Ein besseres Verständnis der Mikroevolution des Kurzflossen-Mako
Der Kurzflossen-Mako (Isurus oxyrinchus) ist als höchst akrobatischer Jäger und als schnellster Hai der Welt bekannt, der Geschwindigkeiten von bis zu 74 km/h erreichen kann. Doch bei all seinem Können als Schwimmer schafft er es leider nicht, dem Aussterberisiko zu entschwimmen. Er steht derzeit auf der Roten Liste gefährdeter Arten der Weltnaturschutzunion und wird in Anhang II des Washingtoner Artenschutzübereinkommens CITES geführt. „Haie sind gegenüber menschlicher Nutzung und Klimawandel besonders anfällig. Besonders Kurzflossen-Makos werden in ihrem gesamten Verbreitungsgebiet kommerziell genutzt und in bestimmten Fällen scheint die Population unter enormem Druck zu stehen“, erklärt Romina Henriques, Stipendiatin im Rahmen der Marie-Skłodowska-Curie-Maßnahmen (MSCA). Ein Rückgang der Populationsgröße kann das Maß der genetischen Vielfalt und damit auch das evolutionäre Potenzial einer Art langfristig beeinträchtigen. „Im Fall des Kurzflossen-Mako ist leider erst wenig über die genetische Geschichte und die ökologischen Auswirkungen auf die Population bekannt. Im DiMaS-Projekt mit Unterstützung der Marie-Skłodowska-Curie-Maßnahmen strebten wir an, die langfristigen Veränderungen in der Populationsgeschichte dieser Art besser zu verstehen“, so Einar Eg Nielsen, Professor an der Technischen Universität Dänemark.
Ein Blick in die Vergangenheit für ein besseres Verständnis der Zukunft
Um dieses Ziel zu erreichen, verfolgte DiMaS einen retrospektiven genomischen Ansatz. Anhand von historischen und zeitgenössischen Proben von Kiefer, Wirbelkörpern und Gewebe untersuchte das Team die Populationskonnektivität, genetische Vielfalt und Populationsgröße im Verlauf der vergangenen 200 Jahre. „Um die Auswirkungen externer Druckfaktoren wie der Fischerei auf die Evolutionsgeschichte des Kurzflossen-Mako wirklich zu verstehen, sind Proben aus der Zeit erforderlich, bevor seine verstärkte Nutzung etabliert war“, fügt Henriques hinzu. Die älteste Probe, die im Rahmen des Projektes gesammelt wurde, stammte aus dem Jahr 1790, die jüngste aus dem Jahr 2018. Die Forschenden verfolgten einen zielangereicherten Sequenzierungsansatz, um mögliche Verunreinigungen der DNA aus anderen Quellen zu minimieren. Anschließend erstellten sie ein Panel mit spezifischen molekularen Markern von Lamniforen (Weißer Hai, Kurzflossen-Mako, Sandtigerhai), um die zeitgenössische Populationsstruktur sowie historische Veränderungen von Konnektivitätsmustern, Ausmaß der genetischen Vielfalt und effektiven Populationsgrößen zu bewerten. „Unsere Proben stammten aus wichtigen Regionen, wie dem Nordwest- und Nordostatlantik, dem Mittelmeer, dem Südwest- und Südostatlantik, dem südwestlichen und südöstlichen Indischen Ozean und dem Südwest- und Nordostpazifik“, so Henriques.
Wichtige Erkenntnisse
„Interessanterweise deuten unsere Ergebnisse auf Veränderungen der historischen Konnektivität zwischen den Populationen der Kurzflossen-Makos hin. Der Genfluss zwischen den Regionen ist im Laufe der Zeit nicht konstant geblieben“, bestätigt Henriques. Die Ergebnisse lassen zudem vermuten, dass diese Art, die zuvor als eine einzige Population betrachtet wurde, tatsächlich aus unterschiedlichen Populationseinheiten innerhalb der einzelnen Gebiete bestehen könnte. Die Konnektivität ist jedoch unverändert stark. Zu den Hauptaufgaben von DiMaS gehörte auch die Beurteilung der Frage, ob die berichteten Populationsrückgänge bei den Kurzflossen-Makos mit einem Rückgang der genetischen Vielfalt einhergingen. „Die generierten Daten konnten das nicht bestätigen. Das könnte uns zwar einerseits Grund zu verhaltenem Optimismus geben, andererseits könnte es aber auch daran liegen, dass der Kurzflossen-Mako eine Haiart mit hoher Lebenserwartung ist und der Druck auf die Population noch nicht lange genug bestanden hat, um einen Rückgang der genetischen Vielfalt herbeizuführen“, erklärt Henriques. Mit Blick auf die Zukunft können die Ergebnisse zur Populationskonnektivität eine nützliche Grundlage für politische Maßnahmen für die nachhaltige Fischerei auf Kurzflossen-Mako liefern, da sie generell geographisch gestützt sind. „Ich bin überzeugt, dass dies eine der wichtigsten Wirkungen von DiMaS sein wird. Wir werden nun einen Teil der Datenanalysen abschließen, um die Veränderungen der Populationskonnektivität, die im Laufe der Zeit stattgefunden haben, statistisch auszuwerten“, so Henriques abschließend.
Schlüsselbegriffe
DiMaS, Kurzflossen-Mako, genetische Vielfalt, Populationskonnektivität, Populationsgeschichte, retrospektiver genomischer Ansatz, Evolutionsgeschichte