Die Fähigkeit des Immunsystems stärken, Infektionen vorzubeugen
Das komplexe Netz aus Zellen, Organen und Proteinen, aus denen das menschliche Immunsystem besteht, ist unsere erste Verteidigungslinie gegen Krankheiten. Es leistet zwar eine fast unglaubliche Arbeit, indem es im Körper patrouilliert und schädliche Eindringlinge wie Viren und Bakterien eliminiert, aber manchmal braucht es einen kleinen Schub – und genau den bekommt es, wenn wir einen Impfstoff, ein Medikament oder eine Therapie erhalten. Aber wie wäre es, wenn wir mehr tun könnten, um dem Immunsystem zu helfen, besser auf Infektionen zu reagieren? „Zu verstehen, wie das Immunsystem mit bestimmten Viren interagiert und wie sich diese Interaktion auf die Pathogenese von Virusinfektionen auswirkt, könnte für die Entwicklung besserer Impfstoffe, moderner antiviraler Therapeutika und fortgeschrittener Diagnoseinstrumente entscheidend sein“, sagt Søren Riis Paludan, Professor für Biomedizin an der Universität Aarhus. Mit Unterstützung aus dem EU-finanzierten Projekt ENVISION strebt Paludan an, einen solchen Schlüssel herstellen. „Unser Ziel ist es, neue Mechanismen zu ermitteln, mit denen Zellen Infektionen bekämpfen, und gleichzeitig Informationen über die zellulären Signalwege bereitzustellen, die die Abwehr und Krankheit während einer Infektion fördern“, fügt er hinzu.
Neue Therapien zur Behandlung der Herpes-Simplex-Enzephalitis sind möglich
Das wichtigste Ergebnis der Projektforschung ist die Entdeckung von TMEFF1 als erster neuronenspezifischer antiviraler Restriktionsfaktor für Herpes-Simplex-Enzephalitis beim Menschen. Herpes-Simplex-Enzephalitis ist eine seltene, aber schwerwiegende Infektion, die auftritt, wenn das Herpes-Simplex-Virus (HSV) in das Gehirn eindringt und dessen Zellen infiziert. „Einerseits haben wir veranschaulicht, dass das Vorhandensein von TMEFF1 dazu beitragen kann, eine HSV-Infektion des Gehirns zu verhindern, indem es die Fähigkeit des Virus einschränkt, in die kortikalen Neuronen des Gehirns einzudringen, andererseits haben wir belegen können, wie ein vererbter TMEFF1-Mangel eine Person anfälliger für eine Infektion macht“, kommentiert Paludan. Paludan zufolge könnte die präventive Rolle von TMEFF1 genutzt werden, um neue Wege zur Behandlung von Herpes-Simplex-Enzephalitis zu entwickeln.
Viren eliminieren, bevor sie eine Infektion verursachen
Über das vom Europäischen Forschungsrat unterstützte Projekt wurden auch der HIF-Signalweg (Hypoxie-induzierbaren Faktor), ein zelluläres Signalsystem, das zelluläre Reaktionen auf niedrige Sauerstoffwerte reguliert, und die Autophagie, ein zellulärer Prozess, der die Selbstverdauung beschädigter oder unnötiger zellulärer Komponenten beinhaltet, untersucht. „Hier haben wir die entscheidende Rolle der frühen Wirtsabwehr aufgedeckt, die der Hypoxie-induzierbare Faktor und Autophagie spielen, indem sie ein breites Spektrum verschiedener Viren eliminieren oder reduzieren, bevor sie eine ernsthafte Infektion verursachen können“, bemerkt Paludan. Mithilfe von molekularen Studien und Mausmodellen konnten die Forschenden außerdem herausfinden, wie der DNS-aktivierte cGAS-STING-Immunweg während einer Infektion durch DNS-Viren aktiviert wird. „Wir haben herausgefunden, dass dieser Weg für die Aktivierung der Wirtsabwehr im Gehirn, vor allem in der Zellart der Mikroglia, wesentlich ist“, fügt Paludan hinzu.
Neue antiviraler Mechanismen entdecken
Neben seinen zahlreichen wissenschaftlichen Errungenschaften bildete das Projektteam auch die nächste Forschungsgeneration im Bereich der Biomedizin aus. Diese Personen werden nun gemeinsam mit Paludan nach neuen antiviralen Mechanismen suchen, wobei ein besonderer Schwerpunkt auf dem Gehirn liegt. Sie werden außerdem daran arbeiten, die physiologische Rolle dieser Mechanismen bei Viruserkrankungen zu charakterisieren. „ENVISION ist zwar abgeschlossen, aber wir werden weiter an einigen der wichtigsten Projektergebnisse arbeiten, denn es gibt noch viel über diese neuen Moleküle und Wege zu lernen“, schließt Paludan.
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