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Kein Königsweg zum Verständnis des Klimas – warnt ein Wissenschaftler

Die Kipp-Punkte der atlantischen meridionalen Umwälzbewegung sind nicht offensichtlich. Eine neue mathematische Modellierung einer der wichtigsten Meeresströmungen der Erde verdeutlicht die Komplexität des Systems.

Forschende, die von den EU-finanzierten Projekten TiPES und TAOC unterstützt werden, warnen davor, dass Kipp-Punkte in unserem Klimasystem schwieriger vorherzusagen sein könnten als bisher angenommen. Sie zeigen durch die Modellierung der atlantischen meridionalen Umwälzbewegung, eines Meeresströmungssystems, das eine Schlüsselrolle im Klimasystem spielt, dass die Stabilität des Systems viel komplizierter ist als bislang geglaubt wurde. Kurzum: Wir können uns nicht darauf verlassen, dass die Natur uns eindeutige Frühwarnzeichen für eine Klimakatastrophe gibt. Laut der in der Fachzeitschrift „Science Advances“ veröffentlichten Studie setzte das Team ein Ozeanmodell mit primitiven Gleichungen ein, um den Zusammenbruch der atlantischen meridionalen Umwälzbewegung infolge der zunehmenden Gletscherschmelze zu simulieren. Jedem Zusammenbruch würden verschiedene Kipp-Punkte oder Übergänge zwischen verschiedenen stabilen Zirkulationszuständen in der atlantischen meridionalen Umwälzbewegung vorausgehen. Die Forschenden schreiben in ihrer Studie, dass sie anhand von Modellsimulationen über 2,75 Millionen Jahre hinweg eine „sehr zerklüftete Stabilitätslandschaft“ mit bis zu neun nebeneinander existierenden stabilen Zuständen entdeckten.

Keine offensichtlichen Anzeichen

Valerio Lucarini, Mitautor der Studie und Professor an der University of Reading, Vereinigtes Königreich, dem Projektpartner von TiPES, erklärt in einer „EurekAlert!“-Pressemitteilung: „Innerhalb jedes Zustands gibt es eine Vielzahl von benachbarten Zuständen. Je nachdem, wo oder was Sie beobachten, könnten Sie einige Indikatoren für einen bevorstehenden Zusammenbruch finden. Es ist jedoch nicht klar, ob sich dieser Zusammenbruch auf benachbarte Zustände beschränken oder zu einem größeren Umbruch führen wird, da die Indikatoren nur die lokalen Eigenschaften des Systems widerspiegeln.“ Der Forscher sagt weiter: „Diese Zustände sind die verschiedenen Arten, in denen die atlantische meridionale Umwälzbewegung auf großer Ebene organisiert ist, mit wichtigen Auswirkungen auf das globale Klima und insbesondere auf die Regionen im Nordatlantischen Ozean. In einigen Szenarien könnte der Kreislauf einen ‚Kipp-Punkt‘ erreichen, an dem das System nicht mehr stabil ist und zusammenbricht. Die Frühwarnindikatoren sagen uns, dass das System in einen anderen Zustand übergehen könnte, aber wir wissen nicht, welche Unterschiede er aufweisen wird.“ Lucarini verweist auf ein ähnliches Phänomen bei einer separaten Untersuchung paläoklimatischer Aufzeichnungen und stellt fest: „Wird die interessierende Zeitskala geändert – wie bei einem Vergrößerungsglas – können immer kleinere eindeutige Merkmale entdeckt werden, die auf konkurrierende Funktionsweisen des globalen Klimas hindeuten. Die paläoklimatischen Aufzeichnungen der letzten 65 Millionen Jahre haben es uns ermöglicht, die Klimaentwicklung in diesem Zeitraum neu zu interpretieren und diese verschiedenen konkurrierenden Zustände aufzuzeigen.“ Laut Lucarini legt die aktuelle EU-finanzierte Studie den Grundstein für die Erforschung unseres Klimasystems „durch die Brille der statistischen Mechanik und der Komplexitätstheorie“. Er sagt dazu: „Es regt tatsächlich eine neue Sichtweise auf das Klima an, bei der komplexe numerische Simulationen, Beobachtungsdaten und Theorie in einer unvermeidlichen Mischung zusammengebracht werden müssen. Diese Komplexität muss geschätzt und befürwortet werden. Es gibt keinen Königsweg ohne Kehrseiten zum Verständnis des Klimas, aber wir lernen viel daraus.“ Das Projekt TiPES (Tipping Points in the Earth System) endete im Februar 2024. TAOC (Tipping of the Atlantic Ocean Circulation) endet im September 2027. Weitere Informationen: TiPES-Projektwebsite Projekt TAOC

Schlüsselbegriffe

TiPES, TAOC, Klima, Kipp-Punkt, atlantische meridionale Umwälzbewegung, Ozean, Meeresströmung, Klimasystem

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