Reden Frauen wirklich mehr als Männer?
Frauen reden zu viel. Frauen sind gesprächiger als Männer. Egal ob bei der Arbeit oder zu Hause. Dieses bekannte Klischee wird seit Ewigkeiten verbreitet. Wie viel Wahrheit ist dran?
Geschwätz der Geschlechter
Ein Forschungsteam hat unter der Leitung der Universität Arizona (U of A) in den Vereinigten Staaten mehr als 2 000 Menschen aufgenommen, um das herauszufinden. Das Ergebnis: Frauen reden mehr als Männer – aber nur in einer ganz bestimmten Lebensphase. Die Studie wurde in der Fachzeitschrift „Journal of Personality and Social Psychology“ veröffentlicht. „Es gibt eine starke kulturübergreifende Annahme, dass Frauen viel mehr reden als Männer“, kommentierte der Mitautor Colin Tidwell, Doktorand in klinischer Psychologie, in einer Pressemitteilung. „Wir wollten herausfinden, ob diese Annahme einem empirischen Test standhält.“ Frauen zwischen 25 und 64 Jahren sprachen täglich etwa 3 000 Wörter mehr als die Männer in dieser Altersgruppe. Die Frauen kamen im Schnitt auf 21 845 Wörter am Tag, Männer auf 18 570. Bei bestimmten Altersgruppen stach jedoch ein geschlechtsspezifischer Unterschied bei der täglichen Wortzahl heraus: 10-17, 18-24 und über 65. Insgesamt sprachen Frauen am Tag nur 1 073 Wörter mehr als Männer. Der Unterschied ist also kleiner als angenommen.
Die Gabe des Redens? Verrat mir dein Alter
Die Forschenden können nicht genau erklären, warum Frauen im frühen und mittleren Erwachsenenalter mehr sprechen. „Geschlechtsspezifische Unterschiede bei der Kindererziehung und familiären Betreuung sind ein möglicher Faktor für den Unterschied“, erklärt der leitende Autor Matthias Mehl, Professor an der Fakultät für Psychologie. „Wenn biologische Faktoren wie Hormone die Hauptursache wären, sollte der Unterschied auch bei jungen Erwachsenen deutlich sein. Wären es der gesellschaftliche Generationswechsel, dann sollte sich der Unterschied bei älteren Teilnehmenden nach und nach vergrößern. Beides war jedoch nicht der Fall.“ Eine weitere Beobachtung ist, dass die Menschen insgesamt weniger reden als je zuvor, nämlich statt 16 000 Wörtern am Tag nur etwa 13 000. Das ist vermutlich auf die digitalen Medien zurückzuführen. Die Forschenden analysierten Daten aus 630 000 Aufzeichnungen aus 22 Studien in vier Ländern. Sie umfassten 2 197 Teilnehmende zwischen 10 und 94 Jahren. Die Teilnehmenden trugen Geräte, die regelmäßig kurze Aufzeichnungen der täglichen Gespräche machten. Mehl ist an der Entwicklung von SocialBit beteiligt, einem tragbaren Gerät, dass die sozialen Interaktionen von Menschen im Laufe des Tages erfasst, ohne Inhalte aufzuzeichnen. „Mich fasziniert die Idee, dass wir unser Schlaf- und Bewegungsbedürfnis kennen und ständig Fitbits tragen, aber über den Bedarf an sozialen Kontakten haben wir keine Ahnung“, schließt er. „Die Anzeichen für eine Verbindung zwischen sozialen Kontakten und Gesundheit sind enorm, mindestens genauso aussagekräftig wie für körperliche Aktivität und Schlaf. Es ist nur ein weiteres Gesundheitsverhalten.“
Schlüsselbegriffe
reden, gesprächig, Wort, sprechen, Geschlecht, Alter, Mann, Frau