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Inhalt archiviert am 2024-04-22

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Feature Stories - Supercomputing beruhigt aufgewühlte See

Forscher haben die von einem EU-finanzierten Projekt entwickelte Supercomputing-Infrastruktur verwendet, um zu untersuchen, inwiefern Verwirbelungen maritime Strukturen wie Ölpipes und Bohrplattformen beeinflussen. Ihre Arbeit könnte letztendlich verbesserte Bohrinsel-Konstruktionen mit sich bringen und somit der Umwelt und Sicherheit von Nutzen sein.

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Verwirbelungen können ein großes Problem darstellen. Wenn Wasser um einen Zylinder fließt, erzeugt es dabei kleine Wasserstrudel. Diese üben auf den Zylinder eine Kraft aus, wodurch eine Vibration – die sogenannte "Vortex-induced vibration" (VIV, von Wirbeln hervorgerufene Vibration) – ausgelöst wird. Die Auswirkungen dieser VIV hängen davon ab, wie stark die Verwirbelungen sind. Je stärker sie sind, desto gravierende Auswirkungen haben die durch die Verwirbelungen hervorgerufenen Vibrationen. Die Forscher haben jedoch auch unter recht ruhigen Bedingungen Hinweise für VIV gefunden. Die Stärke der Strömung wird mithilfe der sogenannten "Reynolds-Zahl" (Re) bestimmt. Je größer die Reynolds-Zahl, desto mehr Verwirbelungen sind vorhanden, eine niedrige Reynolds-Zahl steht für eine ruhige Strömung. Die Strömung von Flüssigkeiten, die sich durch ein Rohr bewegen, ist üblicherweise laminar oder gleichförmig bzw. vorhersagbar und die Reynolds-Zahl beträgt hierbei maximal 2000. Turbulente Strömungen beginnen ab 3000 Re mit zwischenzeitlichen Überlagerungen. Auf Ölplattformen, zum Beispiel bei Steigrohren sowie Pipelines, die mit Offshore-Ölplattformen verbunden sind, stellt dies ein größeres Problem dar: sie sind häufig Reynolds-Zahlen über 100.000 Re und damit starken und zerstörerischen Kräften ausgesetzt. Das Ziel der am Projekt Cylinder beteiligten Wissenschaftler war es, mehr über turbulente Strömungen und das Zusammenspiel von Zylindern zu erfahren, um neue Pipelines entwickeln zu können, bei denen die turbulenten Strömungen auf ein Minimum reduziert werden. Dazu wollten Sie die Leistung eines Modells für turbulente Strömungen analysieren, indem sie es mit einer Computersimulation – der sogenannten "Direkten Numerischen Simulation" (DNS) – bei einer relativ niedrigen Reynolds-Zahl verglichen. Dies mag einfach klingen, es handelt sich jedoch um eine umfassende und komplexe Angelegenheit. Die "Numerische Strömungsdynamik" (Computational fluid dynamics, CFD) stellt eine der größten Herausforderungen im Bereich Mathematik und Informatik dar. In dem Bereich werden vor allem Navier-Stokes-Gleichungen verwendet. Hierbei handelt es sich um eine Reihe von Formeln, die das Newton'sche Bewegungsgesetz auf Flüssigkeiten anwenden. Diese Gleichungen sind sehr komplex und auch bei niedrigen Reynolds-Zahlen, wenn verhältnismäßig wenige turbulente Strömungen vorhanden sind, kann bei Problemen schnell die Leistung der leistungsstärksten Supercomputer übertroffen werden. "Diese Verwirbelungen verstehen zu wollen stellt eine neue Herangehensweise im Bereich der numerischen Strömungsdynamik dar. Dazu müssen wir Informationen zum gesamten Strömungsfeld einbeziehen, wodurch die Berechnungen sehr teuer werden", so Roel Verstappen vom Institute of Mathematics and Computing Science (Institut für Mathematik und Informatik) der Universität Groningen. Sie sind sehr teuer, in Bezug auf Supercomputing, weil die Flüssigkeitsströmung sehr komplex ist. Dr. Verstappen erklärt hierzu: "Wenn die gesamte Lösung in turbulente Strömung versetzt werden soll, müssen alle physikalischen Größen in der Strömung berechnet werden. Neben den Gleichungen für den Zylinder selbst sind auch kleinste Bewegungen vorhanden, die 1.000- bis 10.000-mal kleiner als der Zylinderdurchmesser sind. " Deshalb spielen Modelle und Modellmethoden hierbei auch so eine wichtige Rolle. Die Rolle von DEISA Im Rahmen der Cylinder-Studie wurden zur Durchführung der direkten Simulationen sehr leistungsstarke Supercomputer benötigt. Daher wurde die DEISA ("Distributed European infrastructure for supercomputing applications", Europäische, verteilte Supercomputing-Umgebung) um Hilfe gebeten. Fünf Jahre lang und im Rahmen zweier Projekte hat DEISA Europas führende Supercomputer vernetzt und Software entwickelt, die es Wissenschaftlern leichter macht, die von der DEISA zur Verfügung gestellte, enorme Computerleistung zu verwenden. Darüber hinaus entwickelten sie Support- und Beratungsangebote, damit die Wissenschaftler aus der zur Verfügung gestellten Ausrüstung den größten Nutzen ziehen können. Im Rahmen ihrer Arbeit errichtete die DEISA außerdem die "DEISA extreme computing initiative" (DECI), um Spitzenforschern in Europa die besten Computerressourcen zur Verfügung zu stellen. Auf diese Weise kann sichergestellt werden, dass die leistungsstärksten Ressourcen an die Forschungsprojekte