Das Prinzip von quelloffener Software als neuer Hardwareansatz
Die Entwicklung von kollaborativer Online-Software ist zwar mittlerweile zu einem milliardenschweren Wirtschaftszweig herangewachsen. Doch die Ausweitung dieses Geschäftsmodells auf Hardware gestaltet sich kniffliger. Nichtsdestotrotz entstehen durch die zunehmende Beliebtheit von virtuellem Design, digitaler Fertigung und Makerspaces immer neue Chancen auf diesem Gebiet. „Quelloffene Hardware, kurz OSH, kam Anfang der 2000er Jahre mit der kollaborativen Entwicklung von Technologien wie beispielsweise 3D-Druckern auf“, erklärt der Projektkoordinator von OPEN!NEXT (Company-Community Collaboration for Open Source Development of products and services), Robert Mies, von der Technischen Universität Berlin in Deutschland. „Inzwischen gibt es, insbesondere in der Elektronikindustrie, eine ganze Reihe von Unternehmen, die Hardwaredesigns freigeben und die Kundschaft dabei einbeziehen. Dieses Modell hat allerdings bislang noch keinen allgemeinen Eingang gefunden und viele Unternehmen wissen gar nichts von den Möglichkeiten der OSH“, sagt er.
Quelloffene Hardware verständlich machen
Um diesen Umstand zu ändern, nahm sich das Projekt OPEN!NEXT vor, kleine bis mittelgroße Unternehmen (KMU) zur Zusammenarbeit von Unternehmen und Gemeinschaft zu ermutigen und dabei zu unterstützen. Zu diesem Zweck entwickelte und erprobte es eine IKT-Infrastruktur und digitale Werkzeuge, die ein nahtloses kollaboratives Engineering ermöglichen. „Wir wollten vor allem Unternehmen dabei helfen, den Sinn von OSH zu erkennen“, ergänzt Mies. „Die ganze Thematik kann anfangs überwältigend sein. Deshalb haben wir einen Werkzeugkasten für Geschäftsmodelle entwickelt, der es Unternehmen erleichtert, das Leistungsversprechen von OSH zu ermitteln.“ Für die teilnehmenden Organisationen entwickelte das Team zusätzlich Dokumentierungsvorlagen, anhand derer in den Bereichen Technik und Design Tätige die Weiterverwendung von gemeinsam genutzten OSH-Designs auf strukturierte Weise unterstützen können. „Ein Problem, das uns sofort klar war, war die Tatsache, dass die Leute ihre Designs und ihre Arbeit zwar miteinander teilen wollten, aber im Prinzip nicht wissen, wie sie das eigentlich tun sollen“, so Mies. „Wir haben deshalb die OSH-Bibliothek LOSH geschaffen, über die Designs freigegeben werden können.“ OPEN!NEXT arbeitete außerdem an digitalen Lösungen zur Erleichterung der kollaborativen Fertigung, darunter eine kompetenzbasierte Kooperationsvermittlung sowie Werkzeuge für das Navigieren in und die Nutzung von Online-Datenbanken. Ziel dahinter war es, die nötige Grundlage zu schaffen, auf der OSH-Projekte Forschung betreiben, ihre Dokumentierung pflegen und Fertigungstätigkeiten und gemeinschaftsbildende Aktivitäten durchführen können.
Erprobte Online-Angebote und Werkzeugkästen
Die Auslegung der Werkzeuge orientierte sich konkret an den Anforderungen der sechs von KMU geleiteten Pilotprojekte in Amsterdam, Berlin, Kopenhagen und Wien. Diese Pilotprojekte befassten sich mit realen Anwendungsfällen, so zum Beispiel der Entwicklung von quelloffenen Erweiterungen für Elektrofahrzeuge mit Solarzellen, die Arbeit an einer Vorrichtung zur Überwachung der Luftqualität, die sich an ein Fahrrad anbringen lässt, und die gemeinsame Ausarbeitung von neuen Möglichkeiten, um die Verschwendung von Restholz aus der Möbelproduktion zu minimieren. Die Erfahrungen und Rückmeldungen aus diesen Projekten halfen dem Team von OPEN!NEXT dabei, die digitalen OSH-Lösungen noch genauer zu definieren und weiter zu verfeinern. Maßgeblichen Anteil daran hatten 12 freiwillig teilnehmende KMU, die über einen Aufruf zur Zusammenarbeit ausgewählt wurden.
Hilfreicher Einsatz von quelloffenen Hardwaredesigns
Die erfolgreichen Demonstrationen verdeutlichten das Innovationspotenzial dieses digitalen OSH-Ansatzes. Die Online-Datenbank und die Werkzeugkästen des Projekts sind nun für alle Unternehmen, die sich für die Entwicklung von OSH interessieren, in LOSH frei zugänglich. „Diese Werkzeuge sind in so gut wie allen Entwicklungsfällen zwischen Unternehmen und Verbrauchenden B2C anwendbar“, merkt Mies an. „Überraschend war dabei unter anderem, wie natürlich KMU und Makerspaces einander ergänzten. Dem sollte meiner Meinung nach näher nachgegangen werden.“ Ein weiterer interessanter Aspekt des Projekts war die Mitwirkung und Begeisterung von Kunstschaffenden. „Wir sind der Auffassung, dass OSH für die Kreativbranche eine Bereicherung darstellen könnte“, merkt Mies an. Das Projekt OPEN!NEXT konnte nicht nur zur kollaborativen Entwicklung und Fertigung anregen, sondern ermöglichte auch eine optimalere Nutzung bereits vorhandener Designs. Langfristig könnte diese kollaborative Arbeitsweise es KMU erleichtern, ihre Entwicklungskosten zu senken, Betriebseffizienzen zu steigern und die Kundschaft für nutzerzentriertere Designs stärker einzubeziehen.
Schlüsselbegriffe
OPEN!NEXT, Hardware, OSH, Open-Source-Hardware, 3D-Drucker, Herstellung, Produktion, Software, Zusammenarbeit, quelloffen