Ein bisher unerreichtes Maß an Präzision in der Krebsoperation
In der onkologischen Chirurgie haben die Operierenden die schwierige Aufgabe, das gesamte Krebsgewebe zu entfernen und zugleich das gesunde umliegende Gewebe so weit wie möglich zu erhalten. Diese entscheidende Phase der Operation bestimmt das Risiko eines Rezidivs, die postoperative Funktionalität und das kosmetische Ergebnis. Die unmittelbare Grenzbestimmung während des Eingriffs kann daher die Patientenversorgung verbessern. Das EU-finanzierte Projekt HistologTM Scanner, das inzwischen Histolog® Scanner heißt, stellt Ärztinnen und Ärzten eine neue Bildgebungsmodalität zur Verfügung, um ihnen diesen Entscheidungsfindungsprozess zu erleichtern und damit zu einer höheren Lebensqualität für Betroffene und niedrigeren Reoperationsraten beizutragen.
Ein neuer Ansatz im Operationssaal
Die Tumorexzision ist als gängigste Behandlungsmethode bei diversen Krebserkrankungen etabliert, wobei Brustkrebs die häufigste Krebsart in Europa darstellt. Gelingt dieser äußerst schwierige Vorgang nicht vollständig, wird eine Folgeoperation erforderlich. Das wiederum erhöht die Belastung der Betroffenen und treibt die Kosten in die Höhe. Der seit 2016 CE-gekennzeichnete Histolog® Scanner basiert auf der massiv-parallelen Konfokalmikroskopie und bietet ein intraoperatives Bildgebungsverfahren, das solche Probleme verringert. Es ermöglicht die Echtzeitdarstellung von Krebszellen an einem Operationspräparat während der Operation. Zudem kann es die Morphologie des frisch exzisierten Gewebes unmittelbar darstellen, ohne dass dieses eingefroren oder fixiert werden muss. „Unsere vorrangige Mission ist es, einen neuen Maßstab für die Grenzbestimmung bei Brusttumoren zu setzen und das Verfahren auf andere Anwendungen in der onkologischen Chirurgie auszuweiten, da sich die zugrunde liegende Erkennungsmethode auf alle Krebserkrankungen anwenden lässt“, erklärt Bastien Rachet, Geschäftsführer und Mitbegründer von SamanTree Medical. „Wir entwickeln außerdem eine Führungssoftware auf der Basis von künstlicher Intelligenz, die klinische Teams noch besser unterstützen und die Standardisierung unseres Ansatzes weiter voranbringen wird.“
Medizinische Innovation: ein wissenschaftlicher Hürdenlauf
Während der dreijährigen Förderung durch HORIZONT 2020 konzentrierte sich das Projektteam darauf, die nötigen klinischen Daten für die Kommerzialisierung der patentierten Plattform zu generieren. Im Rahmen einer klinischen Studie in Zusammenarbeit mit dem Gustave Roussy Institut, einem der führenden Krebszentren der Welt, entwickelten die Forschenden eine Reihe von Histolog®-Bildern von Brustkrebsproben, in denen ein Beirat von Pathologinnen und Pathologen normale und krebsartige Gewebestrukturen annotierte und klassifizierte. Diese Arbeit diente dem Unternehmen SamanTree Medical als wichtige Grundlage zur Entwicklung von Schulungsmaterial für Ärztinnen und Ärzte. „Ohne unsere Entschlossenheit, weiterzumachen, wäre dieses Projekt durch die COVID-19-Gesundheitskrise stark beeinträchtigt worden“, räumt Rachet ein. Das Team entwickelte IT-Tools, um eine effiziente Konfiguration für die Telearbeit mit den internationalen Partnern des Projektes zu unterstützen und auch während der Pandemie sicher weiterzuarbeiten. „Daran zeigt sich beispielhaft, wie wichtig es ist, Innovationen bei digitalen Werkzeugen für die Medizin vorzuschlagen, und wie entscheidend die finanzielle Unterstützung für solche Innovationen durch die Europäische Kommission ist“, betont Rachet.
Unterstützung der Krebsbehandlung in allen Phasen
Die innovative Lösung geht gegenwärtig auf die Herausforderungen ein, die sich im Operationssaal stellen. Die Plattform hat jedoch auch das Potenzial, die prätherapeutische Diagnostik und Laboranalysen zu verbessern und zu ergänzen. Auch für die Untersuchung von Biopsien und Proben werden sich deutliche Vorteile ergeben. „Die Optimierung der Entscheidungsfähigkeit während der Operation ist erst der Anfang – wir verfolgen außerdem das Ziel, dem klinischen Personal bessere Diagnosemöglichkeiten bei der Durchführung von Biopsien oder Probenanalysen im Labor zur Verfügung zu stellen“, so Rachet abschließend. „Wir haben bereits den Grundstein für künftige Kooperationen in Europa und den USA gelegt und werden stetig weiter in diese Richtung voranschreiten.“
Schlüsselbegriffe
Histolog® Scanner, Krebs, Chirurgie, Operation, Ärztinnen, Ärzte, klinisches Personal, Operationssaal, Brustkrebs, Grenzbestimmung, Tumorgrenzbestimmung, Krebsbehandlung, Biopsie