Das Geheimnis der so zart auf der Zunge zergehenden Schokolade lüften
Im Rahmen des EU-finanzierten Projekts LubSat gelangen wertvolle Einblicke in den Prozess, der abläuft, wenn jemand ein Stück Schokolade in den Mund steckt, es zu schmelzen beginnt und dann die von uns allen so geliebte weiche Textur entsteht. Die Forschenden hegen die Hoffnung, dass die Entschlüsselung dieses Prozesses ihnen dabei hilfreich sein könnte, eine neue Generation von Edelschokoladen mit der gleichen unwiderstehlichen Textur zu kreieren, die aber nach dem Genuss keine Schuldgefühle hinterlässt. Die Studie wurde in der Fachzeitschrift „ACS Applied Materials & Interfaces“ veröffentlicht.
Alles nur eine Frage der Schmierung
Das Schokoladengefühl in unseren Mündern rührt von der Art und Weise her, wie die Schokolade zu einer weichen Emulsion zerläuft. Diese schmierige Konsistenz kann durch die Inhaltsstoffe der Schokolade, unseren Speichel oder eine Kombination aus beidem entstehen. Auch das Fett übernimmt eine wichtige Rolle, sobald ein Stück Schokolade die Zunge berührt. Erst danach werden die festen Kakaopartikel, die freigesetzt werden, wichtiger dafür, wie sich die Schokolade im Mund anfühlt. Das bedeutet, dass das Fett im Inneren der Schokolade einen geringeren Einflussfaktor darstellt, sodass eine Reduzierung dieses Anteils das Schokoladengefühl nicht beeinträchtigen würde. „Die Wissenschaft von der Schmierung gibt mechanistische Einblicke in die Art und Weise, wie sich ein Lebensmittel tatsächlich im Mund anfühlt. Man kann dieses Wissen anwenden, um Lebensmittel mit besserem Geschmack, angenehmerer Textur oder gesundheitlichem Nutzen zu entwickeln“, erklärt die Studienhauptautorin Prof. Anwesha Sarkar von der Universität Leeds, an der das Projekt LubSat angesiedelt ist, in einer auf „SciTechDaily“ veröffentlichten Pressemitteilung. „Egal ob eine Schokolade nun 5 % oder 50 % Fett hat, sie bildet immer noch Tröpfchen im Mund, die für das besondere Schokoladengefühl verantwortlich sind. Es ist jedoch der Ort, an dem sich das Fett in der Schokolade befindet, der in jeder Phase der Entstehung der schmierig-leckeren Konsistenz eine Rolle spielt, und dieser Punkt wurde bisher kaum erforscht. Wir weisen nach, dass sich die Fettschicht auf der äußeren Schicht der Schokolade befinden muss, denn das ist am wichtigsten, gefolgt von einer wirklich guten Ummantelung der Kakaopartikel durch Fett, die dafür sorgt, dass sich die Schokolade so unwiderstehlich anfühlt.“ Das Team verwendete für die Studie eine dunkle Schokolade einer Luxusmarke und führte damit Tests auf einer künstlichen dreidimensionalen Oberfläche durch, die der menschlichen Zunge nachempfunden wurde. Die Forschenden untersuchten mithilfe von Analyseverfahren aus einem ingenieurwissenschaftlichen Gebiet, der Tribologie, die Wechselwirkung und Reibung zwischen Fluiden und Oberflächen sowie die Rolle, welche dabei die Schmierung (d. h. Speichel oder Flüssigkeiten aus der Schokolade) spielt. Sie fanden heraus, dass das zartschmelzende Gefühl von Schokolade im Mund von einem Fettfilm herrührt, den sie bei Berührung mit der Zunge abgibt. „Wir denken, dass anhand des Verständnisses der beim Verzehr von Schokolade ablaufenden physikalischen Mechanismen eine neue Schokoladengeneration entwickelt werden kann, die zwar das Gefühl und den Sinneseindruck fettreicher Schokolade vermittelt, aber eine gesündere Alternative darstellt“, erklärt Erstautor Dr. Siavash Soltanahmadi, ebenfalls von der Universität Leeds. „Unsere Forschung eröffnet den Herstellungsbetrieben die Chance, Rezepte für dunkle Schokolade auf intelligente Weise derart zu gestalten, dass der Gesamtfettgehalt reduziert wird. Wir denken, dass dunkle Schokolade mit einer abgestuft geschichteten Struktur hergestellt werden kann, bei der das Fett die Oberfläche der Schokoladen- und Kakaopartikel bedeckt, um zu dem begehrten Genusserlebnis zu gelangen, ohne zu viel Fett im Inneren der Schokolade hinzufügen zu müssen.“ Den Forschenden von LubSat (Unravelling Multi-scale Oral Lubrication Mechanisms (macro-to-nano): A Novel Strategy to Target Satiety) zufolge könnten die in der Studie eingesetzten Verfahren gleichermaßen der Untersuchung weiterer Lebensmittel wie beispielsweise Eiscreme und Margarine dienen, die einen ähnlichen Phasenwechsel durchlaufen. Weitere Informationen: LubSat-Projektwebseite
Schlüsselbegriffe
LubSat, Schokolade, Fett, Mund, Textur, Gefühl, Empfindung, Sinneseindruck, schmierige Konsistenz, Schmierung