Würmer als Informationsquelle für das Kunststoffmanagement der Zukunft
Seit über 50 Jahren schadet der unsachgemäße Umgang mit Kunststoffabfällen zunehmend der menschlichen Gesundheit und der Umwelt. Heutzutage kommt Kunststoff, insbesondere Kunststoffverpackungen, überall vor, obwohl die Nachteile der aktuellen Kunststoffwirtschaft jeden Tag deutlicher werden. Wenn die Produktion und die Abfallwirtschaft so weiterlaufen, werden bis 2050 schätzungsweise 12 Milliarden Tonnen Kunststoffabfälle auf Deponien oder in der Natur liegen. Aufgrund des dringenden Bedarfs für die nachhaltige Kunststoffproduktion und dessen Abbau wurden wichtige Bemühungen durchgeführt, einzigartige Mikroorganismen zu isolieren und zu finden, die Kunststoff als Kohlenstoffquelle verwenden können. Doch trotz der erreichten empirischen Nachweise sind die Raten des biologischen Abbaus nur sehr gering. Das EU-finanzierte Projekt SOLFORPLAS hat modernste Möglichkeiten der Biologie, darunter Fermentierung und analytische Prozesse, zusammen mit aktuellen Methoden der Forschung zur industriellen Mikrobiologie angewandt, um den biologischen Abbau von Kunststoff zu erforschen. Die Forschung wurde im Rahmen der Marie-Skłodowska-Curie-Maßnahmen unterstützt. Die innovative Strategie von SOLFORPLAS kombiniert einen Extruder und einen Bioreaktor. Es kommen physikalische, chemische und biologische Behandlungen zum Einsatz, die den gesamten Ablauf des biologischen Abbaus in Würmern nachbilden. Das Ganze stellt eine mögliche Lösung für die Kunststoffverschmutzung dar.
Ein wichtiger Meilenstein im Bereich der Kunststoffwiederverwertung
Das im Rahmen von SOLFORPLAS getestete Polymer, Polyethylen, wurde erfolgreich über eine physikochemische Behandlung vorabgebaut. Dieses Verfahren ist zusätzlich umweltfreundlich. Durch die Behandlung zeigte sich eine Reduktion des Molekulargewichts und eine Anstieg des Carbonyl-Index (Oxidation) des Polymers. Die langen Kohlenstoffketten wurden also wirksam aufgebrochen und die chemische Struktur wurde oxidiert, was die nachfolgende Depolymerisation durch Mikroorganismen unterstützt. „Das ist von großer Bedeutung, denn kein Mikroorganismus kann unbehandeltes Polyethylen selbstständig abbauen. Das Polymer muss also vorbehandelt werden, bevor es Mikroorganismen ausgesetzt wird“, erklärt die Projektkoordinatorin Gemma Buron-Moles. Die Charakterisierung und Optimierung der wirksamsten Prozesse zum Kunststoffabbau wird zweifelsfrei von kommerziellem Interesse für Industrien sein. Darüber hinaus wird das Endprodukt nach dem biologischen Abbau Biomasse in Form von Einzellprotein sein. Das ist eine umweltfreundliche, nachhaltige Alternative zur Ergänzung der menschlichen Ernährung oder Anreicherung von Tierfuttermitteln (Proteinquelle in der umweltfreundlichen Chemie), sodass der Prozess zur Kreislaufwirtschaft wird.
Markteinführung eines ersten nachhaltigen biologischen Abbaus
„Angewandte Forschung kann zu patentierbarem Wissen führen, das wichtige Auswirkungen auf die Industrie haben könnte“, merkt Buron-Moles an. Es muss weiterführend geforscht werden, um die Ergebnisse kommerziell auszunutzen. Das Team hat mögliche kommerzielle Anwendungen aufgezeigt und zum potenziellen Nutzen ihrer Ergebnisse gehören wissenschaftliche und technologische Kooperationen mit grünen Industrien zum Aufbau einer Versuchslinie zum biologischen Abbau von Kunststoff, die auf ihrer Extrusionstechnologie und dem Fachwissen beruhen. Das industrielle Interesse an den SOLFORPLAS-Ergebnissen zeigte sich auch in der Kollaboration mit Polymer Char in Spanien, einem Unternehmen mit 30 Jahren Erfahrung in der Polymercharakterisierung, das die Proben durch Gelpermeationschromatographie analysiert hat. Das Kommerzialisierungspotenzial der Projektergebnisse ist also sehr groß und könnte für Unternehmen und Industrien im Bereich Kunststoffwiederverwertung und -aufbereitung interessant sein. „Unser Beitrag zur Lösung dieses bedeutenden Problems wird vermutlich große Auswirkung haben in Form von hochkarätigen Veröffentlichungen. So wird die Aufmerksamkeit der Medien gewonnen und das soziale Bewusstsein für das Problem geschärft, auch für eine allgemeine Perspektive der damit verbundenen Gesundheitsprobleme“, merkt Buron-Moles an. Die Veröffentlichungen im Rahmen von SOLFORPLAS werden derzeit vorbereitet.
Schlüsselbegriffe
SOLFORPLAS, Kunststoff, biologischer Abbau, Kunststoffabfälle, Kunststoffwiederverwertung, Würmer, Polyethylen, Depolymerisation, Biomasse