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Inhalt archiviert am 2024-04-23

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Feature Stories - Intelligente Fracht für eine effizientere, grünere Logistik

Eine intelligente Fracht weiß, wo sie ist, wohin sie geht, wann sie dort sein muss und wer sie transportiert- eine Revolution, die zu mehr Effizienz und Umweltschutz in der Logistikindustrie beitragen und Lieferanten sowie Empfängern Zeit und Geld sparen könnte. EU-geförderte Forscher haben als Konzeptnachweis ein "intelligentes Frachtsystem" entwickelt, das all diese Vorteile und mehr verspricht.

Jeden Tag sind Millionen Lastwagen, Güterzüge und Frachtschiffe auf der ganzen Welt unterwegs. Sie verursachen zusammen mehr als 14 % der weltweiten Treibhausgasemissionen und rund ein Drittel des gesamten Energieverbrauchs. In verschwenderischer Weise fahren viele Fahrzeuge ohne Ladung. Trotz aller Bemühungen zur Verbesserung des Güterverkehrs fährt jeder LKW auf Europas Straßen derzeit noch rund die Hälfte seiner Strecken unbeladen: auf der Rückfahrt von einer Lieferung oder unterwegs zur nächsten Ladung. Doch was wäre, wenn Ladungen ihren Zweck und ihr Ziel selbst kennen? Sie könnten selbst freien Platz auf LKWs in der Nähe finden, Logistikunternehmen ihren Standort und Empfängern die voraussichtliche Ankunftszeit mitteilen. Verderbliche Waren und Gefahrgüter könnten genau überwacht, Transportwege zur Vermeidung von Staus dynamisch geändert werden, und der gesamte Verkehrssektor erheblich effizienter arbeiten. "Einfach gesagt, erhält eine intelligente Fracht das Wissen darüber, wer ich bin, wo ich bin, was meine Aufgabe ist und was ich tun muss, wenn etwas schief geht", sagt Margherita Forcolin von Insiel, einem IT-Dienstleister in Italien. "Aus Sicht der künstlichen Intelligenz ist das sehr einfach - sie reagiert lediglich auf das, was um sie herum passiert -, aus logistischer Sicht jedoch ein riesiger Schritt nach vorn." Insiel führte ein Konsortium aus 22 Unternehmen, Hochschulen und Forschungseinrichtungen zur Konzeptdefinition und Technologieentwicklung eines intelligenten Frachtsystems zusammen, das auf einer Kombination aus Sensornetzwerken, drahtloser Kommunikation und Umgebungs- bzw. künstlicher Intelligenz basiert. Gestützt durch Geldmittel der Europäischen Kommission in Höhe von 8,25 Mio. EUR, implementierte das EURIDICE*-Projektteam das System in acht verschiedenen Pilotstudien bei Transport- und Logistikunternehmen aus ganz Europa. Dabei zielte EURIDICE auf den Einsatz "kooperativer Systeme", d. h. Systeme (oder Objekte), die mithilfe moderner Kommunikationsnetze mit einander und ihrer Umgebung kommunizieren, um die richtige Information am richtigen Ort, zum richtigen Zeitpunkt und zu geringen Kosten zu liefern. Intelligente Fracht Die EURIDICE-Definition von intelligenter Fracht basiert auf sechs Schlüsselfähigkeiten. Zunächst muss die Ladung in der Lage sein, sich selbst zu identifizieren, sodass ein Lagermitarbeiter über ihre eindeutige ID den Inhalt von Containern, Paletten oder Kisten erkennen kann. Der Lagermitarbeiter wiederum muss auf Informationsdienste von Eignern, Spediteuren und Zollbehörden zugreifen können, um Art, Route und Abfertigungsstatus der Güter zu bestimmen. Außerdem muss die Ladung ihren Status selbst ermitteln und berichten können, ob sie zum Beispiel in einem LKW unterwegs ist oder in einem Lager auf Abholung wartet. Diesen Status sollte sie auch selbst überwachen, um je nach Art der Ladung deren Temperatur, Feuchtigkeit, Zustand einer Versiegelung oder mögliche Beschädigungen zu melden. Durch diese Informationen, kombiniert mit KI-Technologie, kann eine Ladung unabhängig handeln und autonome Entscheidungen treffen, um z. B. bei Abweichungen von der vorgegebenen Route oder Verzögerungen die Logistikplaner automatisch zu alarmieren. "Das System besteht aus zwei Teilen: die Sensoren, Datenspeicher, Software- und Übertragungskomponenten auf der Fracht selbst sowie eine fest verbundene Infrastruktur für die allgemeine Verwaltung des Systems", erklärt Margherita Forcolin, die