Einsatz von KI zur Krebsbehandlung
Nanopartikel (NP) sind kleine Partikel mit einer Größe zwischen 1 und 100 Nanometern. Zur Veranschaulichung: Man bräuchte achthundert Partikel von 100 Nanometern Größe nebeneinander, um die Breite eines menschlichen Haares zu erreichen. Diese vielseitigen Nanopartikel bieten neue Möglichkeiten für die Krebsforschung, da sie die Genauigkeit der Diagnose verbessern und eine zielgerichtete Behandlung direkt am Tumor ermöglichen können. Nanopartikel können zur Abgabe von Medikamenten an Krebszellen verwendet werden. Sie werden so konzipiert, dass sie von den erkrankten Zellen angezogen werden. Dies ermöglicht eine direkte Behandlung dieser Zellen.
An der Spitze der Nanomedizin in der Krebsforschung
Forschende des EU-finanzierten Projekts EVO-NANO haben eine revolutionäre, quelloffene Software entwickelt, die durch den Einsatz von KI virtuelle Tumoren züchten und behandeln kann. Die KI optimiert dabei automatisch das Design der Nanopartikel zur Behandlung der Tumoren. Das Team stellte die Plattform EVONANO vor und präsentierte seine Ergebnisse in der Zeitschrift „Computational Materials“. Die Kultivierung und Behandlung virtueller Tumoren ist ein wichtiger Fortschritt bei der Entwicklung neuer Krebstherapien. Die Medizin kann mit virtuellen Tumoren die Gestaltung von NP-basierten Medikamenten verbessern, ehe diese im Labor oder an Patientinnen und Patienten getestet werden. „Durch Simulationen können wir viele Behandlungen sehr schnell und bei einer Vielzahl von Tumoren testen“, so Dr. Sabine Hauert, außerordentliche Professorin für Schwarmtechnologie beim Projektpartner, der Universität Bristol, in einer Pressemitteilung. „Angesichts der Komplexität von Krebserkrankungen stehen wir mit der Herstellung virtueller Tumoren noch am Anfang, aber wir hoffen, dass selbst diese einfachen digitalen Tumoren uns dabei helfen können, effizientere Nanomedikamente gegen Krebs zu entwickeln.“ Dr. Hauert erklärt, dass die Software, mit der virtuelle Tumoren gezüchtet und behandelt werden können, für die Entwicklung gezielter Krebstherapien von Nutzen sein könnte. „In Zukunft könnte die Erstellung eines digitalen Zwillings von Patiententumoren die Entwicklung neuer Nanopartikel-Behandlungen ermöglichen, die speziell auf die jeweiligen Betroffenen zugeschnitten sind. Dabei wären keine umfangreichen Versuche oder Laboruntersuchungen erforderlich, die oft kostspielig sind und nur eine begrenzte Möglichkeit bieten, schnell auf für einzelne Patientinnen und Patienten geeignete Lösungen zu reagieren.“
Krebszellen effizienter anvisieren
Das Forschungsteam nutzte die EVONANO-Plattform, um einfache sowie komplexere Tumoren mit Krebsstammzellen zu simulieren. Diese sind möglicherweise schwer zu behandeln, weshalb manche Krebspatientinnen und -patienten einen Rückfall erleiden. Mitautor Dr. Igor Balaz von der Universität Novi Sad, dem Projektkoordinator, führt aus: „Das von uns in EVONANO entwickelte Instrument ist eine vielseitige Plattform, um Hypothesen über die Wirksamkeit von Nanopartikeln bei verschiedenen Tumorszenarien zu testen. Die physiologische Wirkung veränderter Nanopartikel-Parameter kann nun so detailliert simuliert werden, wie es experimentell kaum möglich ist.“ „Dies war eine große Teamleistung, an der Forschende des Bereichs Informatik aus ganz Europa in den letzten drei Jahren beteiligt waren“, fasst der Mitautor der Studie, Dr. Namid Stillman von der Universität Bristol, zusammen. „Ich denke, dies zeigt, wie leistungsfähig die Verbindung von Computersimulationen und maschinellem Lernen ist, um neue und aufregende Wege zur Behandlung von Krebs zu finden.“ Das Hauptziel von EVO-NANO (Evolvable platform for programmable nanoparticle-based cancer therapies) ist die Schaffung einer völlig neuen Plattform für das Design von Nanopartikeln zur schnellen Entwicklung und Bewertung neuer Krebsbehandlungen. Das Projekt endet im März 2022. Weitere Informationen: EVO-NANO-Projektwebsite
Schlüsselbegriffe
EVO-NANO, Krebs, Nanomedizin, Krebszelle, Nanopartikel, Tumor