Sklaverei: Betrachtung im europäischen Kontext
Es ist allseits bekannt, dass die Sklaverei und ihre Konsequenzen die USA beeinflussten, Europa war jedoch auch an dieser Praxis beteiligt. Die Vergangenheit des Kontinents im Zusammenhang mit dem Sklavenhandel und der Abschaffung der Sklaverei wird nun untersucht. Eine neue EU-finanzierte Initiative mit dem Namen EURESCL ("Slave Trade, Slavery Abolitions and their Legacies in European Histories and Identities") untersucht die Rolle des Sklavenhandels und der Sklaverei angesichts der Schaffung einer europäische Identität. Die Initiative untersucht die politischen, wirtschaftlichen, gesellschaftlichen, kulturellen, intellektuellen und erzieherischen Aspekte sowie das Gedenken zu diesem Thema. Hierzu gehört die Entwicklung von Darstellungen und gesellschaftlichen Praktiken, die aus dem ethnisierten transatlantischen Sklavenhandel und der Sklaverei übernommen wurden. Das Projekt untersucht in diesem Kontext Europas Beziehung mit der übrigen Welt, insbesondere mit den ehemaligen Kolonien. Der Sklavenhandel und die Sklaverei werden als wichtige Forschungsbereiche angesehen, da sie politische Systeme und Gesellschaften der verschiedenen Kontinente bis zurück ins Mittelalter miteinander verbinden. Langfristig identifiziert das Projekt die historischen Änderungen, die sich bezüglich der Herkunftsländer der Sklaven ergeben, zudem wird es die moderne Konstruktion von "Ethnien" sowie seine Verbindung zum ökonomischen Wohlstand nachverfolgen und die Bedeutung dieses Themas im Hinblick auf Zeitabschnitte und Orte abschätzen. Das Projekt EURESCL untersucht auch die wirtschaftliche Ausbeutung der Arbeitskraft der Sklaven in einer kolonialen Umgebung. Es untersucht in diesem Kontext die Begriffe "Nation" und/oder "Staat". Das Projekt verbindet momentan durch Projektseminare verschiedene Historiographien zur Sklaverei und zum Sklavenhandel, um die Ergebnisse und die sich hieraus ergebenden Informationen zu analysieren. Ein Seminar mit dem Titel "National Silences on Slave Trade and Slavery and their Legacies on the Migration Question" fand 2008 statt. Ein weiteres Seminar zur "Slavery in the Mediterranean and Continental Europe: Areas of Slave Trade and Economic Dynamics" wurde 2009 in Madrid abgehalten. Ein drittes wichtiges Seminar, das im gleichen Jahr in Frankreich stattfand, untersuchte das Thema "Emancipated Slaves and Descendants of Emancipated Slaves in the Atlantic World in the 15th and 19th Centuries". Eine Konferenz, ebenfalls in Frankreich, erforschte zudem "The Effects of Great Britain Abolishing Slavery on National Discourse" und eröffnete zu diesem Thema einen neuen Blickwinkel. Im Rahmen der Bemühungen, diesen vernachlässigten Teil der Geschichte näher zu betrachten, entwickelte EURESCL das erste multilinguale und multidisziplinäre Online-Werkzeug zum Sklavenhandel und zur Sklaverei. Es ist auf Lehrer sowie die allgemeine Öffentlichkeit ausgerichtet und beinhaltet Ressourcen zur Unterrichtung des Themas Sklaverei und Sklavenhandel im französischen, haitianischen und senegalesischen Bildungssystem. EURESCL rief zudem zwei Initiativen zum Wissenstransfer ins Leben, welche dieses Thema weiter bekannt machen. Bei der ersten Initiative handelte es sich um ein wissenschaftliches Videofestival zu "Heritage and Legacies of Slavery and the Slave Trade", welches an verschiedenen Orten weltweit stattfand. Eine weitere Initiative war eine Konferenz in Frankreich mit dem Titel "'Black', 'Negro', 'Africans', 'Afro-Descendants', 'Descendants of Slaves', 'Immigrants': Deconstructing Categorisation and Examining Identities and Perceptions from Yesterday until Today". Der aus all diesen Konferenzen, Initiativen und abgeschlossenen Studien hervorgehende Diskurs hat weitreichende Auswirkungen auf viele Disziplinen, einschließlich der Soziologie, der Geschichte, der Psychologie, der Wirtschaft und der Anthropologie. Er hilft bei der Bearbeitung wichtiger Themenstellungen, welche eine düstere Vergangenheit mit der Gegenwart verbinden und Wiedergutmachung sowie das Verständnis zwischen Kulturen fördern.