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Inhalt archiviert am 2024-04-18

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Stammzellen zur Überwindung degenerativer Muskelerkrankungen stärken

Dr. David Sassoon, Leiter des ENDOSTEM-Projekts, spricht über die Arbeit seines Teams zur Identifizierung einer Substanz, die in der Lage ist, bereits im Muskelgewebe vorhandene Stammzellen zu stärken, um eine effizientere Gewebereparatur zu ermöglichen.

Im Rahmen des ENDOSTEM-Projekts wurden beachtliche Fortschritte bei der Verwendung endogener Stammzellen zur Bekämpfung degenerativer Muskelerkrankungen erzielt. Obwohl das Projektteam verschiedenen Herausforderungen gegenüberstand, legen dessen Erkenntnisse den Grundstein für neue Behandlungsstrategien. Bei der Muskeldystrophie (MD) handelt es sich um eine degenerative Muskelerkrankung. Von einer der bekanntesten Formen dieser Erkrankung, der Muskeldystrophie Duchenne, ist laut Angaben der unter dem RP7 finanzierten wissenschaftlichen Partnerschaft EuroStemCell weltweit einer von 3500 Jungen betroffen. Betroffene Patienten sind von einem fortschreitenden Schwund der Muskelmasse und -funktionen betroffen, ehe sie schließlich nicht mehr in der Lage sind, zu gehen. Es gibt kein Heilmittel und die verfügbaren Behandlungsmethoden können den Degenerationsprozess höchstens verlangsamen. Die biologischen Prozesse, die der Krankheit zugrunde liegen, gleichen einem Tauziehen: Wenn eine Muskelfaser beschädigt ist, kommunizieren die darin enthaltenen Stammzellen normalerweise über chemische Signale miteinander, verwandeln sich in Muskelfasern und replizieren sich selbst, bis der Muskel geheilt ist. Da bei einer Muskeldystrophie jedoch die Muskeln kontinuierlich beschädigt werden, ist das Reparaturpensum für die Stammzellen so hoch, dass diese erschöpfen und schließlich nicht mehr in der Lage sind, sich zu replizieren. Die Degeneration gewinnt die Oberhand über die Regeneration und beschädigte Muskelfasern werden durch Fettzellen und Narbengewebe ersetzt. Bis vor Kurzem hielten es Wissenschaftler für die beste Lösung, bei einer MD den Muskeln gesunde Stammzellen zu verabreichen, damit diese in der Lage wären, neue Muskelfasern zu bilden, um die beschädigten zu ersetzen. Dr. David Sassoon und sein Team halten diese Lösung jedoch für ineffizient und zu kompliziert. Daher zielt deren im Jahr 2010 ins Leben gerufene ENDOSTEM-Projekt (Activation of vasculature associated stem cells and muscle stem cells for the repair and maintenance of muscle tissue) darauf ab, Substanzen zu identifizieren, die in der Lage sind, bereits im Muskelgewebe vorhandene Stammzellen zu stärken, um eine effizientere Gewebereparatur zu ermöglichen. In diesem wenige Monate vor dem Abschluss des Projekts durchgeführten Exklusivinterview mit dem Magazin research*eu Ergebnisse berichtet Dr. Sassoon über die Erfolge des ENDOSTEM-Projekts und die Gründe, warum er und sein Team nicht in der Lage sein werden, sämtliche Projektziele zu erreichen. Worin bestand das oberste Ziel des ENDOSTEM-Projekts? Das oberste Ziel bestand darin, neue Behandlungsmethoden für Muskeldystrophie und degenerative Muskelerkrankungen zu finden. Der Grundgedanke hinter dem ENDOSTEM-Projekt war, eine Methode zu finden – anstatt Gewebe durch die Übertragung von Hornhaut oder viraler DNA zu ändern oder Stammzellen zu entfernen oder Stammzellen zu implantieren – mit der bereits vorhandene Stammzellen so mobilisiert oder stimuliert