Koordinatorin zur Entwicklung und Bereitstellung von EURIDICE. Welche Komponenten im Einzelnen wie einzusetzen sind, hängt von der gewünschten Anwendung ab. Frachtcontainer könnten zum Beispiel mit einer Reihe von Sensoren ausgestattet werden, die alle Inhalte und Bewegungen überwachen, während Produktverpackungen über RFID-Chips verfügen, die dem Logistikunternehmen einfach Inhalt und Zielort mitteilen. Und auch die Backend-Infrastruktur ist flexibel. Sie kann zur Steuerung aller Operationen bei Logistikunternehmen installiert sein, oder als Dienstleistung einer Drittpartei für mehrere Transportfirmen, Lieferanten und Produktempfänger angeboten werden. "Wir haben uns viele verschiedene Geschäftsmodelle angesehen. Letztlich bestimmen jedoch die Endanwender und der Markt, wie ein solches System implementiert und eingesetzt wird", bemerkt Forcolin. "Das Gesamtkonzept besteht darin, dass eine Fracht wichtige Daten über sich selbst an die Infrastruktur übermitteln kann, und von dort an alle Beteiligten in der Transportkette. Obwohl wir über intelligente Fracht sprechen, müsste es aus technischer Sicht eigentlich 'Frachtintelligenz' heißen: eine über verschiedene Mittel und Prozesse erreichte, verteilte Intelligenz." Lösungen für reale Probleme In acht Pilotimplementierungen demonstrierte das EURIDICE-Team das enorme Potenzial der Idee und zeigte auf, wie intelligente Ladung bzw. Frachtintelligenz zahlreiche Probleme in verschiedenen Bereichen der realen Welt der Transportwirtschaft lösen können. Ein Pilot untersuchte, wie das System zur Integration von Transport- und Produktionsprozessen einzusetzen ist. In Zusammenarbeit mit dem italienischen Brillenhersteller Safilo als Projektpartner wurde Technologie implementiert, die dem Unternehmen automatisierte Echtzeitdaten über die Standorte von Brillenkomponenten lieferte - vom Moment vor Verlassen des Zulieferwerks bis zum Lagereingang beim Empfängerunternehmen. Ausgestattet mit Echtzeitdaten zu allen Teilen - sogar von verschiedenen Lieferanten - konnte Safilo seine Montage- und Fertigungsprozesse besser planen, Verzögerungen vermeiden, Kosten senken und die Produktionseffizienz verbessern. Fiorital, ein anderer Pilotprojektpartner, hatte ganz andere logistische Anforderungen. Das Unternehmen liefert verderbliche Verbrauchsgüter, z. B. frischen Fisch, und muss den Status, die Lagerbedingungen und Transportwege seiner Produkte genau im Auge behalten. In der Testphase von EURIDICE konnte Fiorital die Temperatur und den Zustand jedes Produkts beim Transport in Echtzeit überwachen und erhielt automatische Warnmeldungen über Zwischenfälle. Und was geschieht, nachdem die Waren sicher und pünktlich abgeliefert sind? Beim österreichischen Logistikdienstleister Gebrüder Weiss wurde das EURIDICE-System implementiert, um die Rückführung leerer Paletten und Kartons zu optimieren und sicherzustellen, dass LKWs nicht leer zurückfahren. Die LKWs teilen automatisch mit, wenn Laderaum verfügbar ist, und Kisten und Paletten informieren die Zentrale, dass sie entladen wurden und auf ihre Rückführung warten. "Die Pilotprojekte repräsentieren einzelne Elemente einer realen Lieferkette. Zusammen bildeten sie ein nahezu vollständiges Lieferkettenszenario", sagt Forcolin. "Für intelligente Systeme dieser Art gibt es zahllose Möglichkeiten. Für die Zukunft kann ich mir vorstellen, dass ein intelligentes System auf der Ladung mit dem Fahrzeug kommuniziert, dieses wiederum mit der Verkehrsinfrastruktur, den Straßen, Häfen usw. – es ist die Vision vom "Internet der Dinge"." Da mehrere der Projektpartner die mit EURIDICE begonnene Arbeitsweise fortsetzen, könnte diese Vision einer intelligenteren, effizienteren und umweltfreundlicheren Transportindustrie schon sehr bald Wirklichkeit werden. * "European inter-disciplinary research on intelligent cargo for efficient, safe and environment-friendly logistics". Nützliche Links: - Website des Projekts "European inter-disciplinary research on intelligent cargo for efficient, safe and environment-friendly logistics" - EURIDICE-Projektdatenblatt bei CORDIS