Genetischen Zusammenhängen bei der Entstehung von Lungenerkrankungen auf der Spur
Die chronisch obstruktive Lungenerkrankung (Chronic Obstructive Pulmonary Disease, COPD) ist eine unheilbare Lungenerkrankung, die kontinuierlich fortschreitet und jährlich über 5 Millionen Menschen das Leben kostet. Rauchen ist zwar nach wie vor der größte Risikofaktor für eine Erkrankung. Doch auch die genetische Veranlagung spielt dabei eine wesentliche Rolle, denn nur einer von vier Rauchern hat ein erhöhtes Risiko, an COPD zu erkranken. Ein breiteres Wissen zu den Hintergründen, weshalb manche Menschen eine stärkere genetische Disposition besitzen, COPD zu entwickeln, könnte entscheidende Fortschritte für die Diagnosestellung und Entwicklung effektiverer Therapien bedeuten. Zum Beispiel können, wenn ihr Vorliegen frühzeitig bekannt ist, genetische Risikofaktoren als Biomarker herangezogen werden und Personen mit besonders hohem Krankheitsrisiko kann zur Vermeidung einer Erkrankung an COPD vom Zigarettenkonsum abgeraten werden. Durchbruch in der Genetik Wissenschaftlern ist auf diesem Gebiet kürzlich ein großer Durchbruch gelungen. Aufbauend auf den bahnbrechenden Erkenntnissen des EU-finanzierten Projekts COPACETIC führte ein internationales Forscherteam eine umfassende Genomanalyse durch und konnte dabei für 13 genetische Regionen erstmals ermitteln, dass sie mit COPD assoziiert sind. Des Weiteren konnten sie auch vier genetische Regionen finden, deren Assoziation mit der Lungenfunktion allgemein bislang nicht bekannt war. Auch konnte herausgefunden werden, dass die genetischen Risikofaktoren für COPD teilweise mit denen identisch sind, die für Asthma und Lungenfibrose bekannt sind. Auf Grundlage dieser Erkenntnisse werden Wissenschaftler Personen mit hohem Krankheitsrisiko identifizieren und zur Behandlung bereits Erkrankter neue Therapieformen entwickeln können. „Nur dank der großen gemeinsamen Anstrengungen, wie sie dieses Projekt geprägt haben, konnten Erkenntnisse dieser Tragweite gewonnen werden. Die Ergebnisse beziehen nicht nur zuvor erlangte Erkenntnisse zu COPD mit ein, sie zeigen auch mögliche Zusammenhänge mit anderen Lungenkrankheiten wie Lungenfibrose und Asthma auf, und könnten den Grundstein für eine präzisionsmedizinische Strategie zur Behandlung von mehr als nur einer Lungenkrankheit legen“, erklärt Dr. James Kiley, Direktor der Abteilung für Lungenkrankheiten am National Heart, Lung and Blood Institute (NHLBI) der US-amerikanischen National Institutes of Health (NIH). Vorhandenes Wissen als Grundlage Wissenschaftlicher Fortschritt geht aus der kontinuierlichen Weiterentwicklung zuvor gewonnener Erkenntnisse hervor. Im Falle des vorliegenden Projekts auf dem Gebiet der COPD wurde der Grundstein durch die Arbeit des Projekts COPACETIC gelegt. In diesem Projekt führte ein Konsortium aus Forschern aus den Niederlanden, Dänemark, Deutschland, Schweden und Polen bei Menschen mit hohem Krankheitsrisiko einen genomweiten Scan durch und erfasste dabei genetisches Material von tausenden Rauchern wie Nichtrauchern aus ganz Europa. Genomweite Assoziationsscans (GWAS) auf COPD lieferten etwa 350 DNA-Variationen, die im Anschluss untersucht wurden. Es wurden auch Studien zur Identifikation von Genen, die an der chronischen Hypersekretion von Schleim beteiligt sind, ebenso wie zur Findung von Genfaktoren für ein Nachlassen der Lungenfunktion durchgeführt. Die Ausgangsstudien ergaben, dass COPD entweder Folge einer Behinderung des Atemstroms oder beschädigten Gewebes ist, nicht jedoch beider Ursachen. Dank internationaler Anstrengungen, der genetischen Komponente von COPD auf den Grund zu gehen, konnte gezeigt werden, dass Rauchen zwar der Hauptauslöser von COPD-Erkrankungen ist (und das Einstellen des Rauchens unabdingbar für eine Verbesserung der Symptome), das alleinige Aufgeben dieser Gewohnheit allerdings nicht ausreichend sein dürfte, um die Krankheit vollständig zu besiegen. Wer an COPD erkrankt, wird eindeutig durch genetische Faktoren mitbestimmt. Die Aufgabe besteht jetzt darin, Biomarker effizient zur Identifizierung von Menschen mit erhöhtem Krankheitsrisiko zu nutzen und individuell abgestimmte Therapien zu entwickeln. Weitere Informationen: Projektwebsite
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