Ein neuer Standard in der Erforschung früher Galaxien
Es ist wohl kaum überraschend, dass es im Weltraum viel Platz gibt. „Auf Bildern erscheinen Galaxien als helle Sternenhaufen, aber in Wirklichkeit liegen die einzelnen Sterne sehr weit auseinander“, erklärt Andrea Ferrara, Professor an der Scuola Normale Superiore in Pisa, Italien. Der Raum zwischen den Sternen wird interstellare Materie (ISM) genannt. Er enthält Materie wie Gas, schwere Elemente und Staub. „Die ISM dient als Materie- und Energiespeicher für die Galaxie und ist der Brennstoff, aus dem sich Sterne bilden“, sagt Ferrara. „Somit können aus dieser Materie möglicherweise wichtige Erkenntnisse zu den ältesten Ecken des Universums abgeleitet werden.“ Dieses Potenzial soll über das EU-finanzierte Projekt INTERSTELLAR erschlossen werden. Das Projekt wurde über den Europäischen Forschungsrat (ERC) unterstützt und diente dazu, die ISM der entferntesten Galaxien zu erforschen. Also der Galaxien, die in den 13 Milliarden Jahren nach dem Urknall entstanden. „Wir wollten die Eigenschaften der ISM in den ersten Galaxien des Universums in Bezug auf ihre stellare Komponente, Entstehungsgeschichte und kosmische Umgebung charakterisieren“, ergänzt Ferrara, der als Projektkoordinator fungierte.
Entscheidende neue Erkenntnisse über die interstellare Materie
Mit diesem Ziel hat das Projektteam einen innovativen neuen Rahmen aufgestellt, in dem theoretische Modelle, hochauflösende numerische Simulationen und Daten der fortschrittlichsten Instrumente kombiniert wurden, darunter Daten des James-Webb-Weltraumteleskops (JWST) und des Atacama Large Millimeter/Submillimeter Array (ALMA). „Einer der wichtigsten Projekterfolge ist die Integration der größten Anzahl an physikalischen Verfahren in ein Verfahren, das wir ‚Zoom-in-Simulationen‘ getauft haben. In der Tat bieten diese Simulationen der frühen Galaxien die bisher höchste Auflösung“, so Ferrara. Über Algorithmen des maschinellen Lernens und mit der Macht des Hochleistungsrechnens haben die Forschenden mit dem Rahmen entscheidende neue Erkenntnisse zur ISM gewonnen. „Wir haben herausgefunden, dass die beobachteten Eigenschaften der frühesten Galaxien von physikalischen Prozessen abhängen, die sich sehr von denen in nahen Galaxien wie der Milchstraße unterscheiden“, berichtet Ferrara.
Ein fundiertes Verständnis der Bildung der ersten Galaxien
Laut Ferrara wurde mit dem INTERSTELLAR-Projekt ein neuer Standard dafür gesetzt, wie frühe Galaxien erforscht werden – dieser neue Standard wird in der Forschungsgemeinschaft bereits weitgehend anerkannt. „In der Zeit des JWST, in der an jeder Ecke neue Entdeckungen warten, dient INTERSTELLAR als Stein von Rosette, der Forschenden ein fundiertes Verständnis davon bietet, wie sich die ersten Galaxien bildeten“, schließt er. Das INTERSTELLAR-Team arbeitet bereits daran, die Forschung über einen ERC-Synergy Grant auszuweiten. Mehrere einzelne Forschende haben eigene ERC-Projekte ins Leben gerufen. Das Team arbeitet auch mit internationalen Forschungsinitiativen wie REBELS und CRISTAL zusammen und hat zahlreiche Artikel über die Arbeit veröffentlicht.
Schlüsselbegriffe
INTERSTELLAR, Galaxien, Universum, Weltraum, Sterne, interstellare Materie, Urknall, James-Webb-Weltraumteleskop, Atacama Large Millimeter/Submillimeter Array