Übergang zum dezentralen, intelligenten Stromnetz in Schwung bringen
Die EU hat mit den von ENTSO-E entworfenen Netzwerkkodizes und dem Paket „Saubere Energie für alle Europäerinnen und Europäer“ die Energiewende auf den Weg gebracht. Die Maßnahmen fördern die Beschaffung von Dienstleistungen sowohl auf der Übertragungs- als auch der Verteilungsebene und gestatten auf diese Weise ein effektiveres Netzmanagement, eine stärkere nachfrageseitige Steuerung und einen Ausbau der Erzeugungskapazität an Strom aus erneuerbaren Energiequellen. Die Unternehmen rund um den Übertragungs- und Verteilnetzbetrieb sind nun aufgefordert, die Beschaffungsdienstleistungen in Zusammenarbeit mit den aktiv am Markt Teilnehmenden zu definieren und zu koordinieren. „Die Digitalisierung erleichtert die Koordinierung und das aktive Systemmanagement im Stromnetz, wodurch die die Übertragungs- und Verteilungsnetze Betreibenden den Einsatz dezentraler Ressourcen optimieren sowie einen kosteneffizienten und zuverlässigen Stromfluss gewährleisten können. Zudem können die Endnutzenden zu aktiv am Markt Teilnehmenden werden, indem sie beispielsweise selbst erzeugten Strom verkaufen oder den Energiebedarf ausgleichen“, sagt Georgios Boultadakis, Koordinator des EU-finanzierten Projekts INTERRFACE. Interoperablen Lösungen wird bei der Überwindung technischer Barrieren, die gegenwärtig den nahtlosen Datenaustausch zwischen den Aktiven und Systemen der Wertschöpfungskette behindern, eine Schlüsselbedeutung zukommen.
Neue Plattform unterstützt Wertschöpfung aus digitalen Technologien
INTERRFACE trägt durch die Entwicklung einer interoperablen europaweiten Architektur für Netzdienstleistungen (Interoperable pan-European Grid Services Architecture, IEGSA) dazu bei, die Punkte zwischen allen Beteiligten entlang der gesamten Stromwertschöpfungskette zu verbinden. Als Schnittstelle zwischen Übertragungs- und Verteilernetzbetreibenden führt sie genormte Verfahren für Marktbetrieb, Dienstleistungsgestaltung und Beschaffung ein. „Die neue Plattform für elektrische Stromnetze und ihre miteinander verbundenen Instrumente und Anwendungen vereinfachen Marktprozesse wie etwa die Stromnetz-Präqualifikation. Sie stärken außerdem die Rolle der Lastmanagement-Dienstleistungsunternehmen, der sogenannten Aggregatoren, die das Stromgeschäft umgestalten können, indem sie die Eintrittsbarriere in den Energieeinzelhandelsmarkt senken, eine feste Verbindung zwischen den Verbrauchenden und dem Energiemarkt herstellen und für kleine aktiv Mitwirkende gleiche Wettbewerbsbedingungen schaffen“, fügt Boultadakis hinzu. Zudem verknüpft diese verfeinerte Dienstleistungsarchitektur die wichtigsten Instrumente und Daten für Netzbetreibende, Strombörsen und am Markt Teilnehmende, fördert die Kommunikation zwischen verschiedenen Datendrehscheiben und Marktanwendungen und erleichtert im Endeffekt die Integration der Energiemärkte.
Blick in die inneren Komponenten der Plattform
Die IEGSA-Plattform weist etliche Komponenten auf, die das Tagesgeschäft an den Märkten erleichtern. Die Flexibilitätsregisterkomponente sammelt und gibt relevante Informationen über potenzielle Flexibilitätsquellen weiter und erlaubt auf diese Weise die nahtlose Anbindung von Flexibilitätsdienstleistungsunternehmen, die somit ihre Flexibilitätsprodukte auf den Markt bringen können. Sie erhebt Daten über statische und dynamische Merkmale von Flexibilitätsressourcen, wodurch ein genauer Einblick in das verfügbare Flexibilitätspotenzial geschaffen und außerdem ein effizientes Portfoliomanagement für Dienstleistungsunternehmen möglich wird. Die Koordinierungsplattform fördert die Zusammenarbeit zwischen Stromnetzbetriebsunternehmen und ermöglicht den Datenaustausch über klar definierte, interoperable und genormte Anwendungsprogrammierschnittstellen, die dem Common Information Model Standard entsprechen. Außerdem erleichtert sie die Angebotsqualifizierung auf verschiedenen miteinander verbundenen Dienstleistungsmärkten. Eine weitere Komponente, die einheitliche Marktschnittstelle, hilft dabei, Marktplätze mit der Plattform zu verbinden, und gestattet den Austausch marktbezogener Daten. Zu guter Letzt ist die Abrechnungseinheit für die Berechnung des Energiezahlungsausgleichs zuständig. Die INTERRFACE-Plattform kam bereits in neun Ländern zum Einsatz. Die Demonstratoren decken drei Themenbereiche ab: Engpassmanagement und Ausgleich, Peer-to-Peer-Handel sowie den gesamteuropäischen Strommarkt. „Insgesamt ebnen die Errungenschaften des Projekts INTERRFACE den Weg zur Einbindung größerer Mengen erneuerbarer Energien in das Elektrizitätssystem, ohne die Versorgungssicherheit zu beeinträchtigen, was als Schlüssel zur Erreichung der CO2-Neutralität in der EU bis 2050 gilt“, bekräftigt Boultadakis abschließend.
Schlüsselbegriffe
INTERRFACE, Beschaffung, Stromnetzbetriebsunternehmen, Digitalisierung, verteilte Ressourcen, Stromnetzdienstleistungsarchitektur, Integration der Energiemärkte, Peer-to-Peer-Handel