwischen unterschiedlichen Modellen des Krisenmanagements in Bezug auf eine angemessene Regierungsebene sowie im Hinblick darauf berücksichtigen, inwiefern vorgeschriebene gemeinsame Regeln bindend sind. Krisenmanagement erfordert schließlich Diskretion, denn jede Krise ist anders. In der unmittelbaren Zukunft ist die Entwicklung wahrhaft grenzüberschreitender Kapazitäten für die Krisenbewältigung auf EU-Ebene erforderlich, die über den derzeitigen, meist sektoralen Schwerpunkt (d. h. GD) hinausgehen. Zum anderen muss den administrativen Voraussetzungen mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden, um ein effektives Krisenmanagement zu gewährleisten, was u. a. die Durchführung von „Stresstests“ in den Behörden der Mitgliedstaaten beinhalten könnte.

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