Den episodischen Massenverlust in massereichen Sternen erforschen
Die Entwicklung massereicher Sterne dreht sich um ihre Fähigkeit, Wasserstoffschichten von ihren äußeren Schichten – oder Hüllen – abzustreifen. Manchmal kommt es bei diesen Sternen zu heftigen Episoden des Massenverlustes, bei denen sie Teile ihrer äußeren Schichten in unregelmäßigen Ausbrüchen abstoßen. Ein solcher episodischer Massenverlust kann das Schicksal massereicher Sterne verändern und prägen, ist aber bisher noch unerforscht. „Ein episodischer Massenverlust in massereichen Sternen könnte auf Prozesse zurückzuführen sein, die in Einzelsternen am Ende ihres Lebens auftreten, wenn sie instabil werden, oder auf Wechselwirkungen zwischen Sternen in Doppelsternsystemen, wie Massentransfer oder Verschmelzungen“, sagt Alceste Bonanos, Forschungsdirektorin am Nationalen Observatorium Athen. Im Rahmen des vom Europäischen Forschungsrat finanzierten Projekts ASSESS untersuchten Bonanos und ihr Team Prozesse des episodische Massenverlusts, die in Einzelsternen auftreten, insbesondere in massereichen Sternen im Stadium des Roten Überriesen – den letzten Stadien des Kernbrennens, in denen Sterne an Leuchtkraft und Größe zunehmen. ASSESS griff zwei Erklärungen für diese Ereignisse aus der Literatur auf: dass eine hohe Leuchtkraft zu heftigen Eruptionen führen kann, bei denen die äußeren Sternschichten abgestoßen werden, oder dass die Pulsationen in solchen Sternen sehr stark werden können, wodurch die äußeren Schichten entfernt werden und in den letzten 1 000 Jahren vor der Explosion ein Superwind vor der Supernova entsteht. Die Projektergebnisse können uns helfen, die Entwicklung des frühen Universums zu verstehen, da Supernova-Explosionen die „Kerne“ für schwarze Löcher bereitstellen und das interstellare Medium anreichern, um die Sterne und Galaxien zu bilden, die wir heute beobachten. „Es ist absolut notwendig, die neuen Massenverlustraten für rote Überriesen, die wir abgeleitet haben, sowie den episodischen Massenverlust in die Codes für die Sternentwicklung massereicher Sterne einzubeziehen, um zuverlässige Vorhersagen über ihre letzten Entwicklungsstadien und die Bedingungen, unter denen sie explodieren, zu treffen“, kommentiert Bonanos.
Entwickelte massereiche Sterne untersuchen
Das Team führte eine Überprüfung von entwickelten massereichen Sternen durch, bei der rund 200 entwickelte Sterne, hauptsächlich rote Überriesen, mit einigen der größten Teleskope der Welt untersucht wurden. Die Forschenden fanden heraus, dass 10-15 % ihrer roten Überriesen eine erhebliche Variabilität in ihren Spektraltypen aufweisen, was auf einen episodischen Massenverlust hindeutet und eine Schätzung der Häufigkeit des Auftretens erlaubt.
Maschinelles Lernen zu den Sternen führen
Mithilfe von Verfahren des maschinellen Lernens erarbeiteten sie eine Methode zur effizienteren Auswahl von entwickelten massereichen Sternen. „Eine solche Methode gab es bisher noch nicht und sie ist entscheidend, um unser Wissen über den episodischen Massenverlust zu erweitern“, fügt Bonanos hinzu, deren Team in Kürze die Ergebnisse der Anwendung dieses Verfahrens auf 1 Million Sterne in etwa 25 nahe gelegenen Galaxien veröffentlichen wird. Außerdem wurden erstmals präzise und genaue Masseverlustraten gemessen, wobei die bisher größte Stichprobe von roten Überriesen in den Magellanschen Wolken verwendet wurden, was den Weg zum Verständnis der physikalischen Grundlagen dieser extremen Entwicklungszustände ebnet. Zudem wurde entdeckt, dass WOH G64, ein roter Überriese in der Großen Magellanschen Wolke mit der höchsten Leuchtkraft und Masseverlustrate, in den Jahren 2013-2014 einen noch nie dagewesenen Übergang zu Blau vollzog.
Entwicklung massereicher Sterne verfolgen
Bonanos plant, den episodischen Massenverlust während der Phase des roten Überriesen und insbesondere bei extremen roten Überriesen zu analysieren, nachdem ASSESS nun verdeutlicht hat, wie wichtig diese Phase in der Entwicklung eines massereichen Sterns ist. „Ich habe hier in Griechenland eine nationale Finanzierung beantragt und hoffe, dass ich weiterhin ein Forschungsteam unterstützen und die Phänomene in diesen spektakulären Sternen beleuchten kann“, sagt sie.
Schlüsselbegriffe
ASSESS, episodischer Massenverlust, massereiche Sterne, Untersuchung, Evolution, maschinelles Lernen