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Turning the cortically blind brain to see: from neural computations to system dynamics generating visual awareness in humans and monkeys

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Wie ein geheimnisvoller zweiter Blick die inneren Abläufe des Gehirns enthüllt

Manche Menschen, die ihr Sehvermögen aufgrund einer Hirnverletzung verlieren, verfügen über die Gabe des Blindsehens, eine unbewusste Fähigkeit, die Welt wahrzunehmen. Wenn wir uns diese Fähigkeit zunutze machen, können wir besser verstehen, wie unser Gehirn das Sehen verarbeitet.

Eine Schädigung der Sehrinde des Gehirns durch Schlaganfall, Krebs oder Verletzungen kann dazu führen, dass ein Mensch zwar über ein funktionelles Sehvermögen verfügt, aber auf einer oder beiden Seiten des Gesichtsfeldes erblindet. Die Betroffenen sind sich ihrer Fähigkeit nicht bewusst, können aber visuelle Informationen verwenden, um Hindernisse erfolgreich zu meiden oder das Bild auf einer Karteikarte mit hoher Genauigkeit zu erraten. Das Blindsehen bietet daher ein Modell, um besser zu verstehen, wie das Gehirn die visuelle Wahrnehmung erzielt. „Wir nehmen nicht wie eine Kamera wahr, die einfach ein Bild reproduziert“, kommentiert Marco Tamietto, Professor für Neurowissenschaften an der Universität Turin in Italien sowie der Universität Tilburg in den Niederlanden. „Unser Gehirn baut die Außenwelt ständig neu auf, indem es verrauschte Signale rekonstruiert und interpretiert und fehlende Teile auf der Grundlage von Voraufnahmen und Erwartungen ergänzt. All dies geschieht unbewusst.“ Mit Unterstützung des Europäischen Forschungsrats koordinierte Tamietto das Projekt LIGHTUP, um unser Verständnis von Blindsehen zu verbessern und mögliche Behandlungen für neurologische Blindheit zu prüfen.

Das Blindsehen verbessern

Tamietto wollte vor allem klären, welche Schaltkreise im Gehirn zusammenwirken, um eine visuelle Repräsentation der Außenwelt zu erzeugen, und wie sich das Gehirn mit „Abkürzungen“ zu helfen weiß, wenn diese Schaltkreise beschädigt sind. „Es gibt einen allgemeinen Organisationsplan im Gehirn, der erhalten bleiben muss. Plastizität ist nicht die gesamte Geschichte“, sagt er. „Karten, Abkürzungen und ein allgemeiner Bauplan, der ein Gleichgewicht zwischen Plastizität und Stabilität herstellt, sind für ein funktionierendes Gehirn entscheidend, um die Umwelt zu repräsentieren.“ Durch die Kombination mehrerer Analyseebenen, einschließlich fMRI und Traktografie, um die Gehirnaktivität bei Menschen und Primaten zu kartieren, konnte das Team von Tamietto feststellen, welche Abkürzungen für bestimmte Aufgaben relevant sind. So erhielt es einen zusammenfassenden Überblick darüber, wie sich das Gehirn nach einer Schädigung reorganisiert. Die Schaltkreise könnten anschließend durch transkranielle Magnetstimulation aktiviert werden. „Wir haben zwei Knotenpunkte eines Gehirnnetzwerks gleichzeitig stimuliert, ein Protokoll, das als kortiko-kortikale gepaarte assoziative Stimulation (ccPAS) bekannt ist“, fügt Tamietto hinzu. Durch Anpassung des Zeitpunkts und der Richtung der Stimulation konnte das Team die visuelle Wahrnehmung steigern, obwohl Tamietto anmerkt, dass die Auswirkungen dieser Netzwerkstimulation sehr spezifisch sein können. „Die Stimulation eines Netzwerks kann die Wahrnehmung von Emotionen bei Gesichtern verbessern, nicht aber deren Identität.“ Das Team stellte außerdem fest, dass ein Ungleichgewicht im relativen Verhältnis zwischen erregenden und hemmenden Neurotransmittern in einem Hirnareal, das als MT bekannt ist, mit einer schlechteren Fähigkeit zum Blindsehen verbunden war, was auf mögliche Behandlungsmethoden hindeutet.

Virtuelle Gehirne

Im Rahmen des Projekts LIGHTUP untersuchten Tamietto und sein Team mithilfe von faltenden neuronalen Netzwerken, wie visuelle Funktionen und neuronale Repräsentationen im echten Gehirn entstehen können. „Wir erarbeiten In-silico-Modelle von evolutionär alten Teilen des Gehirns, die direkt vom Auge gesteuert werden“, erklärt er. „Diese Strukturen, wie der Colliculus superior, sind wahrscheinlich Kandidaten für die Vermittlung einiger Funktionen des Blindsehens.“ Mit diesen Modellen können Forschende zudem untersuchen, wie visuelle Informationen in isolierten Teilen des Gehirns sowie in Verbindung mit anderen Teilen verarbeitet werden. Mit Unterstützung eines Proof of Concept Grant für das Projekt PRISM wird das Team diese Modelle weiterentwickeln, um die Ausbildung von Studierenden zu erweitern und den Schutz der in der Affenforschung eingesetzten Tiere zu erhöhen.

Schlüsselbegriffe

LIGHTUP, Blindsehen, visuelle Wahrnehmung, Blindheit, fMRI, Magnetstimulation, neuronales Netzwerk, Modell, Gehirn, Wahrnehmung, Schlaganfall

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