würden, dass diese ihre Aufgaben korrekt ausführten. Das Projekt lag der Feststellung zugrunde, dass es einen gewissen Zeitabschnitt gibt, in dem die Patienten zwar krank sind, jedoch kaum Symptome zeigen. Es ist bekannt, dass während dieser Periode die regenerativen Mechanismen bei Kindern hochaktiv funktionieren und dass diese Eigenschaft für ein Kräftegleichgewicht mit den degenerativen Prozessen sorgen kann. Wir gingen davon aus, dass wir durch die Mobilisierung der endogenen Stammzellen in der Lage wären, diese regenerative Kraft auf einem sehr hohen Niveau zu erhalten, sodass die Stammzellen in der Lage wären, Gewebe zu reparieren und gleichzeitig sicherzustellen, dass die Symptome der Erkrankung im Zaum gehalten würden. Ihr Ansatz beinhaltet nicht die Entnahme von Stammzellen aus dem Muskelgewebe des Patienten. Inwiefern soll das effektiver sein? Das Hauptproblem beim Entfernen, Reparieren und Implantieren von Stammzellen ist, dass dieser Vorgang äußerst kompliziert ist. In diesem Szenario gelten Stammzellen als Medikation und sind daher einem komplizierten Regelkatalog hinsichtlich deren Anwendung unterworfen. Die Einführung einer besser standardisierten pharmakologischen Medikation hinsichtlich etwa dem Wachstumsfaktor oder der Saccharide hingegen bedeutet – auch wenn diese noch genehmigt und getestet werden muss – weniger Hürden, als wenn auf lebende Zellen zurückgegriffen wird. Des Weiteren muss das Immunsystem nicht unterdrückt werden. Wie sind Sie auf diese Idee gekommen? Bevor das Projekt initiiert wurde, hatten verschiedene Gruppen und Forscher über eine Zusammenarbeit diskutiert. Als ich mir einen Überblick darüber verschaffte, welche Vorhaben tatsächlich verfolgt wurden, d.h. die Einführung genetischen Materials und/oder das Einpflanzen von Stammzellen, kam mir der Gedanke, dass es möglicherweise einen besseren Ansatz gäbe. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Frage, ob es möglich wäre, die endogene regenerative Leistung zu verbessern, kaum eine Rolle gespielt. Was sind Ihrer Meinung nach die zentralen Errungenschaften des Projekts? Eine der wichtigsten Erkenntnisse in den vergangenen fünf Jahren war, dass Informationen einen äußerst positiven Einfluss auf die Regeneration haben und dass wir diese Signale tatsächlich so verändern können, dass diese die Regeneration verbessern. Uns wurde außerdem bewusst, dass verschiedene Vorläuferzellen bei der Reaktionseingabe aktiviert werden und dass diese Vorläuferzellen während des gesamten Regenerationsprozesses miteinander kommunizieren. Wenn jedoch das Gleichgewicht zwischen verschiedenen Gruppen von Vorläuferzellen gestört ist, dann wird das Muskelgewebe nicht neu aufgebaut, sondern es entsteht eine Fibrose. Wir wissen jetzt dank der Arbeit, der am Projekt beteiligten Gruppen, viel mehr über die hierbei involvierten Prozesse. Also konnten sämtliche Projektziele erreicht werden? Leider nicht. Aufgrund der Krise in Europa wurde der Markt massiv erschüttert und dies bereitete manchen Unternehmen, mit denen wir zusammenarbeiteten, enorme Probleme – ein Unternehmen musste letztlich sogar während einer äußerst vielversprechenden klinischen Versuchsreihe aussteigen. In einem italienischen Unternehmen, dass an epigenetisch modifizierenden Medikamenten zur Verbesserung der Muskelzellenbildung während des Regenerationsprozesses interessiert war, fanden wir einen Ersatzpartner. Bürokratische Probleme mit der Kommission führten allerdings zu