Warum schwimmt Eis?
Das ist die gängige Erklärung dafür, dass Eis schwimmt: Wenn Wasser gefriert, ordnen sich die Moleküle in Kristallstrukturen, sodass zwischen ihnen mehr Raum entsteht und das Eis weniger dicht ist als flüssiges Wasser. Diese Erklärung ist jedoch übermäßig vereinfacht, sagt der Physiker Russo von der Universität La Sapienza in Italien. Der wahre Grund ist in den einzigartigen Eigenschaften der Wasserstoffbrückenbindungen zwischen Wassermolekülen verborgen. Bei Eis bilden diese Brücken ein strukturiertes, festes Gitter, dass die Moleküle in einer ganz bestimmten Anordnung hält. Bei flüssigem Wasser können sich Wasserstoffbrückenbindungen biegen und verformen, ohne zu brechen. Durch diese Flexibilität sitzen Wassermoleküle näher beieinander. „Wenn die Wasserstoffbrückenbindungen etwas starrer wären, würde Wasser diese Packungseffizienz verlieren und eine geringere Dichte haben als Eis. Diese Veränderung würde Ökosysteme zerstören, das Klima verändern und die Erde unkenntlich hinterlassen“, erklärt Russo. Ein anschauliches Beispiel ist, einen Zylinder mit flüssigem Wasser und Eis zusammenzudrücken. Gemäß der Clausius-Clapeyron-Gleichung, einem fundamentalen Grundsatz der Thermodynamik, gehen die Inhalte durch den Druck in eine Phase über, in der die Moleküle dichter gepackt werden können. Für die meisten Stoffe ist das eine feste Phase, die eine kompakte, geordnete Struktur mit minimalem Leerraum bietet. Wie bei Kanonenkugeln oder Orangen ist die Anordnung in einem regelmäßigen, kompakten Muster die effizienteste Möglichkeit mit minimalen Lücken. Dieser Grundsatz gilt meist für Feststoffe, bei denen eine feste, strukturierte Anordnung für eine maximale Dichte sorgt. Aber Wasser verhält sich anders. „Wasser ist keine normale Flüssigkeit“, sagt Russo. Sie gehört der Kategorie sogenannter „leerer Flüssigkeiten“ an. Durch die Flexibilität der Wasserstoffbrückenbindungen und den leeren Raum in der Flüssigkeitsstruktur entsteht eine unstrukturierte Anordnung, in der die Wassermoleküle dichter gepackt sind als im strukturierten Gitter von Eis. Bei Druck würde der Inhalt unseres Slushys also flüssiger werden. Russo hat bei seiner Arbeit im Projekt SOFTWATER, das über den Europäischen Forschungsrat finanziert wurde, weitere faszinierende Eigenschaften entdeckt, durch die Wasser einzigartig ist. Er hat unter anderem Computermodelle zu den flexiblen Wasserstoffbrückenbindungen von Wasser entwickelt, um neue Formen von Wasser zu kreieren. Wasser ist ebenso geheimnisvoll wie lebenswichtig. Dass Eis auf Wasser schwimmt, ist ein Grundstein des Klimas und ermöglicht es Meereslebewesen, unter gefrorenen Seen und Ozeanen zu überleben. Ein Denkanstoß für das nächste Mal, wenn die Eiswürfel im Getränk schwimmen. Hier erfahren Sie mehr über die Forschung von John Russo: Entschlüsselung der Geheimnisse, die Wasser einzigartig machen
Schlüsselbegriffe
SOFTWATER, Wasser, Eis, Schwimmen, Dichte, Thermodynamik, Struktur, geheimnisvoll, Ozean, Klima