Neues Konzept zur Modellierung des Schweißens
Mehr als 50 % der weltweit im Einsatz befindlichen Haushaltsgeräte und technischen Bauteile enthalten Schweißverbindungen, was letztlich bedeutet, dass das Schweißen immer noch eine wichtige Säule vieler Volkswirtschaften darstellt. Die geschmolzenen Materialien bilden hier ein Schmelzbad aus Metall, das erstarrt und eine Verbindung ausbildet. Will man Risse und Fehler vermeiden, ist das Verständnis der Grenzflächenchemie und der komplexen Kristallmorphologie maßgeblich. Wissenschaftler und Ingenieure haben das von der EU geförderte Projekt "Modelling of interface evolution in advanced welding" (MINTWELD) ins Leben gerufen, um einen Multiskalen- und Multi-Physik-Modellierungsrahmen zur Simulierung von Grenzflächenchemie und Kristallbildung zu entwickeln. Im Gegensatz zu den konventionellen experimentellen Methoden sollte dieser neue Computermodellierungsansatz dazu beitragen, den Bau von Tiefseegas- und -öltransportsystemen zu lenken. Die MINTWELD-Modellierungssoftware war in der Lage, die wichtigsten Phänomene des Schweißprozesses in sämtlichen relevanten Größenmaßstäben zu beschreiben. Speziell wurde Wert auf die Entwicklung der Fest-Flüssig-Grenzfläche gelegt. Das Rahmenwerk verknüpfte die atomistische Ab-initio- und molekulardynamische (MD) Grenzfläche und Rissmodelle mit nanoskaliger Phasenfeld-Korngrenze (PF), Grenzflächenchemie und Strukturmodellen. Sie vereinte man mit mesoskaligen Front-Tracking-Modellen (FT), die das Kristallwachstum und die Korngrößenverteilung beschreiben, und auf Makroebene geltenden CFD-Modellen (numerische Strömungsmechanik, Computational Fluid Dynamics) von Wärme und Massenstrom. Mit Hilfe von Fluidströmungs-, Erstarrungs-, PF- und FT-Modellen stellte MINTWELD thermodynamische, kinetische Daten sowie Elementsegregationsdaten bereit, die für die Entwicklung der Erstarrungsgrenzfläche und die Korngrenzen Relevanz besitzen. Ab-initio-und MD-Untersuchungen lieferten die Oberflächen- und Grenzflächenenergien. Unter Einsatz von Echtzeit-Synchrotronbildgebung konnten die Wissenschaftler die morphologische Entwicklung der Schweißfronten und die internen Strömungen im Schmelzbad beobachten. Überdies wurden ein Elektronensondenmikroanalysator und eine Atomsonde verwendet, um die Legierungszusammensetzung nahe den Korngrenzen zu charakterisieren. MINTWELD erforschte Wege zum einfacheren, sichereren und sparsameren Schweißen durch die Nutzung neuer Technologien und topmoderner Computermodellierungsverfahren. Da man Kontrolle über die Struktur und die Eigenschaften bekommen hat, bieten die MINTWELD-Ergebnisse die Chance auf eine drastische Verbesserung der Schweißleistung und somit die Erschließung neuer Märkte für die EU Schweißindustrie.
Schlüsselbegriffe
Schweißen, Schweißverbindungen, Grenzflächeentwicklung, fortgeschrittenes Schweißen, Schweißverfahren, Molekulardynamik, Rissmodelle, Korngrenzen, Grenzflächenchemie, Strukturmodelle, Kristallwachstum, Grenzflächenenergien, Schweißbad, Legierungschemie