Seeanemonen geben Einblick in Entwicklung des Nervensystems
Die zur Klasse der Nesseltiere (Cnidaria) gehörenden Korallen, Quallen und Seeanemonen besitzen kein zentrales Nervensystem. Das EU-finanzierte Forschungsprojekt 'Analysis of the neural transcriptome of the sea anemone Nematostella vectensis' (ANTSAN) befasste sich näher mit dem einfachen Aufbau dieses Nervensystems. So erstellte ANTSAN Genexpressionsprofile von Neuronen bei der Seeanemone Nematostella und wählte aus der Datenreihe Gene für Funktionsanalysen aus. Aufgrund technischer Probleme bei der RNA-Erfassung von isolierten Neuronen beschränkte man sich allerdings auf zwei der wichtigsten Moleküle – einen Promoter und einen Inhibitor der Neurogenese: den NvSoxB(2)- bzw. Notch-Signalweg. Mittels Knockdown-Methode (Morpholino Oligos), transgener Modelle und medikamentöser Strategien wurde das Zusammenspiel zwischen den beiden Regulatoren untersucht. NvSoxB(2) spielt offenbar eine wichtige Rolle bei der frühen neuronalen Entwicklung. Es wird in neuronalen Vorläuferzellen exprimiert, die sich später zu Nervenzellen im Ektoderm und Endoderm weiterentwickeln. Analysiert wurde zwar auch das Zusammenspiel zwischen NvSoxB(2) und anderen Regulatoren, der Schwerpunkt der Studie lag jedoch auf der Interaktion mit dem Notch-Signalweg, da er für die Regulierung proneuronaler Faktoren wichtig ist. Die aussagefähigen Ergebnisse über zelluläre und molekulare Ereignisse bei N. vectensis werden demnächst in den renommierten Fachblättern Current Biology und Development veröffentlicht. Auch nach Projektende werden die Forschungen von ANTSAN weitergeführt, etwa im Rahmen vergleichender Mikroarrayanalysen bei Seeanemonenlarven mit Knock-down- und vollständig ausgebildeten Nervensystemen. Die Ergebnisse von ANTSAN zeigen, welche Gene die Neurogenese steuern, und enthüllen die Entwicklungsgeschichte einfacher Nervensysteme. Von Bedeutung ist dies für biomedizinische Forschungen zur Nervenregeneration und Therapie, da Seeanemonen in jeder Lebensphase Nervenzellen regenerieren können. Die Forschungsergebnisse könnten neue therapeutische Optionen für die Regeneration von Nervenzellen nach Schädigungen und Nervenerkrankungen beim Menschen befördern.