vergeben werden, die sie am meisten benötigen. Die Forschung zu turbulenten Strömungen der Cylinder-Studie stellt ein gutes Beispiel hierfür dar. An der Cylinder-Studie waren Forscher der Universitat Politècnica de Catalunya (CTTC, Polytechnische Universität Katalonien), Spanien, des Maritime Research Institute Netherlands (MARIN, maritimes Forschungsinstitut der Niederlande) und des Institute of Mathematics and Computing Science (Institut für Mathematik und Informatik) der Universität Groningen in den Niederlanden beteiligt, um eine direkte numerische Simulation von turbulenten Strömungen bei Re 22.000 durchzuführen. Diese Zahl ist relativ niedrig, stellt aber dennoch eine computertechnische Herausforderung dar. "DNS-Simulationen sind bei höheren Re-Zahlen noch nicht durchführbar, da die benötigte Anzahl der zu berechnenden Gleitkommazahlen ansonsten zu hoch wird", so Dr. Verstappen. Dank DEISA konnten Dr. Verstappen und seine Kollegen eine Reihe vollständiger Berechnungen durchführen, die sehr gute Übereinstimungen der Modellmethode und DNS zeigten. Für den Test waren um die 650.000 Stunden Rechenzeit erforderlich. "Dies klingt sehr viel, ist es aber eigentlich nicht", sagt Dr. Verstappen. "Wenn wir eine komplexere turbulente Strömung berechnet hätten, hätte dies durchaus 10, 20 oder sogar 100 Millionen Stunden in Anspruch nehmen können. Bei dieser Art von Forschung kann man sich für die Rechenressourcen an nur eine Stelle werden – DEISA. Auf nationaler Ebene ist es sehr schwierig, an 1 Millionen CPU-Stunden zu gelangen, insbesondere wenn diese jedes Jahr benötigt werden. DEISA hat das Cylinder-Projekt möglich gemacht", stellt er fest. Die Berechnungen des Cylinder-Projekts wurden im Barcelona Supercomputer Centre durchgeführt. Vorab fanden einige Testläufe, die etwa 50.000 CPU-Stunden in Anspruch nahmen, statt. Im Hauptlauf wurden 600.000 Stunden investiert. Der Code wurde an der UPC - Barcelona TECH und der Universität Groningen entwickelt. Lokale Maschinen führten die Visualisierung und Datenanalyse mithilfe eines neuen Visualisationstools, das von der Scientific Visualisation and Computer Graphics Group der Universität Groningen entwickelt wurde, durch. Das endgültige Ziel der im Rahmen des Cylinder-Projekts durchgeführten DECI-Forschung ist die Verbesserung der Bohrinsel-Konstruktionen. Derzeit nehmen sich Konstrukteure den Problemen bei Bohrinsel-Pipelines bzw. unterseeischen Pipelines an, indem sie Experimente mit physikalischen Modellen in Wasserbehältern ausüben. Nach der Erzeugung von Vibrationen in den Modellen messen sie deren Auswirkungen und nutzen diese Resultate, um die benötigte Materialstärke für zylindrische Strukturen zu berechnen. Die Arbeit des Cylinder-Projekts wird es Ingenieuren jedoch möglicherweise bald ermöglichen, mathematische Simulationen zum Sammeln der benötigten Daten zu verwenden und damit Zeit und Geld einzusparen. Darüber hinaus hat ihre Arbeit das Potential, eine breite Anwendung in verschiedensten Feldern zu finden. "Die Ergebnisse des Cylinder-Projekts ermöglichen es, einfachere Modelle zu entwickeln, die zur Berechnung im Bereich Maschinenbau genutzt werden können", so Dr. Verstappen. "Die Strömungssimulation stellt den ersten Schritt zu akkuraten numerischen Simulationen von durch Wirbel hervorgerufene Vibrationen mariner Steigrohre dar", fügt er hinzu. Das Cylinder-Projekt wurde 2009 durchgeführt. Als Folgemaßnahme entwickelt die Gruppe nun, unterstützt von der niederländischen Maritime Innovation Plaform (MIP, Maritime Innovationsplattform), eine Reihe einfacherer Modelle. Diese werden dann auf ihre Genauigkeit gestestet. "Diese einfacheren Modelle erlauben es Konstrukteuren, lokale Parallelrechner zu nutzen, um sie bei ihren Konstruktionen zu unterstützen", erklärt Dr. Verstappen. "Normalerweise benötigen die Konstrukteure in der Konstruktionsphase mehrere Computerläufe. Die Arbeit des Cylinder-Projekts und des Folgeprojekts ermöglicht es jedoch, dass die Konstrukteure einerseits weniger Durchläufe benötigen und einfachere Rechenanlagen verwenden können. " DEISA2 wurde mit Mitteln in Höhe von 10,24 Mio. EUR (Gesamtbudget des Projekts: 18,65 Mio. EUR) im Rahmen des Unterprogramms "e-Science grid infrastructures" (Grid-Infrastrukturen in der e-Wissenschaft) des Siebten Forschungsrahmenprogramms der EU (RP7) finanziert. Nützliche Links: - "Distributed European infrastructure for supercomputing applications", Europäische, verteilte Supercomputing-Umgebung - Datensatz zum DEISA2-Projekt auf CORDIS - e-Infrastrukturen – Programme/Projekte - Cylinder-Projekt Weiterführende Artikel: - Vereinte Supercomputer simulieren Sonne, Klima und den Körper des Menschen - Supercomputer nehmen HIV ins Visier - Supercomputer bringen Klimamodelle auf Touren - Supercomputing gets its own superhero – Ein Superheld fürs Supercomputing - The grid: a new way of doing science – Das Grid, eine neue Art der Forschung - Europas Fusionsforscher erschließen Supercomputer-Ressourcen