Erste Studien am Menschen belegen hohe Verbreitung von Diabetes und Herzkreislauferkrankungen bei Schichtarbeitern
Der circadianer Rhythmus, genauer gesagt dessen sogenannte Uhr-Gene, ist im Grunde genommen das Programm, das uns sagt, wann wir schlafen, aufwachen oder essen sollen – die innere Uhr. Bei Schichtarbeitern steht diese innere Uhr jedoch vor großen Herausforderungen, die bis hin zu Diabetes und Herzkreislauferkrankungen sowie Insulinresistenz und Störungen beim Glukosestoffwechsel führen können. Ohne Studie mit menschlichen Probanden hatte das Team von EURHYTHDIA (Chronotherapeutic lifestyle intervention for diabetes and obesity to reset the circadian rhythm and improve cardiometabolic risk in the European working population) zwei Fragen zu beantworten: Was ist der Kausalzusammenhang zwischen Störungen im Bio-Rhythmus und der Entwicklung von Typ-2-Diabetes? Verändert die Neu-Einstellung der inneren Uhr durch Dinge wie Sport, Ernährung, Lichteinwirkung und Melatoninaufnahme das kardiometabolische Risiko bis zu einem klinisch relevanten Grad? "Zu Beginn des Projekts war unklar, bis zu welchem Ausmaß Schichtarbeit einen direkten Einfluss auf die Genexpression des Rhythmussystems haben könnte und ob bestimmte Marker für die Entwicklung von Diabetes und Herzkreislauferkrankungen bei Schichtarbeitern prädiktiv sein könnten", erinnert sich Prof. Rainer Böger, Projektkoordinator und Direktor vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf. Zur Schließung dieser Wissenslücke machte man es sich bei EURHYTHDIA zum Ziel, neuartige prädiktive Marker zur Entstehung von Diabetes und Herzkreislauferkrankungen bei Schichtarbeitern zu bestimmen. Das Team untersuchte auch, ob interventionelle Strategien wie Lichttherapie, Melatonin oder körperliche Aktivitäten das Uhrsystem wieder zurücksetzen können, und ob ähnliche Strategien möglicherweise eine Auswirkung auf den Übergang vom Prädiabetes zum Diabetes bei gefährdeten Patienten haben. Es wurden Versuche an gesunden Nachtschichtarbeitern durchgeführt, während Personen mit metabolischem Syndrom oder Diabetes ausgeschlossen wurden. "In einer Querschnittstudie zu nachts arbeitenden Krankenpflegern in Italien wurden Veränderungen beim Stoffwechsel und den Gefäßwänden im Vergleich zur Kontrollgruppe festgestellt", erklärt Prof. Böger. "Die Analyse zeigte, dass sogar nach einer mehrjährigen Unterbrechung der Nachtschichten bei diesen Krankenpflegern dieselben Schäden gefunden wurden, was möglicherweise darauf hinweist, dass das metabolische Gedächtnis noch nach der Nachtschichtarbeit anhält. Andere Faktoren wie Epigenetik und andere Mechanismen werden untersucht." In einer klinischen Studie wurde bewiesen, dass Lichttherapie bei Krankenpflegern keine Auswirkung auf den Glukosestoffwechsel hat, zumindest in dem kurzen Interventionszeitraum von drei Monaten. Hin zu einer Früherkennung bei Patienten Präklinische Studien mit Mäusen waren erfolgreicher, wie Prof. Böger betont: "Unser Team in Lille bewies, dass Rev-erb-α, ein Regulator der inneren Uhr, auch ein pharmakologisches Ziel ist, um Bio-Rhythmen wiederherzustellen und damit die metabolische Homöostase zu verbessern und Entzündungen zu reduzieren. Dies hat möglicherweise wichtige klinische Implikationen für Diabetes und Arteriosklerose." Ein anderes Team hat in Helsinki die Zebrafischlarve als zuverlässiges und kosteneffizientes Tiermodell für Studien zu Schlaf und zum circadianen Rhythmus erkannt. Dadurch sollte man schneller auf spezifische Forschungsfragen reagieren können, wie zum Beispiel zur additiven Wirkung von Lichtverhältnissen, Schlafentzug und Ernährungsfaktoren auf das Verhalten und die physiologischen Faktoren von Larven. "Diese Ergebnisse können dabei helfen, potenziell identische Auswirkungen bei Menschen zu erkennen. Mit dem Modell lassen sich auch Empfehlungen zur Gestaltung von Arbeitsschichten, Ernährungsplänen und Plänen zur optimalen Lichtausnutzung geben, die die schädlichen Auswirkungen auf Schichtarbeiter minimieren." Letztendlich könnte mit EURHYTHDIA die Grundlage für zukünftige Forschung und allgemeine Empfehlungen für Schichtarbeiter gelegt werden. Dies ebnet auch den Weg für künftige klinische Studien zur Identifizierung effektiver Strategien, um kardiovaskuläre Morbidität und Mortalität bei Schichtarbeitern zu reduzieren.
Schlüsselbegriffe
EURHYTHDIA, Diabetes, Herzkreislauferkrankung, Biomarker, circadianer Rhythmus, Schichtarbeiter, prädiktive Marker, Krankenpfleger, Lichttherapie, Glukose, Arteriosklerose