Spezifisches Forschungs- und technologisches Entwicklungsprogramm (EWG) auf dem Gebiet von Biomedizin und Gesundheit, 1990-1994
Der Grundsatz der Subsidiarität gelangt dabei maximal zur Anwendung. Die Harmonisierung der Vorgehensweisen und Methodologien der einzelnen Programme wird gefördert. Die Projekte dieses Programms sollen eine europäische Dimension auf der Basis von Forschungsnetzen haben. Die Stärkung dieser Netze, insbesondere durch die Einrichtung "Europäischer Laboratorien ohne Wände" stellt auf die Entwicklung spezifischer, konkurrierender Themenbereiche ab. Die Mobilität von Forschern zwischen beteiligten Laboratorien wird gefördert, auch für kürzere Zeiträume. Harmoniserte, für einschlägige Protokolle spezifische, Methoden sollen gewährleisten, daß die im Rahmen der in der Gemeinschaft durchgeführten Projekte ermittelten Daten analysiert und anderenorts in der Gemeinschaft genutzt werden können. Durch Koordinierung einzelstaatlicher Maßnahmen soll effektive Nutzung der Ressourcen gewährleistet werden.
Der Schwerpunkt liegt dabei auf neuen Wegen zur Behandlung von die Gesellschaft als ganzes betreffenden Krankheiten (insbesondere AIDS, Krebs, Herz- und Gefäßerkrankungen und Geisteskrankheiten), des Alterns und altersbedingter Probleme und Behinderungen durch Harmonisierung der Methodologien und Protokolle bei der epidemiologischen, biologischen, klinischen und technologischen Forschung. Die Maßnahmen erstrecken sich auch auf die Analyse des menschlichen Genoms und werden eng mit Arbeiten anderenorts an den anderen Genomen koordiniert. Dabei wird mit Umsicht vorgegangen, und den ethischen, sozialen und rechtlichen Aspekten dieser Arbeit wird besondere Aufmerksamkeit gewidmet, insbesondere auf Gebieten, wo die Möglichkeit eines Mißbrauchs der Forschungsergebnisse besteht.
Auch Reihenuntersuchungen zur Früherkennung von Risikofaktoren zur Förderung der Entwicklung und Beurteilung vorbeugender und therapeutischer Mittel und für das Management von Gesundheitsdiensten sollen in die Arbeiten einbezogen werden.
Leistung eines Beitrags zur Verbesserung der Wirkung medizinischer und Gesundheitswesenforschung und -entwicklung in den Mitgliedstaaten, insbesondere durch bessere Koordinierung ihrer Forschungs- und Entwicklungsmaßnahmen und der Anwendung der Ergebnisse durch gemeinschaftliche Zusammenarbeit und gemeinschaftlichen Nutzung des Fundus.
Vier Gebiete:
- Entwicklung koordinierter Forschung über Vorbeugungsmaßnahmen, Pflege und Gesundheitswesen (Harmonisierung der Methodologien und Protokolle bei der epidemiolischen, biologischen und klinischen Forschung):
. Vorwettbewerbliche Erprobung von Arzneimitteln mit dem Ziel verbesserter Harmonisierung von Normen und Parametern und Forschung auf dem Gebiet der Beobachtung und Überwachung der Verschreibungspraxis, der Patienten-Compliance und des Auftretens von Gegenreaktionen auf Medikamente;
. Erforschung von Risikofaktoren, insbesondere aus der Sicht der Arbeitsmedizin, mit Hinblick auf die Identifizierung potentieller Risikofaktoren und die Früherkennung von Krankheiten;
. Biomedizinische Technologie: Entwicklung kohärenter Systeme und Prozeduren für Diagnose, Therapie, Vorbeuge, Pflege und Rehabilitierung, Koordinierung von Grundforschung (Modellierung) und angewandte technologische Forschung;
. Unterstützung von Mehrfachstudien von Ländern, die Wege zur Erteilung von Patenten und Zulassungen für das Marketing neuer medizinischer Produkte eröffnen;
. Betonung der Harmonisierung von Protokollen und Vorgehensweisen von Gesundheitsdiensten, insbesondere im Hinblick auf Europa 1992;
- Gravierende Gesundheitsprobleme und Krankheiten mit gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Wirkung:
. AIDS: Vorbeuge, Grundforschung, klinische Forschung, Entwicklung eines europäischen Impfstoffs gegen AIDS (EVA), Erprobung von virushemmenden Medikamenten bei der AIDS-Behandlung (ADAM);
. Krebs: Genomische und phenotypische Veränderungen von Krebszellen und Beobachtung des Immunverhaltens, verbesserte Methodologien, Beziehungen zwischen Risikofaktoren und Krebserkrankungen, pädiatrische Krebskunde;
. Herz- und Gefäßkrankheiten: Beziehungen zwischen genetischen Faktoren, Lebensstil, Ernährung und dem Auftreten und der Entwicklung von Herz- und Kreislaufstörungen, die Wirkung von vorbeugenden und therapeutischen Maßnahmen, die Entwicklung von Diagnosemethoden ohne Eingriff und die Erprobung von Medikamenten;
. Geisteskrankheiten und neurologische Erkrankungen: Ätiologische Faktoren und Veranlagungen, ätiopathogenische Mechanismen, Enzymologie, Neuroendokrinologie, Genetik, psychosoziale Phänomene während der Entwicklung von Krankheiten;
. Der Alterungsprozeß und altersbedingte Gesundheitsprobleme und Behinderungen: Perinatale und Kinderkrankheiten, die Wirksamkeit vorbeugender und therapeutischer Maßnahmen, der Alterungsvorgang unter unterschiedlichen sozialen Verhältnissen, spezifische, alterungsbedingte Pathologien, Dysfunktion und reduzierte funktionelle Kapazität, Methoden zur Organverpflanzung, Umwelteinwirkungen;
- Analyse des menschlichen Genoms:
Ziele sind weiterhin die Vervollständigung und Integration der genetischen und physikalischen Kartierung mit Schwerpunkt auf der Studie der genetischen Grundlage der biologischen Funktionen und der Einrichtungen eines Mechanismus für die Koordinierung der Genomsequenzen von größtem biologischen Interesse;
- Forschung auf dem Gebiet der biomedizinischen Ethik;
. Auswertung von Fragen der biomedizinischen Ethik in Verbindung mit dem gegenwärtigen Forschungsprogramm;
. Bestimmung der sozialen Wirkung des Programms und der mit ihm verbundenen, möglichen Risiken (einschließlich von technologischen Risiken).
