Wie inspirieren Elefantenrüssel die Roboter der Zukunft?
Der Elefantenrüssel ist ein Wunder der Biologie und Evolution. Diese starke, vielseitig Verlängerung beinhaltet etwa 40 000 Muskeln, die eine Vielzahl von Aufgaben unterstützen, die vom einfachen Atmen bis zu komplexeren Handlungen wie der Sozialisation reichen. Zum Vergleich: Der Mensch hat insgesamt nur etwas mehr als 600 Muskeln. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus ganz Europa hoffen darauf, dass die Untersuchung der Bewegungen dieses dynamischen Organs zu Fortschritten in der Robotertechnik führen wird – der Schnittstelle zwischen Wissenschaft, Ingenieurwesen und Technik. Die Forschenden analysierten Elefantenrüssel mithilfe neuartiger Methoden, die aus nichts Geringerem als der Filmindustrie stammten. Die Erkenntnisse, die in der Fachzeitschrift „Current Biology“ veröffentlicht wurden, besagen, dass der Rüssel als Vorbild für die Robotertechnik fungieren kann.
Inspiration aus der Biologie und dem Verhalten von Elefanten
„Klassische Roboter sind extrem gut geeignet, um eine bestimmte Aufgabe zu erfüllen, für die sie entwickelt wurden ... Falls dieser Roboter eine Kleinigkeit anders machen soll, wird er kläglich scheitern“, berichtete Korrespondenzautor Michel Milinkovitch, Professor am Fachbereich für Genetik und Evolution der Universität Genf, der „CNN“. „Bei Betrachtung lebender Organismen lässt sich feststellen, dass sie auch für Vielseitigkeit optimiert wurden.“ Das Forschungsteam platzierte reflektierende Markierungen entlang der Rüssel zweier afrikanischer Elefanten. Daraufhin wurden Infrarotkameras eingerichtet, um ihre Bewegungen dreidimensional zu erfassen. Die Ergebnisse zeigten, dass die Rüsselbewegungen sich aus etwa 20 einzelnen Bewegungen zusammensetzen. „Elefanten haben eine Art Werkzeugkasten mit einfachen Bewegungen, und sie können diese einfachen Bewegungen bei komplexen Bewegungsabläufen kombinieren“, erklärte Milinkovitch. „Sie können sich an das Objekt anpassen, das man ihnen gibt.“ Dank der Erfassung von Rüsselbewegungen mit herausragender Genauigkeit nutzen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die gewonnen Erkenntnisse, um ähnlich vielseitige Bewegungen bei einem Roboter zu schaffen. Ein Roboterarm-Prototyp für vielseitige Greifbewegungen in verschiedenen Umgebungen soll 2022 fertig sein. „Das ist ein neues Paradigma in der Robotertechnik“, merkte Milinkovitch an. „Anstatt metallische Segmente zu verwenden, die durch Gelenke miteinander verbunden sind, besteht die Idee in beweglichen Objekten, die aber aus flexiblen Materialien bestehen.“ Es gibt zahlreiche potenzielle Anwendungsmöglichkeiten. Der hauptsächliche Anwendungszweck sind Fertigungslinien von Fabriken im Herstellungs- und Lebensmittelsektor sowie die Unterstützung älterer und behinderter Menschen im Gesundheitswesen.
Weit mehr als Robotertechnik
Es gibt ein weiteres Vorhaben, für das die größten Landtiere in Erwägung gezogen werden, das nichts mit der Vision einer neuen Generation universeller robotischer Manipulatoren zu tun hat. „Wir hoffen auch, das Bewusstsein für den Schutz dieses einzigartigen Tiers zu schärfen“, bemerkte Lucia Beccai, leitende Forscherin am italienischen Istituto Italiano di Tecnologia, das wissenschaftliche Forschungszentrum, welches PROBOSCIS – das EU-finanzierte Projekt hinter der technologischen Innovation – koordiniert. „Es gibt eine Vielzahl von Prinzipien, die wir aus der Natur erlernen können. Dabei geht es nicht nur um unser Wohlbefinden und unsere Zufriedenheit – es ist tatsächlich eine unglaubliche Quelle für technische Grundlagen.“ „Es ist auch ein Gefühl des Erstaunens beim bloßen Betrachten dieser wunderbaren Geschöpfe“, lautet das Fazit von Milinkovitch mit Blick auf die beiden vom Aussterben bedrohten afrikanischen Elefanten – den Steppenelefant und den Waldelefant.
Schlüsselbegriffe
Elefant, Elefantenrüssel, Robotertechnik, Roboter, Roboterarm, Ingenieurwesen, PROBOSCIS