großen Verzögerungen. In der jetzigen Situation kann unser Projekt um kein weiteres Jahr verlängert werden – vor allem aufgrund des Starts von Horizont 2020 – und die letzten beiden klinischen Versuchsreihen, die wir für das Ende des Projekts eingeplant hatten, können wir nicht durchführen. Also können Sie Ihre Forschung nicht weiter verfolgen? Ein wichtiger Teil der Grundlagenforschung, zwei klinische Versuchsreihen und präklinische Arbeiten konnten abgeschlossen werden. Außerdem konnten wir eine Substanz identifizieren, die die Anzahl an Vorläuferzellen im Muskelgewebe erhöht. Entscheidende Versuche an Schweinen können allerdings nicht durchgeführt werden, da Unternehmen in dieser Situation Investitionen höchstwahrscheinlich zu riskant finden werden. Wir könnten uns für das Programm Horizont 2020 bewerben, hierzu müssten wir allerdings einen geeigneten Vorschlag ausarbeiten und dies wiederum würde zu Verzögerungen führen, während die Forschung ohne uns weitergeht. Die Zusammenarbeit wird mit Sicherheit teilweise fortgeführt und der Erhalt von Fördermitteln ist möglich, klinische Versuchsreihen sind allerdings stets schwer zu realisieren. Man muss lokale Behörden, EU-Behörden, sowie die Qualitätskontrolle und Bereitstellung berücksichtigen und natürlich muss das Einverständnis der Patienten eingeholt werden. Ein Verlängerung des Projekts wäre für uns die vernünftigste Lösung gewesen. Sie sagten, Sie seien in der Lage, eine Substanz zu identifizieren, die die Anzahl an Vorläuferzellen im Muskelgewebe erhöht. Dies war das zentrale Anliegen des Projekts. Wie weit fortgeschritten sind die Tests dieser Substanz? Wir haben eine Substanz entdeckt, die als Cripto bezeichnet wird und die in Italien entwickelt und an Mäusen getestet wurde. Hinsichtlich einer Erhöhung der Anzahl an Vorläuferzellen scheint die Substanz äußerst vielversprechend zu sein. Das Haupthindernis bestand darin, einen Weg zu finden, wie dieses Peptid in das Muskelgewebe übertragen werden könne, ohne dass eine Immunreaktion ausgelöst werden würde. Wir führten drei Testreihen durch und in einem nächsten Schritt sollten Tests an großen Tieren durchgeführt werden – in diesem Fall an Schweinen. Leider können wir diesen Teil der Arbeit nicht durchführen. Welche Hoffnungen haben Sie für das Programm Horizont 2020 in Anbetracht der schwierigen Erfahrungen, die Sie machen mussten? Ich denke es wird von großer Bedeutung sein, dass die EU ihre Flexibilität im Falle unvorhergesehener Ereignisse steigert. Dies war meiner Meinung nach einer der Schwachpunkte des RP7. Die finanzielle Unterstützung der EU hat sich jedoch in vielerlei Hinsicht äußerst positiv ausgewirkt: Dank der Unterstützung konnten wir zahlreiche Publikationen in renommierten Zeitschriften veröffentlichen und dem Projekt über das Netzwerk hinaus eine wichtige Anhängerschaft sichern. Dies half uns zudem dabei, junge und erfahrene Forscher zusammenzubringen. Weitere Verbundsrojekte sind außerdem geplant oder bereits im Gange. Was ist Ihr nächstes Ziel? Die Grundlagenforschung ist praktisch nie abgeschlossen. Es gilt immer noch herauszufinden, welchen Ursprung die zwischen Vorläuferzellen übertragenen Signale haben. Eine weitere Frage, die mich noch mehr beschäftigt, ist, warum die Regenerationskraft im Zuge des Alterungsprozesses letztlich schwindet. Weitere Informationen sind abrufbar unter: ENDOSTEM http://www.endostem.eu/

Länder

Frankreich

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