Die Kommission ist für die Durchführung des Programms verantwortlich. Dabei wird sie durch einen aus Vertretern der Mitgliedstaaten gebildeten Ausschuß unter dem Vorsitz eines Vertreters der Kommission unterstützt.
Das Programm umfaßt Forschungs- und technologische Entwicklungsprojekte (FTE-Projekte). konzertierte Aktionen und flankierende Maßnahmen.
Die FTE-Projekte werden im Rahmen von Verträgen auf der Basis von Kostenteilung durchgeführt, wobei die finanzielle Beteiligung der Gemeinschaft unter normalen Umständen 50% nicht überschreitet. Hochschulen und andere Forschungsstellen können entweder für jedes Projekt eine Bezuschussung mit 50% des Gesamtaufwands beantragen, oder die 100%ige Finanzierung der zusätzlichen Grenzkosten. Der Abschluß von Verträgen über Forschungsprojekte auf der Basis von Kostenteilung muß unter normalen Umständen nach Abschluß des Auswahlverfahrens aufgrund einer im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften bekanntgemachten Aufforderung zur Unterbreitung von Vorschlägen erfolgen. Als allgemeine Regel gilt, daß sich wenigstens zwei voneinander unabhängige Partner aus unterschiedlichen Mitgliedstaaten an einem Projekt beteiligen müssen.
Forschungsverträge über die Analyse des menschlichen Genoms (Verbesserung der Kartierung der menschlichen Gene) müssen gewährleisten, daß Mitglieder der beteiligten Familien voll informiert werden und der Nutzung und Studie ihrer DNA zugestimmt haben. Außerdem muß vollständige Vertraulichkeit und Anonymität der persönliche Daten gewährleistet bleiben. Im Rahmen des Programms darf keine Forschung unter Änderung oder mit dem Versuch der Änderung des genetischen Erbes von Menschen durch Veränderung von Keimzellen oder Beeinflussung des Embryos in seinen verschiedenen Entwicklungsstadien durchgeführt werden, die zur Vererbung von Änderungen führt.
:Die flankierenden Maßnahmen bestehen aus:
- Veranstaltung von Seminaren, Workshops und wissenschaftlichen Konferenzen;
- Interne Koordinierung durch Bildung integrierender Gruppen;
- Fortgeschrittene Technologie-Bildungsprogramme mit dem Schwerpunkt auf Multidisziplinarität;
- Förderung der Nutzung der Forschungsergebnisse;
Unabhängige wissenschaftliche und strategische Auswertung der Funktion von Projekten und des spezifischen Programms.
Konzertierte Aktionen bestehen aus gemeinschaftlichen Maßnahmen zur Koordinierung der einzelstaatlichen Forschungsaktivitäten. Solche Maßnahmen können mit bis zu 100% des Koordinierungsaufwands bezuschusst werden.
Gemäß Artikel 130 n des Vertrags ist die Kommission zur Verhandlung internationaler Abkommen mit Drittländern befugt, die COST-Mitglieder sind, insbesondere den EFTA-Mitgliedsländern und den mittel- und osteuropäischen Ländern, damit sich auch diese ganz oder teilweise an dem Programm beteiligen können. Bei Bereich 3-Projekten (Analyse des menschlichen Genoms) kann diese Option auf andere Drittländer und internationale Organisationen ausgedehnt werden, um ihre Beteiligung an dem gesamten Programm zu ermöglichen.
Kein Vertragsunternehmer außerhalb der Gemeinschaft, der als Partner an einem Projekt im Rahmen des Programms teilnimmt, kann in den Genuß gemeinschaftlicher Finanzierungsmittel aus diesem Programm kommen. Ein solcher Partner hat zu den allgemeinen Verwaltungskosten beizutragen.
Die für die Durchführung des Programms erforderlichen gemeinschaftlichen Mittel werden mit 151 Mio. ECU veranschlagt. Ein Betrag von 1% des Haushaltsrahmens wird dabei als Beitrag des Programms zu einem zentralisierten System für die Verbreitung und Nutzung der Forschungsergebnisse zurückgestellt. Ein Betrag von 25 Mio. ECU ist ausschließlich für AIDS-Forschung reserviert, während 5% des Gesamthaushalts für die Ausbildung von Forschern und Spezialisten bestimmt ist.
Das bei der Abwicklung der Projekte gesammelte Fachwissen wird sowohl im Rahmen der Projekte als auch im Rahmen eines zentralisierten Systems verbreitet.
Im zweiten Jahr der Durchführung erfolgt eine Prüfung des Programms durch die Kommission mit Berichterstattung an das Europäische Parlament und den Rat. Bei Programmende erfolgt eine Auswertung der erzielten Ergebnisse durch eine Gruppe von unabhängigen Experten, die den gleichen Gremien unterbreitet wird.