Ruhige Wurzeln könnten Anbaupflanzen gegen Nematodenzysten schützen
Nematoden sind eine Art von Fadenwurm, dessen Größe von nur einem Bruchteil eines Millimeters bis zu über acht Metern reichen kann und der sowohl im Wasser als auch im Boden heimisch ist. Aufgrund ihrer schätzungsweise 20 000 bekannten Arten zeichnen sie sich auch dadurch aus, das am häufigsten vorkommende Tier auf der Erde zu sein. Leider sind viele dieser Arten Parasiten und stellen als solche eine Bedrohung für Insekten, Pflanzen und Tiere dar. Ein Beispiel dafür sind die 75 Arten von Nematodenzysten, die für die Entstehung einer Reihe von Pflanzenkrankheiten verantwortlich sind. Da einige dieser Krankheiten einen beträchtlichen Ernteverlust verursachen, bergen Nematodenzysten ein erhebliches Risiko für die globale Ernährungssicherheit. Bisher wurden diese Schädlinge mit Pestiziden bekämpft. Durch die Beschränkung der Verwendung vieler Pestizide aus Umweltgründen werden jedoch dringend neue Lösungen benötigt. Dieser Notwendigkeit wird durch das EU-finanzierte Projekt NemHatch nachgekommen. „Unser Ziel ist es, eine natürliche Methode zu entwickeln, um Nematodenzysten daran zu hindern, Anbaupflanzen zu zerstören“, sagt Lemeng Dong, Forscherin an der Universität von Amsterdam und Projektkoordinatorin von NemHatch.
Manipulation des Schlüpfsignals
Wie ihr Name schon sagt, legen Nematodenzysten ihre Eier in Zysten ab. Wenn die Nematoden aus diesen Eiern schlüpfen, wandern sie durch die Wurzeln der Wirtspflanze. Dort suchen sie dann nach einer ersten Versorgungszelle, in die sie komplexe Mischungen von Effektoren injizieren. Diese verändern den Stoffwechsel der Wirtszelle und führen letztlich zum Abbau der Zellwand der Pflanze. Dadurch wiederum werden die Nährstoffe der Pflanze zu den Nematoden umgeleitet, sodass die Würmer leben können, aber die Pflanze stirbt. Das Projekt NemHatch, das im Rahmen der Marie Skłodowska-Curie-Maßnahmen finanziert wurde, hat vor, die signalgebenden Moleküle, die sogenannten Schlüpfauslöser, zu stören, die den Schlüpfvorgang überhaupt erst einleiten. „Schlüpfauslöser sind chemische Signale, die von der Wirtspflanze erzeugt werden und die ruhenden Nematoden wecken, die dann die Pflanze infizieren“, erläutert Dong. „Durch die Manipulation dieses Signals möchten wir den Schlüpfvorgang und damit eine Infektion der Pflanze verhindern.“
Betroffene Pflanzen erkennen
Obwohl das Projekt noch nicht abgeschlossen ist, hat es bereits etliche wichtige Ergebnisse erzielt. Dazu gehört unter anderem eine neue, hochempfindliche Analysemethode zum Nachweis des Schlüpfauslösers, Solanoeclepin A (SolA), im Wurzelexsudat einzelner Kartoffelpflanzen. „Mit dieser Methode konnte ich erfolgreich die starken natürlichen Schwankungen bei der SolA-Erzeugung in Genotypen der Kulturkartoffel aufzeigen“, merkt Dong an. Auch in etwa 20 % von über 300 Wildkartoffelarten wurde SolA nachgewiesen. „Dies deutet darauf hin, dass noch andere Schlüpfauslöser im Spiel sein müssen“, fügt Dong hinzu. Weitere wichtige Ergebnisse sind die Ermittlung eines sich überschneidenden genetischen Locus auf Chromosom 2 und die Entdeckung, dass die Erzeugung von Schlüpfauslösern durch Stickstoffmangel reguliert wird. Dank Dongs Forschung sind wir nun in der Lage, den Schlüpfauslöser SolA im Wurzelexsudat einer einzigen Pflanze zu erkennen und zu quantifizieren. Dieses Ergebnis trug wesentlich dazu bei, dass sie eine Festanstellung an der Universität von Amsterdam erhielt, wo sie ihre Arbeit zur Ermittlung der für die Erzeugung von Schlüpfauslösern verantwortlichen Gene fortsetzen wird. „Aus diesem Projekt sind eine zuverlässige Nachweismethode und eine einzigartige wissenschaftliche Position zu diesem Thema hervorgegangen, auf der ich aufbauen möchte, wenn ich meine Arbeit an der unterirdischen chemischen Kommunikation von Pflanzen weiterführe“, so Dong. Dong veröffentlicht alle ihre Ergebnisse und Arbeiten zum Pflanzenstoffwechsel und zur chemischen Kommunikation auf der Website www.metabolismlab.org („Metabolism Lab“).
Schlüsselbegriffe
NemHatch, Nematodenzysten, Anbaupflanzen, Pestizide, Parasiten, Ernährungssicherheit, Pflanzenstoffwechsel