Entwicklung wirksamer Bewertungsinstrumente für energieeffiziente Gebäude
Gebäude machen in Europa den Großteil des Energieverbrauchs aus. Sie sind für etwa 40 % der in der EU verbrauchten Energie und 36 % der ausgestoßenen Treibhausgase verantwortlich. Doch nur ein Prozent wird jedes Jahr energetisch saniert. Um die europäischen Klimaziele zu erreichen, müssen die Gebäude viel energieeffizienter werden, und die dafür eingesetzten Instrumente müssen weiter optimiert werden. Ein solches Instrument ist der Energieausweis, der Informationen über die Energieeffizienz eines Gebäudes und empfohlene Verbesserungen anzeigt. Allerdings muss er auch im Hinblick auf die Umsetzung, Datenqualität und Zuverlässigkeit verbessert werden. Im Rahmen des EU-finanzierten Projekts TIMEPAC wird eben dies angestrebt. Es entwickelt einen neuen, dynamischen Energieausweis, der die Gebäudeleistung im Zeitverlauf verfolgt, um Hauseigentumsparteien zu befähigen und zu motivieren, ihre Gebäude so energieeffizient wie möglich zu machen.
Unzureichende Informationen
Eine Pressemitteilung auf ‚Energy Post‘ zeichnet ein Bild der aktuellen Situation. Obwohl Energieausweise für alle in der EU zum Verkauf oder zur Vermietung angebotenen Gebäude vorgeschrieben sind, bieten sie nicht genügend Informationen, um die tatsächliche Energieeffizienz eines Gebäudes zu beurteilen. Sie geben auch keinen Aufschluss über das Potenzial eines Gebäudes, Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energie zu installieren oder die erzeugte Energie ins Netz einzuspeisen. Wie der Projektleiter von TIMEPAC, Prof. Leandro Madrazo von der Ramon Llull Universität in Spanien, in der Pressemitteilung erklärt, sind die aktuellen Zertifikate zu einer reinen Verwaltungsvorschrift geworden und nicht zu einem wirksamen Instrument für die Renovierung des Gebäudebestands. Laut Prof. Madrazo vollzieht sich im Prozess der Energiezertifizierung ein „Paradigmenwechsel“.Der Fokus liegt nicht mehr nur auf der Energieleistung eines Gebäudes als isoliertem Bauwerk, sondern vielmehr als Teil eines größeren, vernetzten Systems. „Ursprünglich war ein Energieausweis ein Etikett für ein Gebäude, so wie man ein Etikett für ein Gerät, beispielsweise einen Kühlschrank, hat. Aber Gebäude sind nicht einfach nur Geräte: Gebäude sind bewohnt, das heißt, sie können nicht losgelöst von der wirtschaftlichen Kapazität und den kulturellen Werten der Menschen, deren persönlichen Zielen und Lebensgewohnheiten betrachtet werden, die sich im Laufe der Zeit ebenso wie die Gebäude verändern“, merkt er an. Der neue, dynamische Energieausweis wird daher Daten über den tatsächlichen und nicht den geschätzten Energieverbrauch eines Gebäudes sowie Informationen über die Leistung der Baustoffe und das Komfortniveau der dort wohnenden Personen beinhalten. „Komfort bedeutet nicht nur Wärmekomfort, sondern auch Luftqualität in Innenräumen, visuellen Komfort und akustische Gesichtspunkte“, erklärt Prof. Vincenzo Corrado vom italienischen Projektpartner Polytechnikum Turin. Gebäude bergen außerdem das Potenzial, Energie zum Aufladen von Elektroautos zu erzeugen. TIMEPAC sieht Gebäude sowohl als Energieverbraucher als auch als Energieproduzenten, „sodass es eine kontinuierliche Verbindung zwischen jedem Gebäude und der Außenumgebung in Bezug auf den Energie- und Informationsaustausch geben wird“, so Prof. Corrado. Als Teil seiner Bestrebungen zur Verbesserung der EU-Instrumente für die Energiezertifizierung von Gebäuden lädt TIMEPAC (Towards innovative methods for energy performance assessment and certification of buildings) Bausachverständige ein, ihre Meinung über die Zukunft der Gebäudezertifizierung und Gebäudesanierung in der EU durch eine zehnminütige Online-Umfrage zu äußern. Unter dem Titel ‚GETTING READY FOR THE BUILDING RENOVATION WAVE‘ soll die Umfrage dazu beitragen, etwaige Hürden oder Hindernisse bei der Umsetzung der neuen Energieausweise zu ermitteln. Weitere Informationen: TIMEPAC-Projektwebsite
Schlüsselbegriffe
TIMEPAC, Gebäude, Energie, Zertifizierung, Renovierung, Energieausweis